Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
wich vor einer Baumgruppe zu seiner Linken zurück.
»Da ist etwas«, sagte er.
Gawin seufzte. Die Wildnis war nicht hier. Sein Pferd stand auf Wildblumen – noch im letzten Jahr war dieses Feld gepflügt worden.
Dann sah er den krankhaft bleichen, gleichzeitig hellbraunen Arm, glänzend wie eine Küchenschabe, der einen Speer mit einer Steinspitze hielt. Er sah das Wesen, und das Wesen sah im selben Augenblick ihn. Mit der Macht der Gewohnheit, die aus langen Übungen herrührte, beugte er sich nach links und riss sein Langschwert aus der Scheide.
Der Kobold warf seine Waffe.
Gawin zerhieb den Schaft mitten in der Luft.
Der Kobold stieß einen dünnen Wutschrei aus, wich vor seiner Beute zurück, und der Goldschmiedsjunge erschoss ihn. Seine Armbrust ging mit einem knallenden Geräusch los, und der Bolzen traf die Kreatur mit einem nassen, dumpfen Laut und trat auf der anderen Seite unter aufspritzendem Blut wieder aus. Das kleine Wesen des Grauens sackte schlaff auf die Wildblumen und starb genauso schnell wie eine Forelle an Land. Mit seinem zahnlosen Mund machte es sogar die gleichen keuchenden Bewegungen, dann legte sich ein Schleier über seine Augen, und es war tot.
»Sie haben immer Gold dabei«, sagte der Junge des Goldschmieds und trat einen Schritt auf das Wesen zu.
»Bleib hier, Junge, und lade deine Waffe wieder.« Gawin war über seine eigene Stimme entsetzt. Sie klang ruhig und befehlsgewohnt. Lebendig.
Der Junge gehorchte.
Gawin lenkte Erzengel langsam zurück und beobachtete die Wälder in der Nähe.
»Lauf zu den Wagen, Junge. Schlag Alarm.«
Es gab weitere Bewegungen zwischen den Bäumen, noch mehr Speerspitzen waren zu sehen, dieses scheußliche Küchenschabenbraun blitzte auf, und der Junge drehte sich um und rannte los.
Mit einer heftigen Bewegung schloss Gawin sein Visier.
Er steckte nicht in voller Rüstung. Der größte Teil davon befand sich in zwei Körben im Wagen eines der Goldschmiede, war in Unschlitt und grobes Sackleinen eingewickelt, denn er hatte keine Knappen, die sich um die Rüstung kümmern konnten. Überdies hätte es ein falsches Bild abgeben können, wenn er sie getragen hätte.
Also trug er nur einen fleckigen Waffenrock, seine Stiefel, die schönen Panzerhandschuhe und die Kesselhaube und ritt auf einem Pferd, das mehr wert war als drei der Wagen voller feinster Wolle, die er beschützte. Er lenkte Erzengel schneller zurück und riss an den Zügeln, denn sein Schlachtross schien es nicht eilig zu haben.
Der erste Speer flog in hohem Bogen aus dem Wald heran. Gawin hielt sein Schwert in der rechten Hand, aber an seiner linken Seite, wie es ihm der Waffenmeister seines Vaters beigebracht hatte. Er konnte den Mann sagen hören: »Schlag zu, Kerl! Nicht in dein eigenes Pferd, du Trottel!«
Er hieb zu, zerteilte den Schaft der Waffe und lenkte sie ab.
Hinter ihm hörte er den Jungen rufen: »Zu den Waffen! Zu den Waffen!«
Er wagte einen langen Blick zurück zur Karawane. Es war schwer, durch die Löcher in seinem Visier einen klaren Blick zu bekommen und ferne Bewegungen wahrzunehmen. Aber er glaubte sehen zu können, wie der alte Bob die Männer in alle Richtungen aussandte.
Er drehte sich wieder um und sah die Luft voller Wurfspeere. Immer wieder hob er sein Schwert und fuhr so schnell wie möglich mit der Klinge durch die Luft. Ein Speerschaft traf ihn an der Schläfe und brachte seinen Helm wie eine Glocke zum Erklingen, obwohl er eine gepolsterte Kappe darunter trug. Er roch sein eigenes Blut.
Dann riss er den Kopf seines Pferdes herum, denn sobald sie alle ihre Speere geschleudert hatten, würde ihm ein Augenblick bleiben, das Pferd zu wenden und zu fliehen.
Zwei Kobolde rannten auf ihn zu. Sie waren schnell und bewegten sich wie Insekten – so tief am Boden, dass sie den Beinen der Pferde gefährlich werden konnten. Erzengel bäumte sich auf, drehte sich auf den Hinterbeinen und trat mit dem Vorderhuf aus wie ein Boxer.
Gawin ließ sein Schwert durch die Finger laufen, packte es wieder fester und hieb nun mit derselben Bewegung nach unten.
Der Kobold, den Erzengel getreten hatte, platzte wie eine reife Melone und versprühte seine Körperflüssigkeiten. Gawins Gegner kreischte auf, als das kalte Eisen in seine Haut drang. Eisen war für diese Wesen wie Gift, und es schrie seinen Hass heraus, als sich die winzige Seele aus dem Körper erhob, nämlich in einer unglaublich kleinen Wolke, die bei der ersten Brise zerstoben war.
Sofort waren alle
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