Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
der anderen Seite eines der Goldschmiedewagen. Mit dem warmen Bier in der Hand ging er hinüber und wollte einen Blick darauf werfen.
Er roch das Vieh, bevor er es sah. Es gab einen schrecklichen, schwefeligen Gestank von sich, der von einem ekelhaft süßlichen Geruch überlagert wurde – wie leicht gezuckerte Leber.
Er roch es, aber es warnte ihn nicht.
Das tote Wesen war ein Dämon gewesen.
Der junge Adrian sah von seiner Zeichnung auf. »Henry hat es im Gebüsch gefunden.« Der andere Goldschmiedlehrling stand mit Besitzerstolz neben der Leiche und schien sich von diesem grauenhaften Anblick nicht abstoßen zu lassen.
Aus der Nähe betrachtet wirkte der tote Dämon zutiefst verstörend. Er hatte die Größe eines kleinen Pferdes, eine fein geschuppte Haut wie die eines Flussbarsches, und die Schuppen wechselten von Weiß zu Blassgrau und waren wie feiner Marmor schwarz und blau geädert. Über alldem lag ein in allen Farben des Regenbogens schillernder Glanz. Die Augen waren nicht mehr als leere Höhlen, die Lider waren eingesackt, als hätte der Tod die Augäpfel geraubt. Das Wesen hatte einen schweren, raubtierähnlichen Kopf mit einem Schnabel und Federn auf dem Schädelkamm wie denen, die ein Ritter auf seinem Turnierhelm trug. Schlaff lag es im Tode wie eine verwelkte Blume da. Es hatte zwei Arme am langen Körper, die auf verwirrende Weise wie schwere menschliche Arme wirkten – vielleicht wie die muskulösen Arme eines Schmieds –, und mächtige, kraftvolle Beine, die doppelt so dick wie die Arme waren. Aufrecht musste es so groß gewesen sein wie ein Mann auf einem Wagen.
Beine und Torso wurden von einem schweren Schwanz ausbalanciert, der in scharfen Stacheln auslief.
Es war kein Tier. Schnabel und Stacheln waren mit Blei und Gold eingefasst und wiesen fantastische Muster auf; der Knochenkamm über den Augen trug weitere Verzierungen, und überdies steckte der tote Dämon in einem Wams aus scharlachrot eingefärbtem Leder mit Pelzbesatz – eine wunderbare Arbeit. Random konnte nicht anders – er kniete nieder und betastete das Material, obwohl es entsetzlich stank. Es handelte sich um Hirschleder, dessen Färbung heller und besser zu sein schien als alles, was er je gesehen hatte. Dazu kam noch, dass es mit starken Sehnen vernäht worden war.
Es war keine Verletzung zu erkennen, und das Unheimlichste an diesem Ungeheuer war der Umstand, dass sein fremdartiges Gesicht seltsam schön aussah und einen Ausdruck des Entsetzens trug.
Der alte Magus kam herbei und trank dabei sein Bier. Er blieb stehen und sah den Dämon an.
»Ah«, sagte er nur.
Random wusste nicht, wie er sich mitteilen sollte. »Mir gefällt das Wams«, sagte er.
Harmodius sah ihn an, als ob er verrückt wäre.
»Ihr habt es getötet. Es gehört Euch.« Random zuckte die Achseln. »So haben wir es gemacht, als ich noch zu der Armee des Königs gehörte.«
Harmodius schüttelte den Kopf. »Nehmt es«, meinte er. »Ich schenk es Euch. Für Eure Gastfreundschaft.«
Drei weitere Goldschmiedegesellen halfen ihm, den Dämon auf die Seite zu rollen. Es dauerte fünf Minuten, bis er das Wams ausgezogen hatte. Es hatte ungefähr die Größe einer Pferdedecke und war vollkommen unbeschädigt und sauber. Random rollte es fest zusammen, steckte es in einen Sack und legte es in seinen Wagen.
Die Lehrlinge betrachteten die goldenen Verzierungen.
»Lasst es«, sagte Harmodius. »Ihre Körper verwesen nicht, aber sie verblassen. Ich frage mich …« Er beugte sich über den Leichnam und stieß ihn mit einem Stecken an. Obwohl sie ihn gerade erst auf die Seite gerollt hatten, wichen die Lehrlinge vor ihm zurück, und Henry beeilte sich, einen Bolzen in seine Armbrust einzulegen.
Der Magus zog einen kurzen Stab aus seinem Wams. Er wirkte wie ein Zweig – wie ein verrückter Zweig, der einem Blitz glich – und war mit Öl eingerieben, weswegen er so glänzte wie kein anderer Zweig. An den Enden steckten silberne Kappen.
Harmodius fuhr damit über die Leiche – hin und her. Hin und her.
»Ah«, sagte er noch einmal. Dann sprach er zum Vergnügen aller Anwesenden, die sich niemals hätten träumen lassen, einmal einen Magus bei der Arbeit beobachten zu dürfen, einen Vers auf Archaisch. Bei Tageslicht war es anders. Männer, die sich versteckt hatten, als er bei Nacht gezaubert hatte, starrten nun dorthin wie gemeine Flegel.
Random sah, wie sich die Macht um die Hand des alten Mannes sammelte. Er besaß nicht die Gabe, selbst Zauber
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