Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
Es ist Zeit, nach Hause zu gehen.« Er wischte sich die fettigen Hände sorgfältig an seinem Köcher und dem Futteral seines sechs Fuß großen Bogens ab.
»Wenn wir unterliegen«, sagte Gaston in dem Versuch, diesen anmaßenden Bauern zu überzeugen, »dann werden eure Gehöfte verloren sein.«
»Nee«, meinte der jüngere Mann mit dem Bart. »wenn Ihr verliert, dann werden sie den Norden plattmachen. Aber wir sind keine aus’m Norden.« Er zuckte die Achseln.
Der alte Bogenschütze zuckte ebenfalls die Achseln.
Die anderen beiden grinsten.
Der alte Bogenschütze trat neben den Steigbügel des Ritters. »Hört mal zu, Ser Ritter. Wir haben bei Chevin standgehalten, und da sind eine Menge Leute gestorben. Der alte König hat uns gesagt, dass wir fertig sind, und zwar für den Rest unseres Lebens. Ich halte mich an sein Versprechen. Klar? Hier kommt ein Rat von einem alten Soldaten. Wenn die Kobolde Euch ankreischen und auf Euch zustürmen, dann sprecht lieber ein gutes Gebet. Denn sie werden nicht stehen bleiben, und hinter ihnen kommt noch viel Schlimmeres. Sie fressen Euch bei lebendigem Leibe. Aber es gibt Kreaturen, die noch schlimmer sind, und die fressen Eure Seele , während Ihr noch lebt. Da spielt es nicht mal eine Rolle, ob Ihr vorher die Messe gehört habt oder nicht.«
Gaston hatte überlegt, ob er alle vier wegen ihrer Anmaßung töten sollte, aber der alte Bogenschütze hatte etwas gesagt, das ihm naheging, und doch musste er feststellen, dass er selbst nickte.
»Ich werde siegen. Wir werden siegen«, sagte Gaston. »Und euch wird es leidtun, wenn ihr an unserem Tag des Ruhms nicht dabei seid.«
Der alte Bogenschütze schüttelte den Kopf. »Nein. Das ist es, was Kerle wie Ihr nie begreifen. Es wird mir gar nicht leidtun, aber ich wünsche Euch wirklich viel Glück.« Er kicherte. »Wir hatten zwanzigtausend Mann, als wir bei Chevin in die Schlacht gezogen sind.« Erneut nickte er. »Und der König hat wie viele? Viertausend?« Er lachte. Es klang unangenehm. »Darf ich Euch einen Bissen von unserem Schinken anbieten?«
Weil er mit den Bauern gesprochen hatte, war Gaston zurückgefallen. Als er nun das andere Flussufer hinaufritt und auf einem Stück Schinken herumkaute, befand er sich mitten unter den Leuten von der Grenze. Er ritt weiter, bis er die uniformierten Ritter erreicht hatte, die sich um den Grafen der Grenzmarken herum befanden.
Ein Herold bemerkte ihn, und von ihm wurde Gaston rasch zum Hauptmann der Leibwache durchgereicht und von dort aus zu der Gruppe von Männern, die den Grafen umgaben. Er war bewaffnet, trug einen guten weißen Harnisch, der im Osten hergestellt worden war, sowie ein Kettenhemd und darunter Leder. Ein Knappe hielt seinen Helm, außerdem hatte er eine grüne Samtkappe auf dem Kopf, auf der eine Straußenfeder keck aus einer Diamantbrosche spross.
»Gareth Montroy«, sagte der große Lord und streckte die eine Hand aus, während er mit der anderen sein Pferd zügelte. »Und Ihr seid der Graf von Eu?«
»Ich habe die Ehre«, sagte Gaston, verneigte sich und ergriff die Hand des Mannes. Er war etwa fünfunddreißig Jahre alt, hatte dunkles Haar, buschige Brauen und eine beherrschende Art, wie sie einem Lord zukam. Dieser Mann war es gewohnt, jeden Tag zu kommandieren.
»Euer Vetter befehligt den großen Trupp – allesamt Gallyer?« Lord Gareth grinste. »Sie sehen wie Schönwetterkämpfer aus. Große Jungs, wie die meinen.« Er zeigte mit dem Daumen über seine Schulter.
»Eure Männer sehen wie Kämpfer aus«, sagte Gaston.
»Gieß uns einen Becher Wein ein, damit wir den Staub aus der Kehle spülen können, ja, Gwillam?«, bat Lord Gareth über die Schulter hinweg. »Meine Jungs haben schon einen Kampf hinter sich.«
Jeder Einzelne in der Eskorte des Grafen hatte eine Narbe im Gesicht.
Nun fühlte sich Gaston wohler als seit vielen Tagen. »Wo habt Ihr gekämpft?«, fragte er.
Lord Gareth zuckte die Achseln. »Ich halte die Grenze im Westen, aber es gibt einige schäbige Bastarde am Hof und sonstwo, die mir dafür nicht die gehörige Ehre erweisen«, sagte er. Ein wunderschöner Silberbecher mit abgeschrägten Seiten und einem fein ziselierten Rand wurde ihm in die Hand gedrückt, und Gaston erhielt einen weiteren. Erfreut stellte er fest, dass dieser Becher einen Goldrand besaß und mit gekühltem Wein gefüllt war.
Mit gekühltem Wein.
»Der Magus der Kompanie«, erklärte Lord Gareth. »Schließlich sollte es für ihn nicht schwierig sein, ein
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