Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
bestätigte Jacques. Die Spitze des Pfeils in der Führung der Armbrust zitterte nicht.
Mühsam holte der Hauptmann Luft. »Warum sollte ich Euch nicht umbringen lassen?«, fragte er den Magus.
»Ist Euer kleines Geheimnis wirklich das Leben aller in der Burg wert?«, fragte der Magus. »Niemand wird dies hier ohne mich durchstehen. Und selbst mit mir wird es nicht leicht sein. Gütiger Gott, Junge, Ihr habt soeben seine Macht gespürt.«
Der Hauptmann wünschte, er könnte klar denken. Dass der Magus seinen Namen – Gabriel – ausgesprochen hatte, hatte ihn genauso heftig getroffen wie jener grüne Käfig. Er selbst erlaubte es sich nicht einmal, den Namen Gabriel auch nur zu denken. »Ich habe getötet und zugelassen, dass andere getötet werden, nur um mein Geheimnis zu schützen«, sagte er.
»Dann ist es an der Zeit, damit aufzuhören«, sagte der Magus.
Jacques bewegte sich nicht, seine Stimme klang völlig beherrscht. »Warum haltet Ihr nicht einfach das Maul?« Er zuckte die Achseln, aber diese Bewegung erreichte nicht die Spitze des Pfeils in seiner Armbrust. »Ihr seid doch schließlich der mächtige Magus des Königs. Vielleicht können wir alle einfach weitermachen, wenn Ihr nicht mehr den Namen irgendeines toten Jungen in den Mund nehmt.«
»Drei in einem Geheimnis«, murmelte der Hauptmann.
Der Magus schürzte die Lippen. »Ich gebe Euch mein Wort, dass ich mein Wissen nicht preisgebe – wenn Ihr mir Euer Wort gebt, dass Ihr mit mir darüber sprecht, sobald das hier vorbei ist.«
Der Hauptmann fühlte sich, als sei ihm der Boden unter den Füßen weggezogen worden. Er wollte nur noch in das entstandene Loch springen und sich verstecken. »Na gut«, sagte er und erinnerte sich daran, dass Gawin Murien im Krankensaal fast unmittelbar über ihm lag. Vier in das Geheimnis Eingeweihte, und einer davon ist mein Feind, dachte er. Mein liebreizender Bruder.
»Ich schwöre bei meiner Macht«, sagte der Magus.
Der Hauptmann zwang sich, den Kopf zu heben. »Rühr dich, Jacques«, sagte er. »Er hat gerade einen Eid geschworen, der ihn bindet. Wenn er ihn bricht, wird auch seine Macht zerbrechen.« Dann wandte er sich wieder dem Magus zu. »Ihr habt mir das Leben gerettet«, sagte er.
»Ah, ein Fetzen Höflichkeit hat in Euch überlebt. Ja, mein Junge, ich habe Euch vor einem schrecklichen Tod bewahrt. Er wollte Eure Macht für sich haben.« Der furchtbare alte Mann grinste. »Er wollte Eure Seele essen.«
Der Hauptmann nickte. »Ich fühle mich, als hätte er es getan. Oder hat ihm der Geschmack missfallen?« Er versuchte zu grinsen, gab es jedoch wieder auf. »Einen Becher Wasser, Jacques.«
Jacques wich einen Schritt zurück, nahm den Pfeil aus der Waffe und entspannte die Sehne ganz langsam mithilfe des Geißfußes an seinem Gürtel. »Verrückte«, murmelte er und verließ den Raum.
Das Herz des Hauptmanns schlug schneller, als ihm das Wort »Mutter« in den Sinn kam, und dann dachte er an seine Mutter – an seine wunderschöne, betrunkene und gewalttätige Mutter, wie sie ihn schlug …
»Erwähnt meine Mutter nie wieder.« Sogar in seinen eigenen Ohren klang es kindisch.
Mit seinem Stab zog sich Harmodius einen Stuhl herbei und setzte sich. »In Ordnung, Junge, wir wollen Eure Mutter lieber vergessen. Sie ist niemals meine Freundin gewesen. Wie mächtig seid Ihr?«
Der Hauptmann lehnte sich zurück und versuchte, sein … sein Gefühl für sich selbst zurückzugewinnen. Seine Haltung. Seine Hauptmännlichkeit .
»Ich habe eine große Menge rauer, ungeschliffener Macht, und ich hatte eine gute Lehrerin, bis …« Er hielt inne.
»Bis Ihr weggelaufen seid und Euren Tod vorgespiegelt habt«, beendete der Magus den Satz für ihn. »Was Ihr unter Zuhilfenahme eines Phantasmas getan habt. Natürlich.« Er schüttelte den Kopf.
»Ich wollte nichts vorspiegeln«, sagte der Hauptmann.
Der Magus lächelte. »Auch ich bin einmal jung und wütend und verletzt gewesen, mein Junge«, sagte er. »Auch wenn es nicht so erscheinen mag. Egal – das ist nur ein schwacher Trost. Ich habe einen Blick in Euren Palast der Erinnerung geworfen – großartig. Das Wesen darin – wer ist sie?«
»Meine Lehrerin«, sagte der Hauptmann.
Ein langes Schweigen setzte ein. Schließlich räusperte sich Harmodius. »Ihr …?«
Der Hauptmann zuckte mit den Schultern. »Nein, ich habe sie nicht umgebracht. Sie lag im Sterben. Meine Mutter und meine Brüder, sie … Es ist gleichgültig. Ich habe gerettet, was noch
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