Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
Tischgespräche kamen zunächst nur langsam in Gang, aber beim zweiten Becher Wein kicherte Meg über Toms schlüpfrige Bemerkungen, und Johne le Bailli brüllte vor Lachen über die altbekannte Erzählung des Studenten und der Frau des Schmieds. Dann erzählte er eine eigene über einen schlechten Priester, der seine Gelübde entehrte, und Pater Henry sah ihn finster an.
Die Äbtissin reichte den Wein herum. Zu ihrer Rechten saß der Hauptmann und zu ihrer Linken Amicia. Als das Gespräch allgemeiner wurde, wandte sie sich an den Hauptmann. »Ihr habt meine Erlaubnis, Euch mit ihr zu unterhalten«, sagte sie.
Der Hauptmann versuchte zu lächeln. »Ich bin mir nicht sicher, ob meine Augen noch glühen«, sagte er.
»Zorn und Lust sind zwei verschiedene Sünden«, erklärte die Äbtissin. »Amicia wird die Gelübde ablegen, Hauptmann. Ihr solltet sie dazu beglückwünschen.«
»Ich wünsche ihr alles Gute. Sie wird eine bemerkenswerte Nonne abgeben und beizeiten eine genauso bemerkenswerte Äbtissin.« Er nippte an seinem Wein.
»Sie ist nicht für Euch bestimmt«, sagte die Äbtissin, jedoch ohne Groll.
»Das sagt Ihr mir immer wieder, während Ihr sie vor mir schwenkt wie die Mohrrübe vor dem Esel.« Er nahm einen Bissen von dem Fleisch. Seine Anspannung war nur an der Kraft zu erkennen, mit der er den Hammelbraten zerschnitt.
»Ich bin hier«, sagte Amicia.
Er lächelte ihr zu.
»Ihr beißt sie wieder mit Euren Augen.« Die Äbtissin schüttelte den Kopf.
Nach dem Abendessen behielt die Äbtissin die Magi bei sich. Meg war überrascht, dass sie ebenfalls dazu eingeladen wurde. »Meine Magie ist sehr langsam«, sagte sie. »Ich hatte nicht einmal gewusst …« Sie zuckte die Achseln.
Amicia legte der Näherin die Hand auf die Schulter. »Ich spüre jeden Stich, den du machst«, sagte sie.
Harmodius schnaubte verächtlich. »Du verwendest eine Mischung aus Gold und Grün«, sagte er. »Ich hätte schon vor vielen Jahren an diesen Ort kommen sollen, dann wäre meine Vorstellung von der Hermetik bereits früher durcheinander gebracht worden.«
Die Äbtissin sagte: »Es ist mein Wille, dass wir uns jetzt im Kreis aufstellen und miteinander verbinden.«
Harmodius zuckte zusammen. »Dadurch würde ich meine Geheimnisse jeder Frau im Raum preisgeben!«
»Ihr habt nicht viel für Frauen übrig, oder?«, fuhr Amicia ihn an. »Wir sind Eurer Ansicht nach zu geduldig und langsam in unserer Magie, nicht wahr?«
»Frauen sind sehr weise in der Heilkunde«, sagte Harmodius.
Amicia hob den Kopf, und eine Kugel aus goldenem Grün schwebte vor ihm. Sie trieb die Kugel zu einer Stelle, die sich ungefähr auf halbem Wege zwischen ihr selbst und Harmodius befand.
»Stellt mich auf die Probe«, sagte sie.
Der Hauptmann war überrascht von ihrer Heftigkeit.
Die Äbtissin hingegen zeigte ihr katzenhaftes Lächeln.
Harmodius zuckte mit den Schultern und schlug mit einer Phantasma-Faust gegen die Kugel.
Sie bewegte sich einen Fingerbreit.
Dann schoss sie durch den Raum auf Harmodius zu. Er fing sie auf, kämpfte mit ihr, und sie bewegte sich langsam, aber stetig zurück.
»Natürlich ist er stärker als du«, sagte die Äbtissin und löschte die Kugel mit einem Fingerschnippen aus. »Aber nicht so stark, wie man hätte erwarten können. Nicht wahr, Magus?«
Harmodius holte tief Luft. »Du bist sehr mächtig, Schwester.«
Der Hauptmann grinste. »Wir sollten uns jetzt verbinden. Ich werde einige meiner Erinnerungen verdecken. Meine Lehrerin hat mir gezeigt, wie ich Mauern halten kann, während ich Türen öffne.«
»Ich gebe sehr viel, um einen äußerst geringen Gewinn zu erhalten«, beschwerte sich Harmodius. »Pah – die Äbtissin hat recht. Ich bin keine Insel.« Er streckte seine Hand Amicia entgegen.
Anmutig ergriff sie sie. Überall im Kreis wurden Hände gereicht, es war wie bei einem Kinderspiel.
»Hauptmann, ich will beten. Versucht, nicht in einer Rauchwolke zu verschwinden«, sagte die Äbtissin.
Sie begann mit dem Vaterunser.
Prudentia stand neben der Tür. »Wenn du Gäste einlädst, hättest du es mir vorher sagen können, damit ich sauber mache«, sagte sie.
Die Äbtissin erschien in seiner Halle. Sie war jung und in ihrer kleinen, dünnen Gestalt geradezu wollüstig. Ihr Gesicht strahlte eine irdische Macht aus, die ihrer Geistlichkeit widersprach.
Amicia war elfenhaft und grün.
Harmodius war jung und stark und gesund – ein fahrender Ritter, den eine goldene Aura umgab.
Miram leuchtete
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