Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
folgte dem Fluss an einem großartigen Wasserfall vorbei, dann mussten sie einen Grat erklettern – der Weg war gerade breit genug für einen erfahrenen Reiter und wand sich hin und her. Dorthin gelangten sie über neun Serpentinen, die sie einige Hundert Fuß hochführten. Ser Alcaeus’ Kriegspferd scheute und wollte nicht mehr weiter steigen, bis Ser Alcaeus abstieg und das Tier an der Leine führte.
Meg saß ebenfalls in einer Kehre ab und sah den Hauptmann an.
Er verstand. Sie wollte nicht um Hilfe bitten. Er packte ihr Pferd bei den Zügeln.
»Danke«, sagte sie.
Dann ging sie zu Fuß den Weg entlang.
Er führte ihr Pferd.
Oben auf dem Berg lag ein weiterer See. Er war kleiner und tiefer und in einer schmalen Kluft gefangen. Oberhalb dieses Sees erstreckte sich ein langer, grasbewachsener Kamm, der immer höher stieg. Darüber thronte ein mächtiger Gipfel, der mit Schnee bedeckt war – aber die Schneegrenze war noch weit von ihnen entfernt.
Der Weg führte am Ufer des Sees entlang durch das hohe Gras.
Ganz oben auf den Bergflanken befanden sich Schafe.
Die einzigen Geräusche waren das gedämpfte Brausen des Wasserfalls hinter ihnen und das ferne Gurgeln des Flusses, der von den Gletschern in den See strömte.
Am oberen Ende des Sees war das Ufer mit Kies bedeckt. Der Hauptmann setzte sich neben den Wirt und zeigte darauf. »Ein Platz für ein Lager?«, fragte er.
Der Wirt schüttelte den Kopf. »Er sagt uns, dass wir weiterziehen sollen. Dieses Wetter ist äußerst seltsam.« Er zuckte mit den Achseln. »Wir werden eine schlimme Nacht bekommen.«
Der Hauptmann blickte durch den Regen auf das ferne Ufer. »Ich erkenne, dass da drüben Bäume stehen.«
Meg nickte. »Eschen habe ich schon in den höchsten Tälern gesehen«, sagte sie.
»Eschen, Erlen und ältere Arten«, stimmte der Wirt zu. »So nahe am Wyrm können wir kein Feuer machen.«
»Warum nicht?«, fragte der Hauptmann.
Der Wirt schüttelte den Kopf. »Wenn wir lebendes Holz dazu nehmen, beschwören wir den Zorn der Macht herauf«, erklärte er. »Totes Holz am Strand allerdings …« Er versuchte zu lächeln und schüttelte den Regen ab. »Da hinten ist ein Vorsprung. Stellt alle Pferde dagegen; das bricht den Wind.«
Der Wirt zuckte mit den Schultern. »Auf Eure Verantwortung. Wenn wir jetzt umkehren, könnten wir noch vor Sonnenuntergang in besseres Wetter gelangen.«
Gawin rieb sich das Wasser aus dem Schnauzbart. »Warum haben wir unser Lager nicht an diesem See aufgeschlagen – wo die Fische wären?«, wollte er wissen.
Der Hauptmann schaute in den Regenschleier. »Ich wette einen Goldleopard gegen eine Kupfermünze, dass es in diesem Gewässer Lachse gibt«, sagte er. »Aber ich könnte keinen davon fangen.«
Gawin grinste. »Du weißt nicht genug über Lachse, Bruder, wenn du glaubst, sie könnten einen hundert Fuß hohen Wasserfall hochsteigen.«
»Meine Wette steht«, sagte der Hauptmann. »Aber wenn wir einen Lachs fangen, wäre das eine tödliche Beleidigung der Macht der Wildnis, und wie der Wirt schon bemerkt hat, sie ist uns im Augenblick nicht wohlgesinnt.«
Meg kicherte. »Ihr macht Euch so große Sorgen über das bisschen Nässe. Ich bin doppelt so alt wie die meisten von Euch, und ich kann mich durchaus in einen nassen Umhang einrollen und schlafen. Meine Gelenke werden am Morgen zwar wehtun, aber was soll’s? In der Morgendämmerung habe ich einen Drachen im Flug gesehen.« Sie sah die Männer an. »Ich werde nicht zurückkehren, meine Herren.«
Sie errichteten einen Unterschlupf aus Speerschäften und schweren Wolldecken und beschwerten diese mit den dicksten Steinen am Ufer. Der Wind blies eine Weile hinein, schien das Gebilde aber nicht umwehen zu wollen.
Der Hauptmann ritt mit Ser Alcaeus davon, und gemeinsam hoben sie jeden Stecken vom Ufer auf – es ergab einen beachtlichen Holzstoß.
»Ich frage mich, woher es kommt«, meinte der Wirt.
Der Hauptmann zuckte die Achseln. »Ich vermute, unser Gastgeber hat es für uns dorthin gelegt.«
Gawin, ein erfahrener Jäger, nahm alles, was er zum Feuermachen brauchte, aus seinem Gepäck und sah seinen Bruder über die Feuergrube hinweg an. »Es ist, als wären wir wieder Kinder«, sagte er.
»Wir haben nie versucht, in einem solchen Sturm ein Feuer zu entzünden«, meinte der Hauptmann.
»Doch, das haben wir«, entgegnete Gawin. »Ich habe es nicht anbekommen, du hast die Macht dazu benutzt, und Vater hat dich verflucht.«
»Das erfindest du gerade«,
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