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Der Rote Mond Von Kaikoura

Der Rote Mond Von Kaikoura

Titel: Der Rote Mond Von Kaikoura Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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fragte er ein wenig verwirrt, weil sie ihn aus dem Schlaf gerissen hatte. Doch dann kam er wieder zu sich. »Gott sei Dank, du bist zurück!« Georg schloss sie in seine Arme. »Ich habe mir schon Sorgen gemacht.«
    »Ach was, Großvater, mir geht es gut«, antwortete Lillian.
    »Und warum kommst du erst jetzt? Ich denke, Mr Ravenfield wollte schon vor Stunden zurück sein!«
    Lillians Miene versteinerte. »Ich habe darauf verzichtet, dass er mich nach Hause bringt, und bin das letzte Stück gelaufen.« Georg zog verwundert die Stirn kraus. »Du bist von Christchurch bis hierher gelaufen?«
    »Nicht ganz, ungefähr fünf Meilen von hier hat er …«
    Röte schlug ihr ins Gesicht.
    »Was hat er?«, hakte Georg nach.
    »Er hat mich geküsst, gegen meinen Willen. Ich musste mich richtig gegen ihn zur Wehr setzen. Und dann bin ich von seinem Wagen gesprungen und den Rest des Weges zu Fuß gegangen.«
    »Er hat was getan?« Für einen Moment wirkte Georg, als wollte er aus seinem Bett springen, doch dann entsann er sich wieder, dass er ein Bein im Gips hatte.
    »Wir waren auf dem Rückweg, und soweit ich weiß, habe ich ihm keinen Anlass dazu gegeben, doch plötzlich bedrängte er mich und hat mich geküsst. Bevor er auf weitere Dummheiten kommen konnte, bin ich abgestiegen. Glücklicherweise konnte er mich ja nicht dazu zwingen, weiter mit ihm zu fahren.«
    »Dieser verdammte Mistkerl!«, brummte Georg. »Dem werde ich die Leviten lesen, wenn ich wieder auf den Beinen bin.«
    »Nein, Großvater, lass es. Mr Ravenfield ist wichtig für die Sternwarte. Ich werde mich nicht mehr mit ihm treffen, und damit hat sich die Sache erledigt. Er ist nicht der Richtige für mich, das war mir eigentlich schon die ganze Zeit klar, und wahrscheinlich sieht er es inzwischen ebenso.«
    Lillian konnte nicht verhindern, dass doch ein wenig Bitterkeit in ihren Worten mitschwang. Es hatte durchaus auch seine schönen Seiten gehabt, sich von Ravenfield den Hof machen zu lassen; sie hatte sich wie ein neuer Mensch gefühlt. Doch jetzt war ihr klar, dass sie noch nicht dazu bereit war, einem Mann das zu geben, was Ravenfield wollte.
    »Nun gut, wenn du meinst«, lenkte ihr Großvater ein. »Momentan kann ich ja nur auf Krücken laufen und das nicht mal lange. Aber noch einmal braucht er sich hier nicht blicken zu lassen.«
    »Wenn es um die Sternwarte geht, werde ich ihn hereinlassen, Großvater, das weißt du. Aber ich verspreche dir, ich werde mich nie wieder von ihm einladen oder zum Tanz auffordern lassen. Dafür soll er sich eine andere suchen, es gibt genug Mädchen in Kaikoura.«
    Damit gab sie ihrem Großvater einen Kuss und stapfte dann in ihr Zimmer zurück. Als sie sich im Spiegel betrachtete und sah, dass sie in ihrem Kleid wie eine Landstreicherin aussah, brach sie in Tränen aus.
    Nie wieder werde ich mich von einem Mann so hinters Licht führen lassen, schwor sie sich stumm.

23
    Zwei Tage später, als sie gerade in der Küche stand, um das Mittagessen zu kochen, rief Georg: »Lillian, mein Kind, hast du einen Moment Zeit?«
    Lillian ging in sein Zimmer und blickte besorgt auf den Buchstapel, der auf seinen Knien lag.
    »Sind dir die Bücher zu schwer? Ich nehme sie herunter, damit sie dein Bein nicht so sehr belasten.«
    »Das ist lieb von dir, aber deshalb habe ich nicht nach dir gerufen. Laut den Tabellen soll nächste Woche eine Mondfinsternis stattfinden. Ich werde sie nicht beobachten können, aber du kannst es.«
    »Ich? Aber das habe ich noch nie ohne dich gemacht!«
    »Diesmal musst du es, fürchte ich. Ich könnte natürlich darauf bestehen, in einer Sänfte nach draußen getragen zu werden. Aber ich glaube, die Träger kannst du eher dafür gebrauchen, dass sie dir das Teleskop und alle Gerätschaften für die Beobachtung an die richtige Stelle tragen.«
    »Die richtige Stelle?«, wunderte sich Lillian. »Was meinst du damit?«
    »Es gibt zwischen unserer Stadt und dem Maori-Dorf einen Platz, den sie als heiligen Ort ansehen.«
    »Du meinst das Gebiet, vor dem wir gestanden haben?«
    »Nein, es gibt noch einen weiteren Ort. Einen, der nicht zur Sprache gekommen ist, weil ich nie gewagt hätte, dort die Sternwarte zu errichten. Aber er wäre ideal dafür.«
    »Und was ist das für ein Ort?«
    »Es gibt dort einen Steinkreis und einen verzierten Stein in der Mitte. Du solltest Mr Arana danach fragen, er wird dich sicher dorthin führen können. Und wahrscheinlich ist er auch ein guter Assistent und gute Gesellschaft für

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