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Der Rote Mond Von Kaikoura

Der Rote Mond Von Kaikoura

Titel: Der Rote Mond Von Kaikoura Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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den hintersten Raum auf, der ihr beim ersten Rundgang am ungemütlichsten erschienen war. Früher musste hier eine Speisekammer gewesen sein, in den Regalen, die sich an einer der Wände erhoben, standen noch ein paar alte Töpfe, die allerdings vollkommen von Spinnweben und dicken Staubflocken bedeckt waren.
    Mit spitzen Fingern nahm Lillian einen von ihnen aus dem Regal, in der Hoffnung, dass sie ihn noch irgendwie hinbekommen könnte. Doch als sie durch das große Loch am Boden sah, wusste sie, dass dieses Stück bestenfalls noch von einem Kesselflicker gerettet werden konnte. Wenn überhaupt. Da auch die anderen Töpfe nicht besser aussahen, beschloss Lillian, Mrs Peters zu bitten, ihr einen Topf auszuleihen. Doch zuvor holte sie ihre Tasche und machte sich daran, das kleinere Zimmer in Besitz zu nehmen.
    Nachdem sie alles ausgepackt hatte, ging sie zu dem Haus, hinter dessen Fenster die Gardine geweht hatte. Als sie durch die Gartenpforte trat, kam ihr eine rotgetigerte Katze entgegen. Katzen in Neuseeland?, wunderte sie sich zunächst, doch wahrscheinlich waren diese Tiere ebenso wie Füchse und Hunde von den Engländern hierher mitgebracht worden.
    Die Katze musterte sie kurz, stieß ein Miauen aus, dann wandte sie sich ab. Offenbar wurde ich soeben für ungefährlich befunden, dachte Lillian, während sie sich der Haustür näherte.
    Als sie näher trat, nahm sie einen leichten Duft von Backwerk wahr. Offenbar hatte Mrs Peters doch nicht geschwindelt und sich nur eine saubere Schürze umgebunden, als sie zu ihnen gekommen war.
    Sie hat nicht nach dem Rechten sehen wollen, dachte Lillian amüsiert, während sie an die Tür klopfte. Sie wollte die Neuankömmlinge nur als Erste aus der Nähe betrachten.
    Nach einigen Augenblicken näherten sich Schritte der Tür. Wenig später blickte Mrs Peters Lillian entgeistert durch den Türspalt an.
    »Was kann ich für Sie tun?«
    Lillian zauberte ihr freundlichstes Lächeln hervor. »Verzeihen Sie, wenn ich Sie störe, aber Sie waren vorhin so freundlich, dass ich mir dachte, ich könnte Sie um Hilfe bitten.«
    »Hilfe?«, wunderte sich die Witwe. »Geht es Ihrem Großvater nicht gut?«
    »Doch, doch, alles in Ordnung. Es ist nur so, dass ich mich gerade ein wenig im Haus umgesehen und festgestellt habe, dass dort weder Pfannen noch Töpfe sind. Und auch keine Lebensmittel. Wäre es vielleicht möglich, dass ich mir eine Pfanne von Ihnen leihen und Ihnen ein paar Eier und etwas Mehl abkaufen könnte?«
    Mrs Peters sah sie überrascht an. Dann erinnerte sie sich wohl wieder daran, dass Lillian sie zum Teetrinken eingeladen hatte.
    »Aber natürlich«, antwortete sie ein wenig gezwungen. »Nachbarn helfen einander doch, oder?«
    »Ich hoffe, ich mache Ihnen damit nicht allzu viele Umstände.«
    »Aber nein, keineswegs. Kommen Sie doch herein.«
    Beim Eintreten bemerkte Lillian, wie penibel sauber der Flur war. Stickbildchen hingen an den Wänden, am Garderobenständer hingen ein Schirm und die Ausgehjacke der Hausherrin.
    »Eigentlich freue ich mich, wenn mal jemand bei mir vorbeischaut«, bemerkte Mrs Peters, während sie in die Küche schritt. »Seit Pauls Tod ist es hier im Haus sehr still geworden.«
    »Das verstehe ich. Haben Sie Kinder?«
    »Ja, aber die sind erwachsen und haben eigene Familien. Meine Tochter ist die Frau eines Wollhändlers in Christchurch.«
    »Oh, das ist sicher sehr schön.«
    »Sie besucht mich an Ostern und Weihnachten mit der Familie.«
    Lillian bemerkte, dass die Stimme ihrer Nachbarin traurig klang. Die Tochter war so weit weg … Sie selbst konnte sich gar nicht vorstellen, ohne ihren Großvater zu sein – auch wenn sie eines Tages vielleicht eine eigene Familie haben würde.
    »Nun, ich habe hier eine Pfanne, die Sie meinetwegen eine Weile behalten können. Und für die Eier und das Mehl brauchen Sie mir nichts zu bezahlen. Sie können es mir wiedergeben, wenn ich mal in Not bin.«
    Lillian bezweifelte, dass das je der Fall sein würde; umso mehr freute sie sich über die nette Geste der Nachbarin.
    »Was führt Sie und Ihren Großvater hierher?«, fragte Mrs Peters, während sie das Mehl in eine Schale abfüllte und dann vier Eier obenauf legte.
    »Mein Großvater möchte hier in der Nähe eine Sternwarte errichten«, antwortete Lillian. »Die erste in Neuseeland.«
    Lillian hatte ganz arglos geantwortet, ohne darüber nachzudenken, dass sie bereits in Deutschland seltsam angesehen worden war, wenn sie erzählte, dass ihr Großvater sich

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