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Der Rote Mond Von Kaikoura

Der Rote Mond Von Kaikoura

Titel: Der Rote Mond Von Kaikoura Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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nicht, ob die Frau eines Seemanns einem Wollhändler von Nutzen sein kann.«
    »Ihr Mann war also Seemann?«, erkundigte sich Georg, nachdem er einen Bissen von dem Teekuchen genommen hatte.
    »Er fuhr auf einem Walfänger. Leider ist er eines Tages bei schwerem Wetter von Bord gerissen worden. Seine Leiche wurde nie gefunden.« Mrs Peters presste die Lippen zusammen und wirkte einen Moment lang, als wäre sie den Tränen nahe.
    »Verzeihen Sie meine Indiskretion«, sagte Georg betroffen. »Ich wollte keine alten Wunden aufreißen.«
    »Das haben Sie nicht«, entgegnete Mrs Peters und fasste sich wieder. »Ich trauere immer noch um meinen Mann, aber das muss ja nichts Schlechtes sein. Und es tut gut, mit jemandem über ihn zu sprechen. Nicht einmal seine früheren Kollegen lassen sich blicken und reden mit mir; sie haben ihre eigenen Sorgen.
    »Dann haben Sie hier einen Seemann, mit dem Sie gern reden können«, entgegnete Georg hilfsbereit. »Ich bin in meiner Jugend selbst zur See gefahren, ich kenne die Gefahren auf See. Und wenn nötig, stehe ich Ihnen auch gern bei, das bin ich einem Seemannskollegen schuldig.«
    Der Rest der Teestunde verlief fröhlicher, Mrs Peters taute ein wenig auf und erzählte ein paar Begebenheiten aus der Stadt. Wie John Hawkins versucht hatte, einen Hahnenkampf aufzuziehen, und wie John Connell unter dem Fenster seiner Angebeteten gesungen hatte, bis er merkte, dass er nicht unter ihrem Fenster, sondern unter dem der Nachbarin stand und schon bald mit einem wütenden Ehemann konfrontiert wurde.
    Als sie sich schließlich verabschiedete, versicherte Mrs Peters Lillian, dass sie ihnen helfen und notfalls auch aufs Haus aufpassen würde, und nachdem Lillian Gleiches versprochen hatte, kehrte sie zu ihrem Haus zurück.
    »Nette Frau«, konstatierte Georg, während er den Arm um Lillian legte. »Sie wird uns sicher noch eine große Hilfe sein.«
    Zwei Wochen vergingen, in denen Lillian sehnsuchtsvoll auf Post wartete. Natürlich wusste sie, dass es eine ganze Weile dauern würde, bis ihre ersten Briefe bei Adele ankamen, und die Antwort würde noch einmal so viel Zeit in Anspruch nehmen. Dennoch hoffte sie immer wieder, dass der Briefträger nicht an ihrem Haus vorbeigehen würde.
    Außerdem gab es auch noch einen anderen Grund, um auf Post zu warten. Mr Caldwell hatte seit dem Besuch seines Assistenten nichts von sich hören lassen. Mit jedem Tag, der verging, wurde Lillian deswegen besorgter. Ihr Großvater hatte ihr ausführlich von seiner Begegnung mit Henare Arana erzählt, einige Passagen sogar doppelt und dreifach. Gab es vielleicht ein Problem mit den Maori? Oder mit dem Mann, der das Land zur Verfügung stellen wollte?
    Um sich abzulenken, holte sie den Brief, den sie in der vergangenen Nacht geschrieben hatte, aus ihrem Zimmer.
    Meine liebe Adele,
    endlich komme ich wieder dazu, Dir einen Brief zu schreiben. Die vergangenen Tage waren äußerst turbulent. Nicht nur, dass uns die Transportfirma unsere gesamte Habe ins Haus gestellt hat und hier noch immer alles aussieht, als wollten wir ein Warenhaus eröffnen. Ich habe auch noch ein Mädchen kennengelernt, das sich seltsamerweise in den Kopf gesetzt hat, Freundschaft mit mir zu schließen. Ihr Name ist Samantha Carson, und sie gehört zu den angesehenen jungen Frauen von Kaikoura. Meist trifft man sie mit einer Gruppe anderer an, deren Rädelsführerin eine Rothaarige namens Rosie ist. Stell Dir vor, sie hat mir nicht nur angeboten, zu einem Fest mitzugehen, sie wollte mir auch schon einen Termin bei ihrer Schneiderin besorgen, was ich natürlich abgelehnt habe. Du weißt, dass ich nicht viel davon halte, sich aufzuputzen. Außerdem benötigt mein Großvater all sein Geld für den Bau der Sternwarte; ein Vorhaben, auf das die Leute, wie Du Dir vielleicht denken kannst, mit ziemlich großen Augen und viel Verwunderung reagieren. Wer braucht denn schon eine Sternwarte? Die Menschen hier scheinen den Nutzen ebenso wenig zu sehen wie bei Euch, aber vielleicht erkennen sie ihn, wenn sie erst einmal die Möglichkeit haben, die Weiten des Himmels durch das Teleskop zu betrachten.
    Was meinen Großvater angeht, so ist er voller Elan und erfreut sich bester Gesundheit. Irgendetwas muss während des Gesprächs mit Henare Arana, dem Angestellten von Mr Caldwell, passiert sein, denn eine Zeit lang wirkte er beinahe verträumt. Wüsste ich es nicht besser, so würde ich eine Frau dahinter vermuten. Wie Du Dir vielleicht denken kannst, reagiert

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