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Der rote Planet

Titel: Der rote Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander A. Bogdanow
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wurden entweder
mit
optischen und akustischen Apparaten aus großen
Städten übertragen, oder
es wurden zumeist alte Aufführungen gezeigt, manchmal so alt,
dass die
Darsteller längst gestorben waren. Die Marsbewohner, die
Photographien
in natürlichen Farben kennen, lichten auf diese Weise auch das
Leben in
Bewegung ab. Aber sie vereinigen nicht nur Kinematographie und
Photographie, was man, obschon sehr unzulänglich, auch auf der
Erde in
den Lichtspielhäusern tut, sondern sie nutzen die Idee des
Stereoskops
und verwandeln die kinematographischen Ablichtungen in plastische
Bilder. Auf die Leinwand werden gleichzeitig zwei Filme projiziert, die
zwei Hälften eines Stereogramms, und im Zuschauerraum ist vor
jedem
Sessel eine stereoskopische Brille befestigt, welche die flachen
Abbildungen in dreidimensionale verwandelt. Ich sah klar und deutlich
lebendige Menschen, die redeten, ihre Gedanken und Gefühle
ausdrückten,
sich bewegten, und gleichzeitig wusste ich, dass sich dort lediglich
eine matte Leinwand und dahinter ein Phonograph und eine elektrische
Lampe mit einem Zeitmechanismus befanden. Das war beinahe
mystisch-seltsam und ließ unklare Zweifel an der Wirklichkeit
aufkommen.
    All das erleichterte mir nicht die Aufgabe, die fremde Welt
verstehen zu lernen. Ich brauchte fremde Hilfe. Aber ich wandte mich
immer seltener an Menni. Es war mir peinlich, meine Schwierigkeiten in
all ihrem Ausmaß zu offenbaren. Zudem war Menni gerade mit
wichtigen
Forschungen auf dem Gebiet der Minus-Materie beschäftigt. Er
arbeitete
unermüdlich, schlief oft die ganze Nacht nicht, so dass ich
ihn nicht
stören und ablenken wollte. Sein Arbeitseifer stachelte mich
vielmehr
an, in meinen Bemühungen fortzufahren.
    Die anderen Freunde waren zeitweilig meinem Gesichtskreis
entschwunden. Netti leitete auf der anderen Halbkugel die Einrichtung
einer neuen riesigen Klinik. Enno war als Sternis Assistent sehr
beansprucht; in seinem Observatorium wurden die Messungen und
Berechnungen vorgenommen, die man für neue Reisen zur Erde und
zur
Venus benötigte; man plante auch Expeditionen zum Mond und zum
Merkur,
um diese Himmelskörper zu photographieren und von dort
Gesteinsproben
mitzubringen. Mit anderen Marsbewohnern verkehrte ich nicht, ich
beschränkte mich auf notwendige Fragen und sachliche
Gespräche. Es fiel
mir schwer, mich fremden und höheren Wesen zu nähern.
    Im Laufe der Zeit schritt meine Arbeit nicht übel
voran. Ich
brauchte immer weniger Erholung und sogar Schlaf. Was ich lernte,
erfasste mein Hirn, das offenbar noch viel mehr aufnehmen konnte,
mechanisch leicht. Freilich, wenn ich nach alter Gewohnheit versuchte,
das Gelernte genau zu formulieren, gelang es mir meist nicht, aber ich
hielt das nicht für wichtig und meinte, mir würden
einfach die Wörter
für Einzelheiten und Kleinigkeiten fehlen, während
ich das Wesentliche
begriffen hätte.
    Meine Arbeit machte mir bald keinen Spaß mehr. Das
ist völlig
verständlich, dachte ich. Nach allem, was ich gesehen und
erfahren
habe, kann mich kaum noch etwas verwundern. Arbeit braucht nicht
angenehm zu sein, ich muss nur alles Notwendige beherrschen.
    Nur eines war lästig: Ich konnte mich immer weniger
auf einen
Gegenstand konzentrieren. Meine Gedanken schweiften ab, Erinnerungen
stiegen plötzlich auf und ließen mich die Umgebung
vergessen, raubten
mir kostbare Minuten. Wenn ich das bemerkte, schreckte ich auf und
machte mich mit neuem Eifer an die Arbeit; aber kaum waren ein paar
Minuten verstrichen, beherrschten wiederum Phantasien oder
flüchtige
Bilder der Vergangenheit mein Hirn, und wiederum musste ich sie mit
größter Anstrengung zurückdrängen.
    Immer häufiger beunruhigte mich der Gedanke, ich
hätte etwas
Wichtiges und Eiliges nicht ausgeführt, hätte etwas
für immer
vergessen. Wieder tauchten bekannte Gesichter und verflossene
Ereignisse auf, sie trugen mich in unaufhaltsamem Strom immer weiter
zurück, bis in meine Jugend und frühe Kindheit, die
sich in
verschwommenen Empfindungen verlor, Da-, nach war ich besonders
zerstreut.
    Ein innerer Widerstand verwehrte es mir, mich auf eine Sache
zu
konzentrieren, immer öfter und schneller wechselte ich von
einem
Gegenstand zum anderen. Dafür hatte ich absichtlich ganze
Bücherstapel
in meinem Zimmer angehäuft und im voraus bestimmte Seiten
aufgeschlagen. Außerdem lagen auf meinem Schreibtisch
Tabellen, Karten,

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