Der rote Prophet
richtigen Weg zu führen. »Wenn Ihr Jesus Christus als Euren Erlöser annehmt, werdet Ihr das wahre Glück finden.«
Das war ein Versprechen, dem es sich lohnte nachzugehen. Ein guter Grund auch, um über diesen Jesus Christus zu sprechen. Vielleicht war Jesus Christus ja Lolla-Wossikys Traumtier. Vielleicht würde er dafür sorgen, daß das schwarze Geräusch verschwand, so daß Lolla-Wossiky wieder so glücklich war, wie er es gewesen war, bevor der weiße Mörder Harrison mit dem schwarzen Geräusch aus seiner Gewehrmündung die Welt gesprengt hatte.
»Jesus Christus weckt mich auf? Macht mich glücklich?« fragte Lolla-Wossiky.
»Ewige Freude im Schöße des Himmlischen Vaters«, erwiderte Thrower.
Das verstand Lolla-Wossiky zwar nicht, aber er entschied, trotzdem weiterzumachen, vielleicht würde er ja aufwachen und danach verstehen, was Thrower meinte. Auch wenn Thrower das schwarze Geräusch lauter werden ließ, konnte er vielleicht doch ein Heilmittel dagegen besitzen.
Also verbrachte Lolla-Wossiky diese Nacht draußen im Wald, nahm am Morgen seine vier Schlucke Whisky zu sich und taumelte zur Kirche hinauf. Thrower war verärgert darüber, daß Lolla-Wossiky betrunken war, und Brustwehr wollte wieder wissen, wer ihm den Branntwein gegeben hatte. Da all die anderen Männer, die mit dem Bau der Kirche beschäftigt waren, sich versammelt hatten, hielt Brustwehr eine Rede voller Drohungen. »Wenn ich herausbekomme, wer diesen Roten mit Branntwein versorgt ... Ich schwöre, daß ich sein Haus niederbrennen und ihn zu Harrison unten am Hio verjagen werde. Wir hier oben sind Christenmenschen. Ich kann euch zwar nicht daran hindern, in euren Häusern diese ganzen Zauber aufzuhängen und Beschwörungen durchzuführen, auch wenn sie einen Mangel an Glauben an den Herrn beweisen, aber mit Sicherheit kann ich euch daran hindern, die Menschen zu vergiften, die der Herr in dieses Land geführt hat. Habt ihr mich verstanden?«
Alle Weißen nickten und sagten ja und das sei schon in Ordnung.
»Niemand hier hat mir Whisky gegeben«, sagte Lolla-Wossiky.
»Vielleicht hat er ja einen Becher voll mitgebracht!« meinte einer der Männer.
»Vielleicht hat er auch eine Destille im Wald!« rief ein anderer.
Alle lachten.
»Bitte bleibt andächtig«, warf Thrower ein. »Dieser Heide hier nimmt den Herrn Jesus Christus an. Er wird mit dem Wasser der Taufe benetzt werden, wie es Jesus selbst wurde. Möge dieses Zeichen der Anfang großer Missionsarbeit unter den roten Menschen des amerikanischen Waldes sein!«
Amen, murmelten die Männer.
Nun, das Wasser war kalt, und das war auch so ziemlich alles, was Lolla-Wossiky bemerkte, nur daß das schwarze Geräusch immer lauter wurde, als Thrower es auf ihn sprenkelte. Jesus Christus erschien nirgendwo, also war er doch nicht das Traumtier. Lolla-Wossiky war enttäuscht.
Reverend Thrower aber war es nicht. Das war das seltsame am weißen Mann. Er schien nie zu bemerken, was um ihn herum geschah. Da hatte Thrower nun eine Taufe durchgeführt, die nicht das geringste bewirkt hatte, doch er stolzierte den ganzen Tag herum, als hätte er soeben mitten im Winter einen Büffel in sein hungerndes Dorf gelockt.
Brustwehr-Gottes verhielt sich genauso blind. Als Eleanor den Arbeitern auf dem Hügel das Mittagessen brachte, durfte Lolla-Wossiky mit ihnen zusammen essen. »Können ja wohl schlecht einen Christen abweisen, nicht?« fragte einer. Aber keiner von ihnen wollte allzu gern neben Lolla-Wossiky sitzen, wahrscheinlich weil er nach Branntwein stank und nach Schweiß, und weil er immer torkelte, wenn er ging. Und so saß schließlich Brustwehr-Gottes mit Lolla-Wossiky abseits von den anderen, und sie sprachen über dieses und jenes.
Bis Lolla-Wossiky ihn fragte: »Jesus Christus, der mag keine Zauber?«
»Das stimmt. Er ist selbst der Weg, und all diese Beschwörungen sind Blasphemie.«
Lolla-Wossiky nickte ernst. »Gemalter Zauber nützt nichts. Farbe war nie lebendig.«
»Gemalt, geschnitzt, das ist doch alles das gleiche.«
»Hölzerner Zauber ein bißchen stärker. Baum war mal lebendig.«
»Das ist mir gleich, ob er aus Holz ist oder aufgemalt. In meinem Haus dulde ich jedenfalls keine Zauber. Keine Beschwörungen, keine Fetschesie, keine Abwehrmagie, überhaupt nichts dergleichen. Ein guter Christ verläßt sich auf das Gebet, und das genügt auch. Der Herr ist mein Hirte, mir soll es an nichts mangeln.«
Da erkannte Lolla-Wossiky, daß Brustwehr-Gottes ebenso blind
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