Der Rote Sarg
Jussupow Zyankali in ein Glas mit ungarischem Wein und reichte es Rasputin. Rasputin trank es und verlangte nach mehr. Daraufhin geriet Jussupow in Panik. Er nahm den Browning-Revolver des Großherzogs und schoss Rasputin in den Rücken. Sobald Dr. Lasowert Rasputin für tot erklärt hatte, richtete sich dieser wieder auf und fasste nach Jussupows Hals. Jussupow, der Hysterie nahe, floh in den ersten Stock seines Palasts, gefolgt von Rasputin, der nur noch die Treppe hinaufkriechen konnte. Nachdem die Mörder weitere Schüsse auf Rasputin abgegeben hatten, wickelten sie ihn in einen Teppich, banden diesen mit einer Schnur zu und verstauten ihn im Kofferraum von Dr. Lasowerts Wagen. Dann fuhren sie zur Petrowski-Brücke und warfen den Leichnam in die Newa. Die Obduktion ergab, dass Rasputin trotz des Gifts und der Schüsse letztlich ertrunken war.
I m grellen Schein einer elektrischen Lampe, die an einen ratternden tragbaren Generator angeschlossen war, standen Pekkala und Kirow im Krater. Zunächst waren sie bis zur Hüfte im eiskalten Schlammwasser eingesunken, hatten dann aber mit Eimern den Großteil davon ausgeschöpft. Mit einem Minensuchgerät fahndeten sie nun nach der vermissten Tatwaffe. Das Suchgerät bestand aus einer langen Eisenstange mit einem Handgriff am einen und einer tellerförmigen Scheibe am anderen Ende. Mittig an der Stange waren in einem länglichen Kasten die Batterien, der Lautstärkeregler und die Knöpfe für die verschiedenen Einstellungen angebracht.
Nach Vorlage von Pekkalas Schattenpass hatten die NKWD-Leute ihnen alles Gewünschte ausgehändigt, sie hatten sogar mitgeholfen, den Generator über das unwegsame Erprobungsgelände zu schleppen.
Der Generator dröhnte und klapperte, Abgasschwaden hingen schwer in der Luft.
Kirow war auf allen vieren und fuhr mit den Händen durch den Schlamm. »Warum sollte der Täter die Waffe nicht behalten haben?«
»Hat er vielleicht auch«, erwiderte Pekkala. »Wahrscheinlicher ist aber, dass er sie so schnell wie möglich weggeworfen hat – für den Fall, dass er geschnappt und durchsucht wird. Ohne Waffe kann er sich dann vielleicht herausreden, mit Waffe ist das nur schwer möglich.«
»Und er würde nie und nimmer erwarten, dass wir hier im Schlamm wühlen«, sagte Kirow mit vor Kälte blau angelaufenen Lippen, »weil das ja verrückt wäre, oder?«
»Genau«, sagte Pekkala.
In diesem Moment hörten sie ein Piepen: sehr schwach und genau ein Mal.
»Was war das?«, fragte Kirow.
»Keine Ahnung«, antwortete Pekkala. »Ich hab so ein Ding noch nie benutzt.«
Kirow zeigte auf das Suchgerät. »Na, dann machen Sie es noch mal!«
»Versuche ich ja!«, erwiderte Pekkala und schwang die Scheibe hin und her.
»Langsam!«, rief Kirow. Er richtete sich auf, wobei ihm der Schlamm in die Stiefel sickerte. »Lassen Sie mich mal.«
Pekkala reichte ihm mit steif gefrorenen Fingern das Gerät.
Kirow ließ die Scheibe über den Schlamm kreisen.
Nichts.
Kirow fluchte. »Dieses alberne Ding kann noch nicht einmal …«
Dann ertönte erneut das Geräusch.
»Da!«, schrie Pekkala.
Langsam bewegte Kirow die Scheibe zurück.
Wieder piepte das Suchgerät, dann ein weiteres Mal, und schließlich, als Kirow es über die Stelle hielt, wurde daraus ein durchgehendes Klacken.
Pekkala ließ sich auf die Knie nieder und begann mit bloßen Händen im Schlamm zu graben. »Hier ist nichts«, murmelte er. »Jedenfalls keine Waffe.«
»Ich hab Ihnen doch gleich gesagt, dieses Ding funktioniert nicht«, pflichtete Kirow bei.
In diesem Augenblick stieß Pekkala auf etwas Hartes. Einen Stein, wie er dachte. Er wollte ihn schon zur Seite werfen, als er im Schein des Generatorlichts etwas aufblitzen sah. Er wühlte sich weiter in den Schlamm, bis er etwas zu fassen bekam. Es war eine Patronenhülse. Er hielt sie zwischen Daumen und Zeigefinger hoch und grinste Kirow an wie ein Goldgräber, der gerade den Nugget seines Lebens gefunden hatte. Pekkala rieb den Dreck vom Rand der Hülse, bis er die ins Messing gestempelte Kennzeichnung erkennen konnte. »7,62 mm«, sagte er.
»Könnte von einer Nagent sein.«
»Nein, dafür ist die Hülse zu kurz. Die stammt nicht aus einer russischen Pistole.«
Nachdem sie eine weitere Stunde im Schlamm gesucht und nichts gefunden hatten, beendete Pekkala die Suche. Sie kletterten aus dem Krater, schalteten den Generator ab und stapften durch die Dunkelheit zurück zu den Gebäuden.
Die Wachhütte war abgesperrt, von den
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