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Der Rote Sarg

Der Rote Sarg

Titel: Der Rote Sarg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Eastland
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Moskauer Polizei, die Glasscherben knirschten unter ihren Stiefeln. »Kann ich jetzt mit ihm reden?«, fragte einer von ihnen die Schwester und deutete auf Pekkala.
    »In einer Minute«, erwiderte sie in scharfem Ton. »Ich muss ihn erst verbinden.«
    »Wie lange habe ich hier gelegen?«, fragte er.
    »Etwa eine Stunde«, erwiderte die Schwester, die sich neben ihn kniete und Verbandszeug abrollte, um seine Wunde zu versorgen. »Wir haben uns erst um die Schwerverletzten gekümmert. Sie sind schon ins Krankenhaus gebracht worden. Sie hatten Glück …«
    Sie redete immer noch, als Pekkala aufstand und zur schwarzen Plane neben sich ging. Er zog sie zurück. Vor ihm lag Bruno, die glasigen Augen weit aufgerissen. Dann ging er zu den anderen beiden Leichen, einem Mann und einer Frau, die er beide nicht kannte. Kurz war er erleichtert, dass Kropotkin nicht unter den Toten war. »Ich war mit jemandem hier«, sagte er, wieder zur Krankenschwester gewandt.
    »Wer nicht verletzt war, ist von der Polizei schon weggeschickt worden«, sagte sie. »Ihr Freund ist wahrscheinlich zu Hause. Nur die Toten wurden zugedeckt, Ihr Freund muss also noch am Leben sein.«
    Kropotkin hatte sich auf den Weg gemacht, um Ladung aufzunehmen. Es überraschte Pekkala nicht, dass er nicht gewartet hatte. Bei ihrer Verabschiedung hatte etwas Endgültiges in Kropotkins Stimme gelegen, so als würden sie sich nie mehr wiedersehen. Wahrscheinlich saß Kropotkin mittlerweile längst in seinem Lastwagen und war unterwegs in die Mongolei. »Gibt es eine Beschreibung des Täters?«, fragte Pekkala den Polizisten.
    Der Beamte schüttelte den Kopf. »Wir wissen nur, dass es ein Motorradfahrer war. Er ist so schnell vorbeigefahren, dass ihn keiner richtig sehen konnte.«
    Während ihm die Krankenschwester den Kopf verband, gab Pekkala bei dem Polizisten seine Aussage ab. Er saß auf dem Randstein, gleich neben der Blutlache des toten Bruno. Er konnte dem Polizisten nicht viel erzählen. Alles war so schnell gegangen. Er erinnerte sich an den Motorradfahrer, dessen Gesicht durch die Lederkappe und Brille nicht zu erkennen gewesen war.
    »Was ist mit dem Motorrad?«, fragte der Polizist.
    »Es war schwarz«, antwortete er. »Größer als die meisten, die man sonst in der Stadt sieht. Auf dem Tank war ein Schriftzug angebracht, in Silber. Aber ich konnte nicht erkennen, was dort stand.«
    Der Polizist kritzelte einige Worte in seinen Notizblock.
    »Weiß man denn, auf wen geschossen wurde?«, fragte Pekkala.
    »Schwer zu sagen«, erwiderte der Polizist. »Es waren so viele Menschen hier. Vielleicht hatte er es auf gar niemand Besonderen abgesehen.«
    Die Krankenschwester trat auf Pekkala zu. »Sie sollten mit ins Krankenhaus kommen«, sagte sie.
    »Nein«, erwiderte er. »Ich muss woandershin.«
    Sie drückte den Daumen unter seine rechte Augenbraue, zog ihm das Lid nach unten und leuchtete mit einer kleinen Lampe in die Pupille. »Gut«, sagte sie schließlich widerstrebend. »Aber wenn Sie Kopfschmerzen bekommen, wenn Ihnen schwindlig wird, wenn Ihnen alles vor den Augen verschwimmt, dann suchen Sie sofort einen Arzt auf. Verstanden?«
    Pekkala nickte. Er wandte sich an den Sanitäter. »Tut mir leid«, sagte er.
    Der andere lächelte nur. »Das nächste Mal«, sagte er, »müssen Sie sich dann selbst verarzten.«

    Pekkala ging zu Fuß in sein Büro. Sein Kopf schmerzte, als hätte er einen Kater, und vom Geruch des Verbands und des Desinfektionsmittels, mit dem die Wunde gesäubert worden war, wurde ihm übel. Als er im Gebäude war, suchte er die Toilette im Erdgeschoss auf, wickelte den Verband ab und wusch sich das Gesicht mit kaltem Wasser. Dann stieg er die Treppe zu seinem Büro hinauf.
    Kirow war gerade dabei, den Boden zu fegen. »Inspektor!«, sagte er, als Pekkala das Zimmer betrat. »Was um alles in der Welt ist denn mit Ihnen geschehen?«
    Pekkala erklärte es ihm.
    »Meinen Sie, er hatte es auf Sie abgesehen?«, fragte Kirow besorgt.
    »Vielleicht, vielleicht auch nicht, jedenfalls war er verdammt nah dran, mich zu erledigen. Wie viele Leute habe ich hinter Gitter gebracht, Kirow?«
    »Dutzende.« Er zuckte mit den Schultern. »Mehr.«
    »Genau, und jeder von denen könnte dahinterstecken. Die Polizei geht der Sache nach. Man will sich mit mir in Verbindung setzen, wenn sie etwas herausgefunden haben.« Pekkala hielt kurz inne. »Kirow, ich muss Ihnen etwas sagen.«
    Ohne ein weiteres Wort lehnte Kirow den Besen gegen die Wand und nahm an

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