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Der rote Tod

Der rote Tod

Titel: Der rote Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
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hatte.
    Meine Augen hatten sich geschlossen und geöffnet. Mehr war nicht nötig, und die heißen Stunden eines weiteren Spätsommertages waren für immer vorbei. Alle Tage meiner Zukunft würden wie dieser ablaufen. Ich würde nie mehr wieder die Wolken vor der Sonne sehen, diese niemals mehr auf- und untergehen sehen, außer als Warnung oder Unannehmlichkeit die durchlitten werden musste. Keine Illusionen, Schatten oder Albträume, aber ebenso wenig Träume, nichts außer diesem unnatürlichen Vergessen und die dadurch unvermeidlich hervorgerufene Erinnerung an den Tod.
    Was würde aus mir werden? Kümmerte es mich überhaupt? Nachdem ich träge einen Moment darüber nachgedacht hatte, kam ich zu dem Schluss, dass die Antwort Ja lautete. Zumindest für meinen Körper, wenn schon nicht für meinen Geist.
    Bewusst oder nicht, die auferlegte Ruhe hatte mir gut getan. Mein Arm war wieder beweglicher, und die Schwellung hatte nachgelassen. Der Schmerz war ... noch zu spüren, aber nicht mehr so schlimm wie zuvor.
    Dann vergaß ich alles andere, als mir klar wurde, dass ich nicht alleine war. Ein paar Meter entfernt stand Elizabeth. Auf ihrem Gesicht zeichneten sich Spuren von großer Erschöpfung und Anspannung ab, aber auch Glückseligkeit, als sie mich anblickte. Sie hielt eine Laterne, und neben ihr stand Vater.
    Es hätten hundert Jahre vergangen sein können, seit ich ihn zuletzt in der Bibliothek gesehen hatte, als er mir und Beldon letzte Instruktionen gab. Er war so ernst und besorgt gewesen. Und er war stolz gewesen, stolz auf mich und auf das, was ich tat. Die Art von Stolz, die stets nach meinem Herzen griff und mich innehalten und Gott danken ließ, dass er mein Vater war.
    Großer Gott, er ist ein alter Mann, dachte ich mit einem trägen Schock, als ich diesen nun Fast-Fremden ansah, der mit schmerzlichem Erstaunen zurückstarrte. Sein Gesicht war so faltig, so grau, seine Lippen so schlaff und blass, seine Augen so hohl. Selbst sein Körper schien geschrumpft zu sein, das gerade Rückgrat gebeugt, die Schultern zusammengesunken und ihre Stärke dahin.
    Ich habe ihm das angetan.
    Meine Sicht verzerrte sich und verschwamm. Ich wollte ihn nicht ansehen. Wollte ihn nicht so sehen. »Vergib mir«, flehte ich, indem ich kaum meine Stimme wie der erkannte und kaum wusste, warum ich das sagte.
    Er kam langsam herüber und kniete sich neben mich. So viel konnte ich durch meine Tränen sehen.
    Seine Hände berührten zögernd meine Schultern. Sie waren fest und stark und straften das, was ich gesehen hatte, Lügen. Dann schlössen sich seine Arme um mich, und er zog mich an sich, wie er es so oft getan hatte, um mir Trost zu spenden, als ich sehr klein gewesen war.
    »Oh, mein Junge«, flüsterte er und wiegte mich sanft. »Mein armes, verlorenes Kind.«
    Ich sagte nichts, tat nichts. Mein Herz und mein Verstand begannen sich zu klären, als mir die Erkenntnis dämmerte, dass er trotzdem mein Vater war und dass er mich immer noch liebte, egal, was passiert war oder was passieren würde. Alle meine Sorgen, alle meine Verletzungen konnten nicht so schlimm sein, dass er mir nicht helfen konnte, sie zu ertragen.
    In einem heißen Aufflackern von Scham warf ich mein Selbst mitleid ab und ergab mich dankbar dem Trost und der Liebe, die er mir so inständig geben wollte.

KAPITEL
14

    Elizabeth gewährte uns einige Augenblicke, dann kam sie herüber und setzte ihre Laterne ab.
    Vater sah sie an: »Es tut mir Leid, dass ich dir nicht geglaubt habe.«
    Sie berührte eine seiner Hände und schenkte ihm ein schiefes Lächeln. »Ist schon in Ordnung.«
    »Was ist denn los?«, fragte ich und richtete mich ein wenig auf.
    Vater gab mir eine letzte aufmunternde Umarmung und erhob sich. Von meinem Platz im Staub aus sah ich ihn wieder so, wie er für mich immer sein würde: als großen, gut aussehenden Mann mit viel Kraft und Energie und Ehre, und mit genug Weisheit, um zu wissen, dass er nicht weise war.
    Elizabeth sagte zu mir: »Ich habe erwähnt, dass es auf der Welt keine Möglichkeit gibt ... nun, dass es nicht einfach werden würde.«
    »Sie hat mir alles erzählt... und ich habe ihr nicht geglaubt.« Vater betrachtete mich mit stiller Verwunderung. »Ich bin nicht einmal sicher, ob ich es jetzt glaube.«
    Ich hatte Mühe zu schlucken. »Dir ... alles erzählt?«
    »Ja.«
    Ich spürte, wie mein Gesicht rot wurde.
    Er lächelte freundlich über meine Fassungslosigkeit. »Liebes Kind, wer auch immer diese Frau war, ich bin

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