Der rote Tod
ich auf wundersame Weise von Oliv er gewonnen hatte, in weitaus kürzerer Zeit verschwanden, als ich gebraucht hatte, um sie zu gewinnen. Im Hof stand Oliver mit seinem Pferd bereit, ein Braunen mit langen, starken Beinen und klaren, hellen Augen. Ich konnte nicht anders, als ihm meine Bewunderung für das Tier auszudrücken, und er antwortete mit einer Liste berühmter Namen aus dem Stammbaum des Tieres. Keiner von ihnen sagte mir etwas, aber nichtsdestotrotz klangen sie beeindruckend.
Er hatte für unseren Transport einen offenen Ponywagen gemietet, was bedeutete, dass er die Stute führte, anstatt sie zu reiten. Die gegenüberliegenden Bänke würden es uns erlauben, uns zu unterhalten; trotzdem war noch genug Platz übrig, um mein Gepäck zu verstauen. Ein weiterer Vorteil war die Schmalheit des Wagens, welche bewirkte, dass man ihn mit vernünftiger Effizienz durch die bevölkerten Straßen lenken konnte.
Ich sage ›vernünftig‹, denn als wir erst den Gasthof verlassen und ein gutes Stück Wegs hinter uns gebracht hatten, überwältigten der Lärm und die Menschenmassen meine Sinne, die an ländliche Gegend gewöhnt waren. Überall, wohin ich auch blickte, gab es Menschen aller Formen, Klassen und Farben, alle geschäftig wie Ameisen, beschäftigt mit allen Arten von Tätigkeiten, die man sich vorstellen konnte, plus einigen, die über meine Vorstellung hinausgingen. Mein Besuch in Philadelphia vor langer Zeit hatte mich auf ein solches Gewirr nicht vorbereitet. Sogar die große und geschäftige Kolonialstadt New York, von der ich auf dem Weg zu dem Schiff, das mich hierher gebracht hatte, einen Blick erhascht hatte, war ein Provinznest im Vergleich hierzu.
Die Luft summte von tausend verschiedenen Stimmen, von denen jede Waren oder Dienste anbot, bettelte oder aus dem einfachen Grund schrie, um Lärm zu machen. Soldaten und Matrosen, Schornsteinfeger und ihre Lehrlinge, Zuhälter und Prostituierte, gut gekleidete Damen und ihre Dienstmädchen, modern angezogene Herren und schäbig aussehende Geistliche drängelten, lachten, zankten, kreischten oder sangen ohne Beachtung für irgendwen außer sich selbst und ihre Beschäftigungen. Ich vergaß meine Kopfschmerzen und glotzte bloß das Schauspiel an.
»Ist es immer so?«, fragte ich Oliver, indem ich meine Stimme erhob, damit er mich verstand, obwohl er kaum eine Armeslänge entfernt war.
»O nein«, schrie er zurück. »Manchmal ist es viel schlimmer!«
Ich dachte, er machte einen Scherz auf meine Kosten, aber er hatte die Frage sehr ernst genommen und gab mir eine ausführliche Antwort. »Dies ist ein normaler Arbeitstag in der Stadt, weißt du. Du solltest an einem Feiertag hier sein, oder wenn es ein oder zwei Hinrichtungen in Tyburn gibt. Dann kommen die Dinge so richtig in Schwung!«
Oliver machte mich auf verschiedene interessante Plätze aufmerksam, wann immer es möglich war. Die Gebäude ragten an manchen Stellen so hoch auf, dass die Sonne offensichtlich sogar im Sommerzenit nur eine seltene Besucherin der dazwischenliegenden Straßen war. Aber an einer Stelle gab es einen freien Flecken, wo er mir die Masten eines Schiffes zeigen konnte, die, unwahrscheinlich genug, zwischen den Gebäuden und Bäumen hervorragten.
»Das ist natürlich Tower Hill, und das Schiff selbst steht auf völlig trockenem Boden.«
»Was ist denn dann sein Nutzen?«
»Oh, es hat der Kriegsflotte schon eine ganze Menge Gutes getan. Wenn eine unvorsichtige Seele das Pech hat, für einen näheren Blick anzuhalten, muss er für seine Neugierde teuer bezahlen.«
»Was? Meinst du, dass sie einen Rundgang für diesen Ort anbieten? Ist die Gebühr so hoch?«
»Für die meisten hoch genug. Der Kerl, der ihnen anbietet, sie herumzuführen, ist Teil einer Presspatrouille. Mehr als ein glückloser Bursche, der neu vom Land herkommen ist, wurde auf diese Weise in eine Falle gelockt und setzt möglicherweise nie mehr seinen Fuß an Land. Fremde sind ziemlich sicher, und ebenso Herren, und da du beides in einem bist, hast du von ihnen nichts zu befürchten. Trotzdem kann ich nicht anders, als die armen Männer zu bemitleiden, die in diese hübsche Falle tappen.« Der Schauder, der ihn anflog, war echt.
Wir holperten und bewegten uns mehr als eine Stunde lang im Zickzack durch die vielen Straßen, obwohl der Weg, den wir zurücklegten, wohl nicht mehr als ein paar Meilen betrug. Es gab viele Sehenswürdigkeiten und Zerstreuungen, und Oliver war befriedigt über meine Reaktionen
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