Der rote Tod
Getränk sein, vermute ich.« Er hob den Humpen und nahm einen guten Schluck. »Geh nur, und habe Spaß mit deiner englischen Rose. Sehen wir dich morgen früh? Gut. gut, aber nicht zu früh, wohlgemerkt.«
Ich ging fort und warf einen Blick zurück. Er war in seinen gedankenverlorenen Zustand zurückgekehrt. Das unterschied sich sehr deutlich von der Aufregung, die er zuvor gezeigt hatte. Als abgewiesener Freier hätte er Gram oder Ärger zeigen sollen, alles, nur nicht diese ruhige Verwirrung. Ich fragte mich, was um alles in der Welt Nora zu ihm gesagt hatte.
Nora.
Gnadenlos wischte ich die Besorgnis um Warburton beiseite, erkundigte mich nach dem Weg und begab mich zum westlichen Tor.
Oliver hatte sich Gedanken um Noras Finanzen gemacht. Wenn man von der gut ausgestatteten Kutsche und dem Paar Pferde, das sie zog, ausgehen konnte, dann hatte sie überhaupt keine weltlichen Sorgen. Der einzige Grund, weshalb ich überhaupt den Sinn aufbrachte, dies zu bemerken, war die furchtbare Tatsache, dass Mrs. Poole unerwarteterweise mit uns kam. Ich hatte sie vollkommen vergessen und bekam einen großen Schrecken, als ich in die Kutsche stieg und entdeckte, dass sie neben Nora saß. Beide waren amüsiert, aber nicht auf eine spöttische Art.
»Wie nett, Sie wieder zu sehen, Mr. Barrett«, sagte sie. »Ich bin so froh, dass Sie und Nora Freunde geworden sind.«
»Ähem ...ja«, antwortete ich wie ein Idiot. Ich fiel auf den Sitz ihnen gegenüber, während Verwirrung und Zweifel sich in meinem Hirn ausbreiteten und meine ursprüngliche Leidenschaft abkühlten. Hatte Nora dies inszeniert, um mir einen grausamen Streich zu spielen? Es schien nicht wahrscheinlich. Was mochte sie ihrer Tante über uns erzählt haben? Ich konnte kaum annehmen, dass Mrs. Poole unsere Pläne für den Rest des Abends kannte. Das war keine Sache, die man seiner Hüterin anvertraute.
»Wie gefällt Ihnen England?«, fragte sie mit höflichem und wohlwollendem Interesse.
Nora nickte mir leicht zu, ein Zeichen, dass ich antworten solle. Vielleicht war ihre Tante völlig unwissend – oder sie wusste alles und hatte keine Einwände, was jedoch sehr merkwürdig gewesen wäre.
»Es ist anders als zu Hause, aus verschiedenen Gründen, die ich mir niemals hätte vorstellen können«, sagte ich wahrheitsgemäß.
Die Kutsche schlingerte vorwärts. Der Lärm der Räder machte es unmöglich, sich leise zu unterhalten. Also erschien es Mrs. Poole notwendig, ihre Stimme zu erheben, um ihre Unterhaltung mit mir fortzusetzen. Nora trug ihrerseits nur sehr wenig dazu bei, zufrieden damit, mich mit ihren leuchtenden Augen anzusehen. Das machte es für mich natürlich schwierig, mich auf das Gespräch zu konzentrieren, da meine Gedanken ständig zu ihr wanderten. Als die Kutsche zum letzten Mal ruckend anhielt, war ich vollkommen aus der Fassung.
Ein Lakai öffnete die Tür und half den Damen beim Aussteigen. Er war ein junger, gut aussehender Bursche mit kühlem Auftreten, ein Charakterzug, den er mit dem Fahrer und den anderen Lakaien teilte. Alle trugen die gleiche Livree und strahlten einen ruhigen Stolz aus. Zum ersten Mal, seit mir dieser Brauch aufgenötigt worden war, wurde das Trinkgeld, das ich ihnen anbot, höflich zurückgewiesen.
Auf Noras Aufforderung hin folgte ich ihr die Stufen hinauf zu den breiten Türen ihres Hauses. Im Inneren war alles sauber und ordentlich und zeugte von einem sorgfältigen, guten Geschmack. Ich konnte einen kurzen Blick auf Gemälde und Skulpturen werfen, die die Eingangshalle schmückten, vielleicht eine Ausbeute von ihrer Reise auf den Kontinent. Ich hatte keine Zeit zu fragen, denn Mrs. Poole nahm meine Hand.
»Die Party hat mich ziemlich erschöpft. Entschuldigen Sie mich bitte, Mr. Barrett, wenn ich mich jetzt zurückziehe.«
Das tat ich, mit leichter Überraschung, aber die Dame schenkte mir ein weiteres süßes Lächeln und ging nach oben, begleitet von einem Dienstmädchen. Alle Lakaien waren auf wundersame Weise verschwunden. Nora und ich waren glücklich allein – »Es tut mir Leid wegen der Störung«, erklärte sie. »Ich konnte meine Tante kaum bei den Bolyns zurücklassen.«
»Das ist in Ordnung, aber ich muss zugeben, dass ich verwirrt bin durch ihre Haltung. All dies verwirrt mich.«
»Was, dass eine Dame wie ich einen Mann nach Hause mit nimmt, wie ich es mit dir getan habe?«
»Nun, ja.«
»Und doch: Wenn ein Mann eine Dame nach Hause mit nimmt, denkt niemand viel darüber nach.«
Da hatte
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