Der rote Tod
steckte meinen Stock in ein kleines Behältnis, welches bereits ähnliche Gegenstände enthielt, die frühere Besucher hinterlassen hatten.
»Wo sind die Diener?«
»Einige liegen bereits im Bett, andere sind in der Küche beschäftigt. Das macht mir nichts aus, Jonathan. Himmel, es ist eine feuchte Nacht dort draußen. Wenn Sie mich entschuldigen, ich werde mich um den Mantel kümmern, dass er beim Feuer aufgehängt wird. Das heißt, bleiben Sie eine Weile?«
»Ich weiß n... ich meine, ja. Ich glaube schon. Ja.«
»Stimmt etwas nicht?«
Meine Welt ging unter, das war alles. »Ich muss mit Nora sprechen.«
Sie beschloss, nicht weiter in mich zu dringen, und verschwand. Zu nervös, um mich hinzusetzen, schritt ich in der Halle auf und ab; die Absätze meiner Stiefel hämmerten auf den lackierten Holzboden. Ich wollte, dass Nora es hörte und sich beeilte. Ich versuchte nicht daran zu denken, was sie hinter der verschlossenen Tür ihres Salons machte. Ohne Erfolg.
Sie waren ziemlich ruhig, aber andererseits war es auch keine besonders geräuschvolle Handlung: vielleicht ein Keuchen oder Seufzen, das Gleiten von Stoff über Haut, ein sanftes Dankesmurmeln von der einen an den anderen. Meine Fantasie war nur zu bereit, Details zu liefern, aber in Wirklichkeit hörte ich überhaupt nichts. Die Wände waren dick, und die Tür war sehr stabil und passte genau in ihren Rahmen. Sogar etwas lautere Geräusche wären nicht hindurch gedrungen.
Ich wanderte hin und her und drehte mich, um mich warm zu Balten. Es war eine schlechte Idee gewesen, Mrs. Poole den Mantel zu geben. Ich starrte die Tür an. Verdammt, wie lange brauchte sie denn? Es war ja nicht so, als ob sie alle ihre Kleider ausziehen musste, und alles, was der Mann zu tun hatte, war, sein Halstuch zu lockern, damit sie ...
Die Tür schwang auf. Zu spät kam mir der Gedanke, dass es besser gewesen wäre, mich in einen Nebenraum zu begeben, um ihnen etwas Privatsphäre zu geben, damit sie sich verabschieden konnten, aber nun war es zu spät. Und nicht so überaus wichtig Für den Mann, der im Begriff war, sich zu verabschieden, wäre ich zweifellos nur ein anderer von Noras vielen Höflingen, der hergekommen war, um »seine Aufwartung zu machen«.
Verdammt noch mal. Der Mann bei Nora war Tony Warburton, der immer noch Hut und Mantel trug. Sie sahen mich gleichzeitig. Noras Gesicht, immer wunderschön, egal, in welcher Stimmung sie war, erhellte sich mit dieser speziellen Freude, die anscheinend nur ich ihr verleihen konnte. Warburtons Miene verfinsterte sich kurz und fing sich auch nicht wirklich wieder. Früher war er besser in der Lage gewesen, seine Gefühle zu verbergen. Es war, als gäbe er sich keine Mühe mehr dazu.
Nora sah dies, aber überging es und begrüßte mich herzlich. »Was bringt dich um diese Uhrzeit hierher?« Ihre Augen waren blutrot gefärbt von ihrer letzten Mahlzeit. Wie vieles andere an ihr, das mich zunächst erschreckt hatte, hatte ich mich daran so gewöhnt, dass ich es kaum noch wahrnahm.
»Ich muss mit dir reden. Es geht um etwas Wichtiges.«
An meinem Verhalten bemerkte sie, dass ich sehr aufgeregt war.
»Natürlich. Tony, wenn es dir nichts ausmacht?«
Warburton schien sie nicht gehört zu haben. Er stand da wie angewurzelt und sah mich kalt an. Sein Halstuch befand sich wieder an dem Platz, an den es gehörte, aber es war nicht so hübsch zurechtgemacht, wie er es gewöhnlich trug. Es gab im Salon keinen Spiegel, vor dem er diese Aufgabe zufrieden stellend hätte erledigen können. Im ganzen Haus existierten überhaupt nur wenige Spiegel, wie ich wusste. Er war blass, aber weniger durch den Blutverlust als durch eine starke Gefühlsregung.
»Tony?«
»Doch. Es macht mir etwas aus«, entgegnete er schließlich. Er war zu aufgewühlt, um mehr als ein Flüstern hervorzubringen aber mit all dem aufgestauten Zorn, der dahinter steckte, war es wirkungsvoller als ein Brüllen.
Noras rubinrote Augen blitzten ihn wütend an, aber er hatte nur Blicke für mich. Mein eigener unmittelbarer Ärger wurde schwächer unter seinem Starren. Das, was so lange unausgesprochen zwischen uns gelegen hatte, begann nun, an die Oberfläche zu dringen.
Aber ich hatte kein Bedürfnis danach, mich mit ihm auseinander zu setzen.
»Schon gut«, meinte ich. »Ich werde gehen. Mein Eindringen tut mir Leid.«
Nora beendete meine Bemühungen, Schwierigkeiten zu vermeiden, indem sie ihr Kinn heftig hochreckte. »Unsinn. Du bist jetzt hier und
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