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Der Rote Wolf

Der Rote Wolf

Titel: Der Rote Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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Schotter, die einen Untergrund bedeckten, der aus Erde und geflicktem Asphalt zu bestehen schien.
    Sie ließ Hochspannungsleitungen hinter sich, die zu den Eisenbahnschienen führten, lief an einem Backsteingebäude mit der Aufschrift SKANSKA und einem verlassenen Parkplatz vorbei. Dann führte der Weg aus dem Brachland heraus und verlief parallel zu den Schienen der Eisenerzbahn. Weit voraus erhoben sich das Eisenhüttenwerk, die Kokserei und die Hochöfen rußschwarz in den Winterhimmel, rechter Hand breitete sich das verästelte Schienennetz der Eisenerzbahn aus. Millionen Tonnen von Schienen, die zu einem großen Teppich aus Stahl verflochten waren. Links gab es nur Unterholz und Schnee.
    Hinter den Erzhalden war der Vollmond aufgegangen, und sein blaues Licht vermischte sich mit der goldgelben Beleuchtung über dem Schienennetz.
    Minutenlang lief sie so weiter, bis sie keuchend am Rand des Weges stehen bleiben musste. Sie hustete trocken und leise und hielt nach Karina Björnlund Ausschau. Der Weg schien nur selten benutzt zu werden, sie erkannte nur wenige Fuß- und Hundespuren und die Abdrücke von Fahrradreifen. Die Ministerin war nicht zu sehen.
    Sonnenscheinliebling
, sangen plötzlich die Engel,
Winterkälte ewige Sehnsucht…
    Sie schlug sich gegen den Hinterkopf, sodass die Stimmen abrupt verstummten, schloss die Augen und atmete durch, lauschte und hörte plötzlich menschliche Stimmen, die aus dem Wald kamen, der ein Stück vor ihr begann.
    Sie konnte nichts verstehen, hörte nur einen Mann und eine Frau, die sich ziemlich leise unterhielten.
    Annika gelangte unter eine Überführung, entweder eine Straße oder eine Eisenbahnlinie, sie konnte nicht erkennen, worum es sich handelte, und wusste auch nicht mehr wo sie war. Die Stimmen waren jetzt näher, und im Licht des Mondes und der Schienenbeleuchtung sah sie plötzlich Fußspuren, die auf eine Lichtung inmitten der Bäume führten.
    Sie blieb stehen, lugte an den kleinen Bäumen vorbei, erahnte Schatten.
    »Ich bin doch jetzt hier«, sagte Karina Björnlund. »Tu mir nichts.« Eine heisere Männerstimme mit finnischem Akzent antwortete ihr.
    »Karina, du brauchst keine Angst zu haben. Ich habe dir niemals wehtun wollen.«
    »Glaub mir, Göran, es gibt niemanden, der mir, so wehgetan hat wie du. Sag mir, was du willst, und … lass mich gehen.«
    Annika stöhnte auf, der Magen drehte sich ihr um, ihr Mund war völlig ausgedörrt. Vorsichtig machte sie einen Schritt in den Schnee, dann wieder einen und noch einen.
    Im Mondschein sah sie, dass der Wald sich zu einer Lichtung öffnete, in deren Mitte ein kleines Backsteingebäude mit einem Blechdach und verriegelten Fenstern lag.
    Auf der Lichtung stand die Kultusministerin in ihrem dicken Pelz mit dem Rücken zu Annika, und hinter ihr am Haus stand ein kleiner grauer Mann in einem langen Mantel und mit einer Ledermütze auf dem Kopf, neben dem ein dunkler Sack lag.
    Göran Nilsson, der Herrscher der göttlichen Mächte, der Gelbe Drache.
    Annika starrte ihn an.
    Der Terrorist, der Massenmörder, das personifizierte Böse, so sah es also aus, gebeugt und matt und leicht zitternd.
    Sie musste die Polizei rufen.
    Doch dann fiel ihr ein, dass das Handy in ihrer Tasche auf dem Beifahrersitz lag.
    »Wie kannst du nur glauben, dass ich dir jemals wehtun wollte?«, sagte der Mann. »Du bist der Mensch, der mir in diesem Leben am meisten bedeutet hat.«
    Die Frau stampfte nervös mit den Füßen.
    »Ich habe deine Mitteilungen bekommen«, sagte sie, und Annika begriff augenblicklich, warum sie so verängstigt klang.
    Sie hatte die gleichen Warnungen erhalten wie Margit.
    Der Mann, der Gelbe Drache, senkte den Kopf für ein paar Sekunden.
    Dann blickte er wieder auf, und Annika konnte seine Augen sehen. In dem eigenartigen Licht glommen sie rot und leer.
    »Ich bin aus einem einzigen Grund hergekommen, und ihr sollt mir alle zuhören«, sagte er, und seine Stimme war so kalt wie der Wind. »Du bist weit gereist, aber ich bin weiter gereist.«
    »Tu mir nichts.«
    Der Mann ging zu ihr, und Annika sah, dass er etwas Schwarzes und Glänzendes aus seiner Manteltasche zog: eine Waffe. Einen Revolver.
    »Ich werde dich nie mehr belästigen«, sagte er leise. »Dies ist das letzte Mal.
    Aber du musst am Treffpunkt warten. Ich habe erst noch etwas zu erledigen.«
    Der Wind frischte auf und zerrte an den Ästen der Nadelbäume.
    »Bitte lass mich gehen«, wimmerte die Frau. »Da rein, sofort«, erwiderte er hart.
    Karina

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