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Der Rote Wolf

Der Rote Wolf

Titel: Der Rote Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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knapp, beendete das Gespräch, wählte die Nummer der Auskunft und bat, mit dem Stadthotel von Lulea verbunden zu werden, und buchte ein Business-Zimmer in der obersten Etage.
    Danach saß sie im Auto und starrte durch die Windschutzscheibe hinaus. Ihr Atem legte sich auf die Scheiben, die nach kurzer Zeit von einer dünnen Eisschicht überzogen waren.
    Mehr konnte sie nicht tun, außer auf die Polizei zu warten.
    Bald ist es vorbei, dachte sie, und ihr Puls beruhigte sich allmählich.
    Sie sah Thord Axelssons graues Gesicht vor sich, Gunnel Sandströms verquollene Augen und ihre weinrote Strickjacke, Linus Gustafssons gelgestylte Haare und seinen wachsamen Blick, und es packte sie die nackte Wut.
    Bald sitzt du, du Schwein.
    Sie fror, überlegte, ob sie den Motor anlassen sollte, damit die Klimaanlage den Wagen beheizte. Doch stattdessen öffnete sie die Tür und stieg aus, sie war viel zu rastlos, um stillsitzen zu können. Sie sah nach, ob ihr Handy in der Jackentasche lag, schloss den Wagen ab und ging bis zum Scheitelpunkt des Hügels hinauf.
    Mittlerweile hatte die arktische Nacht die Landschaft fest im Griff, ebenso hart und unerbittlich wie der Stahl, der in den Hochöfen am Meer produziert wurde.
    Das ist ein schöner Anblick, dachte sie und ließ den Blick über die Schienenstränge schweifen, bis er schließlich bei den Sternen verharrte.
    Dann hörte sie hinter sich Motorengeräusche, drehte sich um und hoffte, dass es die Polizei sei, aber es war nur die Linie 1.
    Der Bus fuhr auf sie zu und bremste, und Annika erkannte, dass sie unmittelbar neben dem Haltestellenschild stand. Deshalb trat sie ein paar Schritte zur Seite, um deutlich zu machen, dass sie nicht mitfahren wollte. Dennoch blieb der Bus einige Meter vor ihr stehen. Die hinteren Türen öffneten sich, und ein kräftig gebauter Mann trat auf die Straße und bewegte sich träge und plump vorwärts.
    Sie sah ihn an und trat einen Schritt näher. »Hans!«, rief sie. »Hallo, ich bin's, Annika Bengtzon.« Hans Blomberg, der Archivar der
Norrlands-Tidningen,
sah auf und begegnete ihrem Blick.
    »Was tun Sie denn hier?«, fragte Annika.
    »Ich wohne hier«, antwortete der Mann und lächelte freundlich. »Im Torsvägen.«
    Er zeigte über die Schulter auf die Vierziger-Jahre-Bauten des Wohnviertels.
    »Tatsächlich?«, sagte Annika, und der Bus fuhr weiter. Sie trat einen Schritt näher und sah ihm in die Augen, und im gleichen Moment ging ihr ein Licht auf.
    Plötzlich erinnerte sie sich wieder daran, wo sie die Zeichnung eines gelben Drachens schon einmal gesehen hatte. Sie hatte geglaubt, eine Kinderzeichnung vor Augen zu haben, die einen gelben Dinosaurier zeigte, und zwar an Hans Blombergs Pinnwand im Archiv der
Norrlands-Tidningen.
Unwillkürlich wich sie zwei Schritte zurück.
    »Die Frage ist doch wohl eher, was Sie hier tun«, sagte Hans Blomberg.
    Der Bus verschwand jenseits der Hügelkuppe, und der Mann stellte sich, die Hände in den Taschen vergraben, ganz dicht vor sie. Im Mondlicht waren seine Augen fast durchsichtig.
    Sie lachte nervös.
    »Ach, ich bin nur wegen eines Jobs unterwegs und habe mich verfahren. Können Sie mir vielleicht sagen, wo ich die Föreningsgatan finde?«
    »Sie stehen auf ihr«, meinte der Archivar amüsiert. »Habt ihr Stockholmer denn gar keinen Orientierungssinn?«
    »Der war gerade ausgegangen, als ich gemacht wurde«, sagte sie und konnte kaum noch sprechen.
    »Wen wollten Sie denn treffen?«
    Sie zuckte mit den Schultern.
    »Ist egal, ich habe die Deadline sowieso schon verpasst«, meinte sie.
    »Dann müssen Sie aber unbedingt hereinkommen und sich aufwärmen«, sagte er. »Darf ich Sie zu einer Tasse Tee einladen?«
    Sie suchte fieberhaft nach einer Ausflucht, aber der Mann scherte sich nicht um ihr Zögern, sondern hakte sich mit einem festen Blick bei ihr ein und ging los.
    »Ich wohne in einer kleinen Zweizimmerwohnung im Souterrain«, sagte er. »Sie ist nicht besonders schön, aber was soll man machen, wenn die Konsumgesellschaft keinen Platz mehr für einen hat?«
    Sie versuchte vorsichtig, sich aus seinem Griff zu befreien, musste jedoch feststellen, dass ihr Arm wie in einem Schraubstock festsaß.
    »Es kommt nicht oft vor, dass jemand wie ich so vornehmen Besuch hat«, fuhr er fort. »Hübsche Damen aus der fernen Hauptstadt.«
    Er lächelte sie gutmütig an, aber sie versuchte erst gar nicht, sein Lächeln zu erwidern.
    »Welcher von den dreien sind Sie?«, sagte Annika. »Der Panther, der

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