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Der Rote Wolf

Der Rote Wolf

Titel: Der Rote Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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hölzernen Bewegungen näher und schielte auf das Blatt, das er las.
    Es war natürlich ihr Artikel, und sie ließ sich mit steifem Rücken nieder.
    »Was treiben Sie nur?«, sagte er, ohne aufzublicken, und versuchte dabei, bekümmert oder vielleicht auch verächtlich zu klingen.
    Sie starrte ihn an, glaubte immer noch zu fallen und fühlte sich völlig erschöpft.
    »Ich habe einen Artikel geschrieben, der morgen in der Zeitung erscheinen soll«, sagte sie mit vollkommen tonloser Stimme.
    Er griff nach einem Stift und klopfte damit auf den Computerausdruck.
    »Es dürfte Ihnen nicht entgangen sein, dass ich der Herausgeber dieser Zeitung bin«, sagte er. »Ob dieser Artikel veröffentlicht wird oder nicht, entscheide ich.«
    »Und?«
    »Und ich sage nein.«
    Sie bemühte sich, keine Miene zu verziehen.
    »Dann gehe ich damit woandershin.«
    »Das können Sie nicht machen«, sagte Anders Schyman.
    »Und ob ich das kann«, erwiderte sie schnell. »Der
Arbeiter
wäre sicher nicht zu feige, ihn zu bringen. In den fünfziger Jahren haben sie Vilhelm Mobergs Artikel über Korruption im Rechtswesen veröffentlicht. Die würden meinen Artikel sofort annehmen.«
    »Ich verbiete es Ihnen.«
    »Schon mal was von Meinungsfreiheit gehört? Von Demokratie? Wenn mein Arbeitgeber, also das
Abendblatt,
einen Artikel aus meiner Feder ablehnt, habe ich das Recht, damit zu einer anderen Zeitung zu gehen.«
    Ihr Puls hatte sich beschleunigt, sie sah seine Zweifel und dass er auf Distanz zu ihr ging. Sekundenlang blieb es still.
    »Ich musste heute ein höchst unerfreuliches Telefonat führen«, sagte er. »Wer ist Sophia Grenborg?«
    Der Boden öffnete sich unter ihr, und sie wurde blass.
    »Wieso?«, fragte sie.
    »Woher kennen Sie diese Frau?« »Sie ist die … Kollegin meines Mannes.«
    »Aha«, sagte Schyman, und seine Augen blitzten auf. »Sie hat also mit Ihrem Mann zusammengearbeitet. Wie eng denn?« Sie war völlig verwirrt.
    »Hat sie hier angerufen?«, sagte Annika und hörte selbst, wie nervös sie klang.
    »Nein, sie nicht«, antwortete Schyman, »aber ihr Chef beim Landtagsverband.
    Wissen Sie, wovon ich rede?«
    Sie schüttelte den Kopf, ihr Mund war ausgedörrt.
    »Die Leute vom Landtagsverband sagen, dass Sie in diversen Abteilungen des Verbands angerufen und verschiedene Andeutungen über diese Frau gemacht hätten. Ist das wahr?«
    Annika holte tief Luft.
    »Ich habe Tipps bekommen«, sagte sie.
    Anders Schyman nickte, sah auf seinen Schreibtisch und klopfte wieder mit dem Stift.
    »Okay«, meinte er. »Ihnen ist also zu Ohren gekommen, dass diese Frau Steuern hinterzieht, Gelder veruntreut und noch dazu in rechtsextremen Kreisen verkehrt?«
    Annika klammerte sich an die Stuhllehne, das Gespräch hatte ganz und gar nicht die Wendung genommen, die sie sich vorgestellt hatte.
    Sie nickte.
    »Wie eng hat sie mit Ihrem Mann zusammengearbeitet?« »Nicht besonders eng, sie gehörten nur zur gleichen Arbeitsgruppe.«
    »Viele Überstunden, viel Arbeit in den Abendstunden?«, sagte Schyman und lehnte sich zu ihr vor.
    Annika streckte sich.
    »Einige«, antwortete sie.
    Es wurde still, und sie musste schlucken.
    »Die Leute beim Landtagsverband haben Sie durchschaut«, sagte der Chefredakteur bedächtig, »nur dass Sie es wissen. Die haben kapiert, dass Sie nur jemanden verleumden wollten. Dennoch lassen sie die Frau gehen. Und wissen Sie, warum?«
    Erschüttert und verwirrt sah Annika Schyman an. Sie lassen Sophia Grenborg gehen? Sie wird gefeuert? Sie verschwindet?
    »Der Landtagsverband wird im Laufe des Frühjahrs mit dem Gemeindetag fusionieren« sagte der Chefredakteur mit kalter Stimme. »In der momentanen Situation ist ihnen deshalb das Risiko einer schmutzigen Verleumdungskampagne in der Boulevardpresse zu groß. Wenn ihre Glaubwürdigkeit jetzt in Frage gestellt würde, brächte das die gesamte Fusion in Gefahr, auf die sie vier Jahre lang hingearbeitet haben.«
    Es hielt den Chefredakteur nicht länger auf seinem Stuhl, er musste aufstehen, drehte eine Runde durch das Büro und beugte sich dann über sie.
    »Halten Sie mich eigentlich für blöd?«, sagte er. »Sie ist Ihrem Mann zu nahe gekommen, nicht wahr? Wie nahe? Haben die beiden in Ihrem Ehebett gevögelt?«
    Sie hielt sich die Ohren zu und schloss die Augen.
    »Hören Sie auf«, schrie sie.
    »Was unterstehen Sie sich?«, brüllte er ihr ins Gesicht. »Wie können Sie es wagen, Ihre Stellung bei dieser Zeitung für Ihre verdammten Privatmachenschaften

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