Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Rote Wolf

Der Rote Wolf

Titel: Der Rote Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
Vom Netzwerk:
aus.
    »Das ist schön zu hören«, sagte sie. »Was halten Sie von seiner Geschichte?«
    »Ich selbst habe noch gar nicht mit ihm gesprochen, denn seit halb sechs, als ihr die Meldung an die Nachrichtenagenturen weitergegeben habt, habe ich nur am Telefon gehangen, aber die ermittelnden Beamten sind mit Linus vor Ort gewesen und halten ihn für glaubwürdig.«
    »Schnelle Arbeit«, sagte Annika und versuchte, beeindruckt zu klingen.
    »Sie wollten die Sache hinter sich bringen, solange es noch dunkel war, damit die gleichen Bedingungen herrschten wie zur Tatzeit, und bevor die Medien wach wurden. Ich glaube, das ist ihnen gelungen.«
    »Und?«, sagte sie und bremste an einer Ampel unmittelbar vor der Bergnäs-Brücke.
    »Sagen wir mal, der Fall fällt jetzt nicht mehr unter die Rubrik Fahrerflucht, sondern vorsätzlicher Mord.«
    »Werden Sie das Landeskriminalamt einschalten?«
    Suups Antwort blieb vage.
    »Wir werden sehen, wie weit wir nach den ersten Ermittlungstagen gekommen sind …«
    Die Ampel sprang auf Grün um, und sie rutschte über die Kreuzung am Granuddsvägen.
    »Benny hat in den letzten Monaten eine ganze Artikelserie über Terrorismus geschrieben«, sagte Annika. »Ich komme gerade von F21, glauben Sie, sein Tod könnte etwas mit seinem Bericht über den Anschlag da draußen zu tun haben oder mit etwas anderem, was er geschrieben hat?«
    »Darüber möchte ich nicht spekulieren. Könnten Sie bitte einen Moment dranbleiben?«
    Er wartete ihre Antwort nicht ab, und es knallte in ihrem linken Ohr, als der Kommissar den Hörer weglegte. Anschließend hörte sie Schritte, und ein dumpfer Knall verriet ihr, dass Suup eine Tür geschlossen hatte.
    »Aber es gibt da eine Sache, die ich heute Morgen mit Fliegerhauptmann Pettersson diskutiert habe und die Sie betrifft«, sagte er, als er zum Telefon zurückgekehrt war. Überrascht nahm sie den Fuß vom Gas.
    »Ich möchte das lieber nicht am Telefon besprechen«, fuhr der Kommissar fort.
    »Könnten Sie heute Nachmittag ins Präsidium kommen?«
    Sie schüttelte heftig den Arm, um ihre Armbanduhr aus dem Jackenärmel zu bekommen.
    »Eigentlich nicht«, sagte sie, »meine Maschine geht schon um 14.55 Uhr, und ich muss vorher noch zur
Norrlands-Tidningen.«
    »Dann können wir uns da treffen«, sagte er. »Ein Team von uns ist gerade dort, und ich habe dem Herausgeber soeben versprochen, vorbeizuschauen und Bennys Kollegen vor Ort über den Stand der polizeilichen Ermittlungen zu informieren.«
    Das Gesicht der Frau am Empfang der Zeitung war verquollen und verheult.
    Annika näherte sich ihr vorsichtig und andachtsvoll und spürte deutlich, dass sie störte.
    »Die Zeitung ist heute für Besucher geschlossen«, sagte die Frau abweisend.
    »Kommen Sie morgen wieder.«
    »Ich heiße Annika Bengtzon«, sagte Annika behutsam, »ich war es, die …«
    »Haben Sie keine Ohren?«, unterbrach die Frau sie, stand auf und begann zu zittern. »Wir trauern hier heute bei der Zeitung, wir sind in Trauer, einer unserer Redakteure ist … von uns gegangen. Also haben wir geschlossen. Den ganzen Tag. Gehen Sie jetzt.«
    Annika verlor die Beherrschung.
    »Das ist doch wirklich zum Kotzen«, sagte sie. »Ja, ist denn die ganze Welt verrückt geworden? Bitte vielmals um Entschuldigung, dass es mich gibt.«
    Sie kehrte der Empfangsdame den Rücken zu und ging auf die Treppe zu, die in die Redaktion hinaufführte.
    »Hallo!«, schrie die Frau. »Sie befinden sich in den Räumen eines Privatunternehmens. Kommen Sie sofort zurück.«
    Annika blieb nicht stehen, sondern warf nur einen Blick über die Schulter und sagte:
    »Dann erschießen Sie mich doch.«
    Bereits nach wenigen Schritten hörte sie, dass im ersten Stock eine Art Gedenkfeier stattfand. In dem kleinen Flur vor den Redaktionsräumen sah sie die Teilnehmer, eine farblose Masse, graue Haare, dunkelgraue Jacketts, braune Polohemden. Gebeugte Rücken, verschwitzte Nacken, der verwirrte Zorn, der einen Menschen blutleer und stumm werden lässt.
    Sie schob sich in die hinterste Reihe und versuchte sich unsichtbar zu machen, während sie sich gleichzeitig streckte, um den Mann sehen zu können, der vorne sprach.
    »Benny hatte keine eigene Familie«, sagte er, ein Zeitungsmann mittleren Alters in einem dunklen Anzug und mit glänzenden Schuhen. »Denn wir waren seine Familie. Er hatte uns, und er hatte die
Norrlands-Tidningen.«
    Die Menschen im Raum reagierten nicht auf die Worte, alle waren erfüllt von ihrer eigenen

Weitere Kostenlose Bücher