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Der Rote Wolf

Der Rote Wolf

Titel: Der Rote Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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dem Bad kam, saß sie an einem Tisch aus rauchfarbenem Glas in ihrer Designer-Küche und hatte sich eine Mentholzigarette angezündet.
    »Du musst nach Hause fahren?«, sagte sie, und es war tatsächlich eine Frage.
    Er nickte, setzte sich und versuchte sich über seine Gefühle klar zu werden. Vor allem war er zufrieden, lächelte sie an und berührte ihre Hand.
    »Jetzt gleich?«
    Er blieb einen Moment regungslos sitzen und nickte dann. Sie drückte die Zigarette aus, zog ihre Hände zurück und legte sie gefaltet in den Schoß.
    »Liebst du deine Frau?«, fragte sie und starrte die Tischplatte an.
    Er schluckte und wusste nicht, was er sagen sollte. Liebte er sie?
    »Doch«, antwortete er schließlich, »ich glaube schon.«
    Er versuchte Annika vor seinem inneren Auge zu sehen, sich seiner Gefühle für sie klar zu werden.
    Als er noch mit Eleonor zusammenlebte, hatte er eines Nachts von Annika geträumt, und im Traum hatten ihre Haare gebrannt. Ihr Kopf war rundum mit Flammen bedeckt gewesen, die um ihr Gesicht tanzten, was ihr jedoch nichts auszumachen schien. Das Feuer war ihr Element und lief ihr wie Seide über Rücken und Schultern.
    Nach dieser Nacht hatte er sie oft so gesehen, als einen Menschen, der im Feuer wohnte.
    »In gewisser Weise ist sie maßlos«, sagte er. »Ihr fehlen gewisse Hemmschwellen, wie normale Menschen sie haben. Wenn sie sich einmal zu etwas entschlossen hat, ist sie bereit, alles dafür zu geben.«
    »Das klingt ein wenig unheimlich«, meinte Sophia.
    Er nickte bedächtig.
    »Und faszinierend«, sagte er. »Ich bin noch nie einem anderen Menschen begegnet, der so ist wie sie.«
    Sophia Grenborg lächelte ihn schüchtern und freundlich an. »Ich bin froh, dass du hergekommen bist.« Er lächelte zurück. »Ich auch.«
    »Soll ich dir ein Taxi rufen?«
    Er nickte, sah auf seine Hände und wartete still, während sie zum Telefon ging.
    »Es kommt in fünf Minuten«, sagte sie.
    Er trank seinen Kaffee, der zu stark und zu süß war, stand auf und stellte die Espressotasse auf die Spüle. Im Flur sammelte er seine Kleider ein und zog sich mit raschen, effektiven Bewegungen an.
    Als er sich den Mantel übergestreift und seine Aktentasche gefunden hatte, glitt sie hinter ihm in den dunklen Flur, ein heller Schatten aus Parfüm und Apfelduft.
    Sie schlang die Arme um seine Taille und legte die Wange an seinen Rücken.
    »Vielen Dank für diesen Abend«, hauchte sie.
    Er blinzelte, drehte sich um und küsste sie sanft.
    »Ich danke dir«, flüsterte er.
    Sie schloss hinter ihm ab, und er spürte ihren Blick durch den Spion in der Tür, bis der Aufzug nach unten fuhr.
    Als er auf die Straße trat, sah er, dass es angefangen hatte zu schneien. Sein Taxi war noch nicht gekommen. Er blieb stehen, legte den Kopf in den Nacken und sah in die fallenden Flocken hinauf.
    Ich frage mich, wie lange es dauern wird, bis mir eine ins Auge fliegt, dachte er.
    Kurt Sandström war ins Auge geschossen worden.
    Der erste Politikermord im Rahmen ihrer Arbeitsgruppe.
    Ihre Besprechung an diesem Abend war sehr gut verlaufen, kurz und konstruktiv. Alle waren schon bald zu der Auffassung gelangt, dass die Reaktionen der Medien keine Gefahr für das Projekt darstellen würden, sondern sich vielmehr positiv auswirken könnten. Sie hatten diesen Mord zwar nicht verhindert, konnten aber angesichts des Geschehenen von nun an wesentlich konstruktiver vorbeugend tätig werden.
    Morgen würden sie ihre Diskussion im Ministerium in der Regeringsgatan fortsetzen.
    Das Taxi glitt in dem stärker werdenden Schneefall so leise heran, dass er überrascht zusammenschreckte, als er es plötzlich erblickte. Er stieg ein und nannte dem Fahrer die Adresse. Dann musste er eingenickt sein, denn im nächsten Moment waren sie auch schon da. Etwas zittrig bezahlte er mit seiner privaten Karte, suchte seine Sachen zusammen, stieg aus und schaute zum Haus hinauf.
    In ihrer Wohnung brannte Licht, und er glaubte einen Schatten zu erkennen, der sich hinter den Fenstern bewegte.
    Annika war also noch nicht im Bett, dabei war sie nach ihren Jahren in der Nachtschicht abends eigentlich immer früh müde.
    Warum schlief sie nicht? Warum ging sie in der Wohnung auf und ab?
    Dafür konnte es nur zwei Gründe geben. Entweder, sie arbeitete noch, oder aber, sie hatte Verdacht geschöpft, und als er diesen Gedanken innerlich formuliert hatte, trafen ihn Schuldgefühle und Reue mit voller Wucht, und er fühlte sich wie gelähmt. Es schnürte ihm die

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