Der Rote Wolf
Perforierung erst einmal zu falzen, der Text ist mit einem Kugelschreiber geschrieben, jede zweite Zeile, und nimmt ungefähr die halbe Seite ein.«
»Noch was?«
»Schreib um Himmels willen, dass unser Foto gestellt ist.« »Ja, ja, ja. Wann kannst du abgeben?«
Sie sah auf die Uhr, hatte plötzlich wieder festen Boden unter den Füßen.
»Wann willst du es haben?«
Thomas trat aus dem rußgeschwärzten Inneren des Jazzclubs und landete auf einer hell erleuchteten Straße. Seine Beine waren vom Bier ein wenig unstet, und in seinem Kopf vibrierte noch die Musik. Er war eigentlich kein großer Jazzfan, eher ein Anhänger der Beatles, aber diese Band war wirklich gut gewesen, hatte technisch versiert, melodiös und mit viel Gefühl gespielt.
Hinter sich hörte er Sophias helles Lachen, das ihre Antwort auf eine Bemerkung war, die ein Typ an der Garderobe gemacht hatte. Sie kannte alle in dem Lokal, war ein richtiger Stammgast, weshalb sie auch den besten Tisch bekommen hatten. Er ließ die Tür zufallen, knöpfte seinen Mantel zu und stellte sich mit dem Rücken zum Wind, während er auf Sophia wartete. Der Lärm der Stadt klang nach den sanften Melodien unrhythmisch und schräg. Er schaute zu einer Neonreklame über seinem Kopf, und seine Haut verfärbte sich lila, grün und blau.
Sie war so ungezwungen und fröhlich, ihr Lachen perlte wie silberne Frühlingsbäche über dunkle Jazzböden und massive Vorstandstische. Sie war ehrgeizig und pflichtbewusst und dankbar für alles, was das Leben ihr bescherte.
In ihrer Gegenwart fühlte er sich rundum wohl. Sie respektierte ihn, hörte auf ihn, nahm ihn ernst. Er brauchte sich nie dafür zu rechtfertigen, wer er war, sie jammerte nie und hackte nicht auf ihm herum. Dafür zeigte sie echtes Interesse, wenn er von seinen Eltern und seiner Kindheit in Vaxholm erzählte. Außerdem segelte sie, ihre Familie hatte ein Sommerhaus auf Möja in den Schären.
Er hörte sie kommen, drehte sich um und sah, wie sie in ihren zierlichen Stiefeln und dem engen Rock aus der Dunkelheit hervortrat und vorsichtig die wenigen Stufen hinabstieg.
»Am Freitag machen sie eine Jamsession«, sagte Sophia. »Das kann richtig klasse werden. Einmal bin ich bis halb sieben am nächsten Morgen geblieben, es war ekstatisch.«
Er lächelte sie an, wurde in das matte Blau ihrer Augen gesogen. Sie stellte sich vor ihn, schob die Schultern hoch, vergrub die Hände tief in die Manteltaschen und strahlte ihn an.
»Frierst du?«, fragte er und merkte, dass sein Mund ausgedörrt war. Sie strahlte weiter und schüttelte den Kopf.
»Überhaupt nicht«, sagte sie. »Mir ist ganz warm.«
Er gab auf und zog sie an sich. Ihr Scheitel landete direkt unter seiner Nase, sie war etwas größer als Annika, ihre Haare rochen nach Apfel. Sie legte ihre Arme um ihn, hielt ihn fest. Er war so erregt, dass es ihm den Atem verschlug und er aufstöhnte.
»Thomas«, flüsterte sie an seiner Brust. »Wenn du wüsstest, wie sehr ich mich danach gesehnt habe.«
Er schluckte und schloss die Augen, umarmte sie noch fester nd atmete ihre Düfte ein, sie roch nach Apfel und Parfüm und der Wolle ihres Mantels. Als er sie losließ, sah sie zu ihm auf. Er atmete mit offenem Mund, während er in ihre Augen starrte und merkte, dass ihr Atem schneller ging.
Wenn ich es tue, führt kein Weg mehr zurück, dachte er.
Wenn ich jetzt meinem Gefühl nachgebe, bin ich verloren.
Und er beugte sich vor und küsste sie unendlich leicht und vorsichtig, ihre Lippen waren kalt und schmeckten nach Gin Tonic und Mentholzigaretten. Ihm lief ein Schauer über den Rücken. Dann machte sie einen kleinen, fast unmerklichen Schritt auf ihn zu, und ihre Zähne stießen zusammen. Die Wärme ihres Mundes drang in seinen, und in der nächsten Sekunde dachte er, er würde explodieren, oh mein Gott, er musste diese Frau haben, er musste sie jetzt haben.
»Kommst du mit zu mir?«, flüsterte sie an seinem Kinn.
Er konnte nur nicken.
Sie löste sich aus der Umarmung und winkte mit der ihr eigenen Effektivität ein Taxi heran. Dazu setzte sie eine Miene auf, die den alltäglichen Repräsentationspflichten des Landtagsverbands entsprach, glättete ihre Haare und warf ihm gleichzeitig über das Autodach hinweg feurige Blicke zu. Sie stiegen in den Volvo, und sie nannte dem Fahrer die Adresse ihrer Wohnung auf Ostermalm. Anschließend hockte jeder von ihnen in seiner Ecke der Rückbank, und sie verschränkten ihre Hände krampfhaft unter ihrer
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