Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Rote Wolf

Der Rote Wolf

Titel: Der Rote Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
Vom Netzwerk:
vernehmlich.
    »Keine Konfliktherde?«
    Er zog die Hand zurück, um zu verbergen, dass ihm der Schweiß ausbrach.
    »Solange wir gemeinsame Ziele und eine Reihe unabhängiger Akteure bei diesem Projekt haben, funktioniert alles reibungslos«, erklärte er und begriff selbst nicht, was er mit seinen Worten sagen wollte.
    »Diese Sophia Grenborg, wie ist sie so?«
    Er machte den Mund auf, bekam jedoch keine Luft.
    »Oh«, hörte er sich sagen. »Sie wissen schon, tüchtig, ein bisschen langweilig.
    Oberklasse, hat in ihrem Leben niemals Rückschläge hinnehmen müssen …«
    Der Informationsdirektor sah ihn erstaunt an.
    »Ich meinte eher, wie sich mit ihr zusammen arbeiten lässt. Schiebt sie die Interessen des Landtagsverbands zu unserem Nachteil in den Vordergrund?«
    Thomas merkte zu seiner Verzweiflung, dass er rot wurde, was für ein idiotischer Fehler war ihm da bloß unterlaufen.
    »Man muss schon ein bisschen auf der Hut sein«, antwortete er. »Man darf denen nicht das ganze Feld überlassen, es geschieht schon eine gewisse Positionierung vor dem anstehenden Kongress, denke ich …«
    Der Informationsdirektor nickte konzentriert.
    »Ich verstehe«, sagte er. »Hören Sie, könnten Sie möglichst bald einmal Ihre Erfahrungen mit der Zusammenarbeit innerhalb Ihres jetzigen Arbeitsbereichs, aber vor allem auch in Bezug auf die Frage der Regionen, zusammenfassen?«
    »Sicher«, sagte Thomas und strich seine Krawatte glatt. »Wenn Sie Ihre Anweisung konkreter formulieren, mache ich das sofort.«
    Der Informationsdirektor boxte Thomas leicht gegen die linke Schulter.
    »Das klingt gut«, sagte er und schob sich durch die Tür.
    Der Raum leerte sich. Thomas blieb zurück und schloss seine Aktentasche. Eine Sekretärin hatte die Fenster zum Lüften aufgerissen, und kühle Luft strich um seine Beine und unter sein Jackett.
    Wie lief eigentlich die Zusammenarbeit mit dem Landtagsverband? Sophia Grenborg, wie war sie eigentlich?
    Thomas verdrängte den Gedanken, nahm seine Aktentasche und ging entschlossen zu den Aufzügen. Einige der Abteilungsleiter standen scherzend zusammen, während sie warteten, er lächelte ihnen kurz zu und nahm anschließend die Treppe nach unten.
    Der Korridor vor seinem Büro war still und dunkel, die Muster an den Wänden wurden von den Wandlampen verstärkt und verzerrt, die ihr Licht in brunnenförmigen Schatten verbreiteten. Er eilte in sein Zimmer, schloss die Tür und sackte hinter dem Schreibtisch in sich zusammen.
    So konnte er nicht weitermachen. Wie hatte er es nur so weit kommen lassen können? Alles, wofür er all die Jahre gekämpft hatte, drohte nun zu scheitern.
    Das Vertrauen, das er in seiner Familie und bei seinem Arbeitgeber aufgebaut hatte, war keinen Pfifferling mehr wert, wenn er mit einer Mitarbeiterin des Landtagsverbands im Bett erwischt wurde. Sein Blick fiel auf das Porträt Annikas und der Kinder, das in einem Silberrahmen auf seinem Schreibtisch stand. Es war eine Aufnahme, die er im letzten Sommer am siebzigsten Geburtstag seiner Tante gemacht hatte. Das Bild wurde ihnen nicht gerecht. Die Kinder waren herausgeputzt und ein wenig steif, und Annika trug ein knielanges Kleid, das ihren kantigen Körper weicher erscheinen ließ. Sie hatte ihre Haare geflochten, sodass sie ruhig und beherrscht als Zopf auf ihrem Rücken lagen.
    »Das sagt einiges darüber, was für ein Bild von uns du anderen Leuten vermitteln möchtest«, hatte Annika gemeint, als sie sah, welches Bild er für den Rahmen in seinem Büro auswählte.
    Er hatte nichts erwidert, weil er sich nicht auf eine Diskussion einlassen wollte, die doch zu nichts geführt hätte. Ihm war es wichtig, wie andere ihn sahen, das stimmte. Die Wirkung, die man auf andere hatte, zu ignorieren, war verantwortungslos und dumm, das war seine feste Überzeugung. Annika sah es genau umgekehrt.
    »Man kann nicht von allen geliebt werden«, sagte sie bisweilen. »Es ist besser, Stellung zu beziehen, als es allen immer recht machen zu wollen.«
    Er strich mit der Hand über den strengen, matten Metallrahen, und seine Finger verharrten bei Annikas runden Brüsten. Das Haustelefon klingelte, und er schreckte zusammen.
    »Sophia Grenborg vom Landtagsverband möchte zu Ihnen. Kommen Sie herunter und holen Sie hier ab?« Ihm brach der Schweiß aus.
    »Nein, nicht nötig«, antwortete er. »Sie kennt den Weg, Sie können sie heraufschicken.«
    Er legte auf, erhob sich, öffnete die Tür einen Spaltbreit und sah sich in seinem Büro

Weitere Kostenlose Bücher