Der Rote Wolf
erweisen sollte.
Annika hatte Zeit, die Immobilien-Website zu durchstöbern und sich sämtliche Informationen über alle Häuser im gesamten Großraum Stockholm durchzulesen. Sie begeisterte sich für ein fantastisches neues Haus auf dem Vinterviksvägen in Djursholm für schlappe 6,9 Millionen, holte sich einen Kaffee und unterhielt sich ein wenig mit Berit, versuchte, Thomas über das Handy zu erreichen, und hinterließ Anne Snapphane eine Nachricht, ehe es wieder im Hörer raschelte.
»Ich habe schon einfachere Anfragen bearbeitet«, sagte der Archivar und seufzte schwer. »Was meinen Sie eigentlich, wie viele Göran Nilssons wir im Archiv haben?«
»Zweiundsiebzigeinhalb«, erwiderte Annika.
»Ganz genau«, sagte Hans Blomberg. »Und der einzige aus Sattajärvi, den ich auftreiben konnte, taucht in einem Hochzeitsaufgebot auf.«
Annika hob die Augenbrauen, ihre Hoffnung schwand.
»Ein Aufgebot? Ist das nicht etwas, das der Pfarrer in der Kirche verkündete, wenn die Leute heiraten wollten, im neunzehnten Jahrhundert oder so?«
»Nun ja«, meinte Hans Blomberg, »genau genommen war die Verkündung eines Aufgebots noch bis 1973 vom Staat vorgeschrieben, aber bei der Sache mit dem Pfarrer liegen Sie nicht ganz falsch. Drei Sonntage in Folge sollte früher eine geplante Hochzeit den Menschen zur Erbauung angekündigt werden.«
»Und warum stand es dann in der Zeitung?«
Hans Blomberg dachte nach.
»Das war damals wohl einfach so, es gab sogar eine eigene Rubrik dafür. Der Ausschnitt stammt vom 29. September 1969, soll ich ihn vorlesen?«
»Ja, bitte.«
»›Gemeindeassistent Göran Nilsson, geboren in Sattajärvi, wohnhaft in Lulea, und die Studentin Karina Björnlund, geboren und wohnhaft in Karlsvik. Die Trauung findet am Freitag, den 20. November, um 14 Uhr im Rathaus von Lulea statt.‹«
Ihr Stift flog förmlich über das Papier, damit sie bei seinen Worten mitkam, dann bekam sie eine Gänsehaut, großer Gott, das konnte doch nicht wahr sein.
Sie zwang sich, Ruhe zu bewahren, denn sie konnte erst sicher sein, wenn sie alles nachgeprüft hatte.
»Rundum zufrieden?«, erkundigte sich Hans Blomberg.
»Absolut«, sagte Annika heiser. »Tausend Dank. Sie sind ein Jahrgangschampagner.«
»Stets zu Diensten, meine Gnädigste.«
Sie legten auf, und Annika hielt es nicht länger auf ihrem Stuhl. Yes! Ihr schwirrte der Kopf, das Blut rauschte in den Ohren. Ungestüm lief sie in die Redaktion hinaus, bis sie erkannte, dass sie im Grunde noch nichts in der Hand hatte, noch nicht, und holte sich daraufhin am Automaten einen Kaffee und lief zu Berit.
»Woher stammt eigentlich unsere Kultusministerin?«, fragte sie.
Berit blickte von ihrem Bildschirm auf, die Brille saß ihr auf der Nasenspitze.
»Aus Nordschweden, ich glaube, aus Lulea.«
»Nicht zufällig aus einem Ort namens Karlsvik?«
Berit nahm die Brille ab und ließ die Hände in den Schoß sinken.
»Keine Ahnung«, sagte sie. »Warum fragst du?«
»Wo wohnt sie denn jetzt?«
»In einem Vorort von Stockholm, irgendwo Richtung Norden.« »Verheiratet?«
»Lebensgefährte, keine Kinder. Worauf willst du hinaus?«
»Ach, es geht nur um eine Information«, sagte sie, »um eine alte Anzeige von einem Hochzeitsaufgebot, die ich überprüfen muss.«
»Hochzeitsaufgebot?«, sagte Berit, aber Annika verließ sie ohne eine weitere Erklärung, kehrte mit abwesendem Blick in ihr Büro zurück, setzte sich und starrte den Bildschirm an, während sich ihr Puls langsam wieder beruhigte. Dann zog sie sich die Tastatur heran und begann nach der Wahrheit zu suchen.
Sie fing mit der Homepage der Regierung an und lud sich ein Informationsblatt über die Kultusministerin als pdf-Datei herunter.
pa war das Bild einer schief lächelnden Karina Björnlund und Informationen zu ihren Aufgabengebieten: das kulturelle Erbe, die verschiedenen Kunstformen, das gedruckte Wort, Radio und Fernsehen sowie Glaubensfragen. Dem Lebenslauf des Blattes entnahm sie, dass Björnlund 1951 geboren war, ihre Kindheit in Lulea verbracht hatte und heute mit ihrem Lebensgefährten in Knivsta wohnte.
Nichts über Karlsvik, dachte Annika und startete eine Suche im staatlichen Personen- und Adressenregister. Als Erstes gab sie Karina Björnlund Knivsta ein und bekam einen Treffer angezeigt, eine 1951 geborene Frau, dann klickte sie die Rubrik »Persönliche Daten« an und erhielt den Namen der Kirchengemeinde, in der ihre Geburtsurkunde ausgestellt worden war:
NiederLulea.
Annika
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