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Der rote Würfel

Der rote Würfel

Titel: Der rote Würfel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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gleiche mit seinem tat. Er bat um die Erlaubnis, menschliches Blut und das eines Vampirs in die kostbare Lebensflüssigkeit von Jesus Christus zu verwandeln. Das Genie mag einen Menschen zum Fanatiker machen. Aber ein Fanatiker wird nie auf irgend etwas anderes hören als auf seine eigenen Träume. Arturo war sanft und freundlich, warmherzig und liebevoll. Doch er war auch überzeugt davon, eine große Bestimmung zu haben. Hitler war der gleichen Überzeugung. Beide strebten etwas an, das es in der Natur niemals gegeben hatte – das perfekte Wesen. Und ich, das Monster aus der Urzeit, wollte doch bloß ein Kind. Arturo und ich hätten uns nie begegnen dürfen.
Aber vielleicht lag ja in unserer Begegnung auch schon Bestimmung.
Mein Blut wirkte so dunkel im Kelch.
Dem heiligen Kelch gelang es nicht, meine düstere Stimmung zu vertreiben.
Arturo hatte vor, mein Blut über dem Kopf ausgewählter Personen zu plazieren. Die Schwingung meiner Unsterblichkeit zu vereinen mit der eines Sterblichen. Wenn er die Aura veränderte, dann transformierte sich Arturo zufolge auch der Körper. Von allen Menschen hätte gerade er doch wissen müssen, wie machtvoll mein Blut war. Er hatte mir tief in die Augen geschaut. Er hätte merken müssen, daß sich mein Wille nicht einfach dem Willen eines anderen unterordnet.
»Du gibst ihnen das Blut aber doch nicht in die Adern?« fragte ich ihn, als ich ihm den Kelch reichte. Er schüttelte den Kopf.
»Niemals«, schwor er. »Dein Gott ist auch meiner. Dein Gelübde wird ungebrochen bleiben.«
»Ich mache mir nichts vor«, erwiderte ich leise. »Einen Teil davon habe ich gebrochen.« Ich rückte näher an ihn heran. »Ich mache es für dich.«
In diesem Moment berührte er mich, etwas, was er ansonsten nur selten tat. Es fiel ihm schwer, mein Fleisch zu berühren und nicht daran zu verglühen. »Du machst es auch für dich selbst«, meinte er.
Ich genoß es, ihm tief in die Augen zu blicken. »Das stimmt. Aber so wie ich dies hier für uns beide tue, mußt du es auch tun.«
Er schien sich von mir zurückziehen zu wollen. Schließlich kam er mir aber sogar noch ein wenig näher. »Wie meinst du das?«
Ich küßte ihn auf die Wange. Es war das erste Mal. »Auch du mußt dein Gelübde brechen. Du mußt mit mir schlafen.«
Seine Augen weiteten sich. »Das kann ich nicht. Ich habe mein Leben Christus gewidmet.«
Mir war nicht nach Lachen zumute. Seine Worte waren ja auch nicht komisch, sondern eher tragisch. In ihnen verborgen lag der Samen all dessen, was noch folgen sollte. Zu jener Zeit konnte ich dies jedoch noch nicht erkennen, zumindest nicht klar und deutlich. Ich wollte ihn einfach unbedingt haben. Wieder küßte ich ihn, diesmal auf die Lippen.
»Du glaubst, daß dich mein Blut zu Christus führt«, sagte ich. »Ich weiß nicht, ob dem so ist. Aber ich weiß, wohin ich dich führen kann.« Ich stellte den Kelch mit meinem Blut ab und schlang die Arme um ihn. Die Flügel eines Vampirs, der seine Beute verschlingt. »Tu so, als sei ich dein Gott, Arturo. Wenigstens heute nacht. Ich werde es dir einfach machen.«
    Bei Arturos Prozedur gab es ein letztes Detail, das ich bei meiner ersten Sitzung nicht hatte erkennen können. Während ich mit all dem Brimborium um mich herum auf dem Boden lag, hatte er einen Spiegel über den Kristallen aufgehängt. Dieser Spiegel war auf einen anderen draußen abgestimmt, der das Mondlicht durch die Kristalle hindurchschimmern ließ. Es war genau dieser Lichteinfall – vom Quarzmedium noch verändert –, der die höheren Schwingungen in der Aura auslöste, die wiederum den Körper transformierte. Arturo ließ nie direktes Sonnenlicht auf die Kristalle einwirken, weil er meinte, daß es viel zu stark sei. Natürlich wußte er, daß Mondlicht mit Sonnenlicht identisch und nur durch kosmische Reflexion abgeschwächt ist.
    Mit eigenen Händen formte Arturo ein Kristallfläschchen, um mein Blut darin aufzubewahren.
Sein erstes Experiment übte er an einem von Geburt an zurückgebliebenen Kind aus der Nachbarschaft aus. Der Junge lebte auf der Straße und ernährte sich von den Brosamen, die ihm Fremde zuwarfen. Es war mein Wunsch gewesen, daß Arturo zunächst mit jemandem arbeitete, der ihn auf keinen Fall der Inquisition ausliefern konnte. Trotzdem ging Arturo ein großes Risiko ein, überhaupt an einem Menschen zu experimentieren. Die Kirche hätte ihn auf den Scheiterhaufen geworfen. Wie ich dieses selbstgerechte verlogene Dogma haßte! Arturo hatte keine

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