Der Rubin der Oger
ihn voller Abscheu an.
»Ich war Lord Sigurt unterstellt, weil sich der König auf die Begrüßung der Elfen konzentrieren wollte. Als sie angriffen, wurde ich von einem dieser Netze am Arm getroffen und verlor mein Schwert. Ich wollte von Sigurts Pferd eine Ersatzwaffe lösen, als mir der Lord ins Gesicht trat und mich anschrie, ich solle mir meine eigene Klinge zurückholen und seinen Rückzug decken. Kurz darauf traf mich ein Schlag am Kopf, und ich brach zusammen. Als ich wieder zu mir kam, sah ich den König tot vor mir liegen. Ihr hattet eine Schar Menschen um Euch versammelt, unter der sich auch mein Sohn befand. Ihr seid hierhergeflüchtet, und ich hielt es für eine gute Idee, Euch zu folgen. Jetzt zeigt mir, dass ich Recht hatte, oder verreckt elendig.«
Lord Felton wusste, was zu tun war. Er würde diesem Mann die Flucht ermöglichen, ihn nach Turmstein bringen, ihn dort Lord Sigurt gegenüberstellen und sich an dem erfreuen, was dann passierte. Leider hatte er immer noch keine Idee, wie sie die Flucht bewerkstelligen sollten, doch das Schicksal dieses Mannes spornte ihn an. Ein Klopfen unterbrach seine Gedanken. Felton sah sich suchend um. Eine junge Frau zeigte auf die hintere Wand.
»Dort, neben dem Gussofen«, sagte sie.
Felton zog seinen Dolch, näherte sich der Quelle des Geräuschs und hämmerte mit dem Griff gegen die Holzwand. Das Klopfen wurde erwidert. Diesmal im Takt eines alten Marschliedes, das Leutnant Tossil gern benutzte, um den jungen Rekruten das Marschieren beizubringen.
»Hallo, wer ist da?«, flüsterte Felton.
»Ich bin es, Eure Lordschaft, Leutnant Tossil. Wir holen Euch heraus.«
Felton erkannte die Stimme und die Dienstbeflissenheit, die darin lag, selbst in den geflüsterten Worten.
»Wie habt Ihr mich gefunden?«
»Ihr habt doch Euren Wappenschurz auf dem Dach ausgebreitet. Ich habe ihn gleich erkannt.«
Jetzt fiel es Felton wieder ein – die Glasscherben und die Luke auf dem Dach. Wenn nötig, erzwang sich das Schicksal seinen Weg auch durch Zufälle.
»Lord Felton«, meldete sich die Stimme Tossils wieder zu Wort, »Ihr müsst den Posten auf dem Dach des Hafenmeisters beobachten. Wenn wir ihn erledigt haben, lauft zum Osttor der Stadt. Dort wartet Verstärkung auf Euch.«
Felton war es schleierhaft, wie Tossil die Wachen ausschalten wollte, doch er war für jede Hilfe dankbar. Mit einem entschlossenen Klopfen gegen die Wand signalisierte er, dass er verstanden hatte. Dann wies er seine Mitgefangenen an, ihm zu folgen, sobald er nach draußen stürmen würde.
Felton postierte sich an der Tür und presste sein Gesicht fest an den schmalen Spalt, um möglichst viel sehen zu können. Der Wachposten der Elfen saß immer noch regungslos auf dem Dach, rund hundert Schritt von ihnen entfernt. Sein Blick bewegte sich langsam von einem Ende der Stadt zum anderen. In seiner Hand lag das lange Blasrohr bereit. Felton bemerkte einen zweiten Elfen, der sich nahe der Schiffe zwischen einigen Fässern verschanzt hatte.
Von Tossil und seinen Männern war nichts zu sehen. Feltons Blick schweifte über den Ostteil der Stadt. Er versuchte sich zu orientieren und einen Fluchtweg zu entdecken. Die eng zusammenstehenden Gebäude ließen nur erahnen, wohin die Gassen zwischen ihnen führten. Eine falsche Abzweigung und eine Sackgasse würden ihren sicheren Tod bedeuten.
Eine rasche Bewegung zwischen zwei Fischerhütten erregte Feltons Aufmerksamkeit. Doch so schnell sie gekommen war, verschwand sie auch wieder. Nichts blieb von ihr übrig, außer einem langen Schatten, der regungslos zwischen den Häusern verweilte. Felton gab es auf, weiter nach Hinweisen auf einen Angriff zu suchen und beschränkte seine Aufmerksamkeit wieder auf den Wachposten am Hafengebäude.
Der Elf kauerte in einer Haltung zwischen Hocken und Stehen und starrte in den westlichen Teil der Stadt. Die ungewöhnliche Haltung schien ihm nichts auszumachen. Sein Oberkörper wand sich hin und her, doch seine Augen fixierten einen festen Punkt.
Ein schwacher Brandgeruch drang Felton in die Nase.
Offenbar hatte Tossil zur Ablenkung ein Haus in Brand gesetzt. Wenn seine Idee sich als schlecht erwies, würde Tossil seinen Dienstherrn wohl zu Grabe tragen müssen.
»Macht euch bereit«, flüsterte Felton seinen Begleitern zu.
Kleine Rauchschwaden zogen über den Pier und zeigten an, dass eine schwache Brise herrschte.
Je weniger Wind, desto besser , dachte Felton. Ein Feuer in der Stadt konnte bei widrigen Umständen
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