Der Rucksackmörder
verdanken, dass neue Spuren auftauchten. Der 40-jährige Mann geht in den Belanglo Forest, um Brennholz zu sammeln, so wie er es seit Jahren getan hat.
Er findet Strandschuhe und Kleidungsstücke. Er verständigt die Polizei.
In einer erneuten Suchaktion, an der über 40 Polizisten teilnehmen, wird der Forst Zentimeter für Zentimeter durchkämmt, und schon bald kann man Erfolge aufweisen.
Weitere Kleidungsstücke werden gefunden. Unweit der Fundstellen der Leichen entdeckt man nun Patronenhülsen und weitere Spuren, die auf den ersten Blick mit den Opfern in Verbindung gebracht werden können.
Eine vernichtende Pressemitteilung jagt die andere. »Warum musste erst ein Holzsammler diese Beweisstücke finden?«, schrieben die Illustrierten. Warum hatte man eine weiträumige Durchsuchung des Forstes nicht bereits viel früher durchgeführt? Fragen über Fragen, die sich das Sonderdezernat von den Journalisten der Zeitungen und Fernsehstationen gefallen lassen musste.
Nun kam wieder Schwung in die Ermittlung dieses Falles. Man hatte Beweisstücke, doch noch lange keinen Täter. Noch einmal kramte man alle Akten von einschlägig Vorbestraften aus den Regalen.
Für Paul Onions war längst wieder der Alltag in seiner Heimat eingekehrt. Bis er Monate später in der Zeitung liest, dass man in Australien junge Rucksacktouristen ermordet aufgefunden habe und fieberhaft nach dem Täter fahnde. Erschrocken entnimmt er dem Artikel, dass die Opfer allesamt im Belanglo Forest aufgefunden wurden. Von diesem Augenblick an glaubt er im fernen England den Täter zu kennen. »Dieser Bill«, fährt es ihm durch den Kopf, und er beschließt, die Polizei in Australien aufgrund seiner Vermutung zu verständigen. Er ruft bei einer Polizeistation in Sydney an und schildert noch einmal ausführlich den Vorfall, den er am Hume Highway erlebte. Der Beamte bedankt sich, nimmt Onions Adresse und Telefonnummer auf und teilt ihm mit, dass man ihn umgehend zurückrufen werde.
Ein ernster Verdacht
Inzwischen zeichnet sich beim Aktenstudium von älteren, etwa gleich gelagerten Fällen immer mehr ein Tatverdächtiger ab.
Man wird aufmerksam auf einen lange zurückliegenden Fall.
Zwei Mädchen wurden damals in der Nähe des Belanglo Forest angegriffen, eines von ihnen sogar vergewaltigt. Dieser Fall wurde im Jahre 1971 auch gerichtlich verhandelt, doch der Täter wurde freigesprochen. Sein Name: Ivan Milat. Man nimmt die Akte genauer unter die Lupe und findet die Aussage von einer der beiden Frauen sehr bemerkenswert. Greta Pierce, die Ivan Milat in dem Prozess wiedererkannt haben wollte, hatte ausgesagt: »Ich bin mir sicher, dieser Mann wird morden!
Als es geschah, habe ich mich so hilflos gefühlt wie noch nie in meinem Leben. Ich habe noch nie so wenig Kontrolle über mein Leben gehabt wie in diesen Minuten. Ich dachte, ich musste sterben. Es war schrecklich.« Ivan Milat gerät immer mehr in den engen Kreis der Verdächtigen. Unter all den Hinweisen aus der Bevölkerung, die man nun aus einer ganz neuen Perspektive sieht, taucht immer öfter dieser Name auf.
Man beginnt, sich für ihn zu interessieren. Man fragt bei seinen ehemaligen Arbeitskollegen nach, und die wissen einiges zu berichten. Alle sind sich einig, Ivans Leidenschaft gehört seiner Harley-Davidson, seinem Geländewagen und seinen Gewehren.
Eine ehemalige Arbeitskollegin Milats gibt zu Protokoll:
»Milat machte mir eines Tages ein seltsames Angebot. Er sagte: Wenn du deinen Alten los haben willst, musst du es mir nur sagen. Kein Problem. Für fünfzig Dollar blase ich ihn dir schnell um. Wenn du das Geld nicht hast, leihe ich es dir, oder du zahlst es bei mir ab. Dabei sah er mir eindeutig auf den Busen.«
Als die Polizei die Geschichte einem anderen ehemaligen Kollegen Milats, sein Name ist Phil, erzählt, sagt er aus:
»Wundert mich nicht. Ivan hatte zwei Gesichter. Eines davon war dunkel und böse. Ivan hat eine Leidenschaft für Gewehre, und er besitzt sehr viele davon. Wenn wir uns Sexhefte anschauten, blätterte er lieber in Waffenkatalogen. Ich war einmal, es war Weihnachten 1989, bei ihm zu Hause, und er zeigte mir ein großes Messer. Auf der Klinge konnte man getrocknetes Blut erkennen. Als ich fragte, ob er denn beim Jagen war, lachte er nur und sagte: ›Damit habe ich ein Mädchen getötet! Es ist das Blut von einem Mädchen, das ich durch einen Stich außer Gefecht gesetzt habe.‹ Ich war so erschrocken, dass ich ihn nie mehr wieder besuchte. Ich habe
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