Der Ruf der Finsternis - Algarad 2
Zucken des Erschreckens durch den Körper des Herrn der Schatten. Seine Umrisse flackerten plötzlich wie eine Kerzenflamme aus schwarzem Feuer, die kurz vor dem Verlöschen ist.
»Herr, meine letzte Kraft geht zu Ende«, murmelte er stimmlos. »Lasst mich in die Grauen Sphären zurückkehren, damit ich mich im Tempel des Gottes Gogam erholen kann.«
Achest lachte höhnisch auf. »Dir missfällt diese Nachricht, mein treuer Diener, das wundert mich nicht. Ich brauche dir wohl nicht darzulegen, was die Entdeckung Garadins bedeutet: Der Meledos-Kristall verliert an Bedeutung für mich. Sobald Drynn Dur mit seinen Gredows die Festung eingenommen hat, sind wir im Besitz aller Geheimnisse der Dan-Ritter.« Er senkte seine Stimme, während er weitersprach. »Wir werden die Magie der Dan-Ritter unwirksam machen und ihre Macht zerstören, Algarad gehört dann uns. Die reife Frucht liegt auf dem Boden, wir müssen sie nur noch aufheben und uns einverleiben.« Sein leises Lachen huschte wie ein Gespenst durch die Säulengänge.
Der Bash-Arak verharrte reglos, doch in seinem Inneren überschlugen sich die Gedanken. Wenn Drynn Dur den Standort Garadins herausgefunden hatte, war das eine Katastrophe, bedeutete es doch, dass Achest ohne das riesige Schattenheer, das der Bash-Arak mithilfe des Meledos aufbauen wollte, ans Ziel seiner Pläne gelangen konnte. Achest brauchte die Unai nicht mehr aus den Grauen Sphären zu befreien; ihm, dem Herrn der Schatten, und seinem Gefolge drohten weitere Jahrhunderte lichtlosen Vergessens.
In erzwungener Ruhe verneigte er sich vor dem Todesfürsten. »Mein Meister, das sind Neuigkeiten, die mehr als erfreulich sind. Doch ich denke, wir sollten den Meledos keinesfalls seinem Schicksal überlassen, denn die Dan oder andere Mächte könnten versuchen, ihn gegen uns zu verwenden. Ich werde ihn finden, was mittlerweile ein Leichtes sein dürfte, da ihn kein Runenzauber mehr schützt. Doch erlaubt mir zunächst, mich in die Grauen Sphären zurückzuziehen, wo ich zu neuen Kräften kommen kann.«
Unter der weiten Kapuze des Todesfürsten war ein spöttisches Lächeln erkennbar, als er antwortete: »Gewiss doch, mein Diener. Aber vorher möchte ich dich an etwas sehr Wichtiges erinnern.«
Seine Gewänder raschelten, als er sich erhob und langsam, fast schwebend, die Graue Halle durchmaß. Der Bash-Arak folgte ihm in respektvollem Abstand. Am östlichen Ende blieben sie vor einer Truhe aus Eisen stehen, die sich auf ein Handzeichen des Todesfürsten öffnete. Achest streckte die Rechte aus und ließ aus der Truhe einen kleinen Gegenstand, durch Zauberkraft bewegt, in seine Hand gleiten. Es war eine Phiole aus Glas, in deren Innerem etwas schwamm, das wie ein Stück Fleisch aussah. Während Achest die Phiole von allen Seiten betrachtete, bewegte sich ihr Inhalt träge.
»Erinnerst du dich an jene ferne Zeit, als das Schicksal uns zusammenführte? Seit du mir damals ein Stück deines Herzens als Unterpfand für deine immerwährende Treue gabst, hast du deinen Geist für ewig an den meinen gebunden. Nichts kann diesen Bann mehr auflösen. Sollte ich nicht mehr sein, so wirst auch du dein Schicksal finden. Hintergehst du mich, wird es auch dein Schaden sein. Durch das magische Band, das zwischen uns geflochten wurde, bleibt mir kaum etwas verborgen.
Du versuchst, deine Gedanken vor mir geheim zu halten, aber ich spüre Verrat und Trug in deiner Seele. Darum rate ich dir: Versuche erst gar nicht, mich zu täuschen! Ich kenne deine verräterischen Gedanken schon lange. Du trachtest danach, den Meledos an dich zu reißen, mich vom Thron zu stürzen, um selbst den Platz dort einzunehmen und dich zum Herrscher Algarads auszurufen. Aber es wird dir nicht gelingen! Meine Macht ist zu groß, mein Wissen zu umfassend. Ich habe dich in der Hand, Herr der Schatten.«
Behutsam ließ er die Phiole wieder an ihren Platz in der eisernen Truhe gleiten und schloss den Deckel. Der Mechanismus der Verriegelung klackte und rasselte metallisch.
Es schien, als wichen durch die Worte Achests auch die letzten verbliebenen Lebensgeister aus dem Bash-Arak, er schrumpfte förmlich und krümmte sich vornüber. »Eure Macht ist wahrlich groß, mein Meister«, flüsterte er ergeben. »Verzeiht, wenn sich meine Gedanken auf Abwegen befanden. Auch ich bin nur ein schwacher Diener, dessen Geist in die Irre gehen kann. Ich werde mich des Vertrauens, das Ihr in mich setzt, würdig erweisen.«
»Und wieder spüre ich Falschheit in
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