Der Ruf der Finsternis - Algarad 2
beschlichen ihn immer wieder Zweifel, ob er ihnen trauenkonnte; Dualar mochte von ihrem guten Willen überzeugt sein, aber dennoch waren es Schattenwesen, die sich dem Bash-Arak dereinst aus freien Stücken angeschlossen und viel Leid unter den Menschen verursacht hatten.
30
Hoch rauschten die Wellen des Narnen-Meeres und brachen sich an den gewaltigen Rümpfen schwarzer Kriegsschiffe. Ein kräftiger Wind, ausgesandt von Achest, trieb die Flotte des Todesfürsten stetig voran. Schon vor einigen Tagen hatten die Dronth-Brecher den geheimen Hafen auf Caithas Dun verlassen und segelten nun mit tausenden von Kriegern und schwerem Kriegsgerät an Bord ihren Zielen entgegen. Ihre riesigen Segel, die schon von weitem sichtbar waren, verdunkelten den Horizont. Jedes der Schiffe lag tief im Wasser und schob unter seinen drei eisernen Rammspornen gewaltige Bugwellen vor sich her.
Sie hatten bereits viele Seemeilen hinter sich gebracht und befanden sich in Höhe der Nordküste Caithas Duns, als sich ihre Formation auflöste und sie in verschiedene Richtungen ausschwärmten.
Drei der Dronth-Brecher drehten nach Norden ab und nahmen Kurs auf Ealgronth und die weiter nördlich gelegenen Inseln. Ihr Auftrag lautete, die dort beheimateten Werften anzugreifen, in denen ein Gutteil der Flotte der Dan vor Anker lag. Mit ihrer Vernichtung wären die Dan bei ihrem Feldzug gegen Nagatha von jeder Unterstützung abgeschnitten.
Zwei weitere Kriegsschiffe machten sich auf den Weg durchdas Meer der Stille und steuerten Jorland und die Caran-Inseln an. Diese Ziele waren leicht einzunehmen, denn die Dan unterhielten dort nur kleine Garnisonen, da man außer von Piraten keine Überfälle befürchtete.
Die schwierigste und zugleich ehrenvollste Mission aber stellte der Angriff auf Meledin, die Hauptstadt des Reichs von Algarad, dar. Mit dieser Mission wären gerne alle Krieger Achests betraut gewesen, doch nur die besten von ihnen waren dazu auserwählt worden; sie durften mit den vier größten und schwerstbewaffneten Dronth-Brechern nach Caithas Eri und vor die Mauern Meledins segeln und ihre Fähigkeiten im Kampf beweisen. Jeder von ihnen wusste, dass die sechs Stadtmauern Meledins schier uneinnehmbar waren, aber das spielte für die Gredows keine Rolle. Ihr Auftrag lautete, den Feind in Bedrängnis zu bringen und seine Streitkräfte zu zerstreuen. Und wer konnte schon sagen, ob es ihnen am Ende nicht doch noch gelang, die stolze Stadt einzunehmen?
31
Das Geräusch rollender Kieselsteine ließ Osyn aus dem Schlaf schrecken. Er brauchte einige Augenblicke, um aus seinem Traum von den Wäldern von Rhun aufzutauchen und sich in der trostlosen Umgebung seines Verstecks in der Schlucht von Urgath zurechtzufinden. Gerne hätte er sich weiter in seiner Traumwelt aufgehalten, er sehnte sich nach frischer Luft, blauem Himmel und einem Streifzug durch die Wiesen und Wälder Gonduns, doch seine feinen Sinne hatten ihn augenblicklich erwachen lassen und ihm gemeldet, dasssich etwas dem Versteck in der Schlucht näherte. Während er sich aus den letzten Gespinsten des Traums befreite und müde über die Augen wischte, fragte er sich, wie lange er geschlafen haben mochte. Er hatte befürchtet, vor lauter Müdigkeit nicht rechtzeitig wach zu werden, bevor der Gredow zurückkehrte, und nun war es tatsächlich passiert. Wie nachlässig von ihm!
Vor sich hin fluchend fasste er nach dem Griff des Breitschwerts, rammte es in die Erde und zog sich daran in die Höhe. Seine Beine schmerzten und trugen ihn nicht mehr so zuverlässig wie früher – sie machten ihm die Gebrechen seines Alters nur allzu bewusst.
Lord Iru lag nicht weit entfernt auf dem kalten Boden und schlief; Osyn hatte sein Wams über dessen Oberkörper ausgebreitet, damit er nicht fror.
Der Comori lauschte. Wieder prasselten Steine den Hang hinab, dann hörte er schwere Schritte, und wenig später tauchte Uceks Umriss aus den Dampfwolken auf. Missmutig stapfte der Gredow heran. Mit Erleichterung stellte Osyn fest, dass der Zauberbann noch immer wirksam war.
Ucek blieb vor Osyn stehen, griff über seine rechte Schulter und zog etwas Längliches herab, das er vor ihm in den Staub warf. »Das ist ein Kruk«, sagte er. »Gredows essen diese Tiere gerne, man findet sie aber nur selten in Caithas Dun.«
Der Zauberer wich angeekelt zurück, als er das Tier genauer in Augenschein nahm. Der lang gezogene Körper erinnerte an den einer Schlange, an beiden Seiten sprossen kleine Füße hervor,
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