Der Ruf der Finsternis - Algarad 2
Kameraden auf, um ihnen die letzte Ehre zu erweisen. In einer feierlichen Zeremonie, die der Erzmagier leitete, sollten die Seelen der Toten verabschiedet und durch die Tore der jenseitigen Welt geführt werden.
Mit großer Traurigkeit sah Tenan, wie weit sich das Feld der getöteten Krieger erstreckte: Es füllte fast zur Hälfte den oberen Teil der Bucht. Die Soldaten hatten heldenhaft und hart gekämpft, doch nicht zuletzt war vielen der verheerende Angriff der drei Eshgoths zum Verhängnis geworden. Zahlreiche Krieger waren verwundet worden, manche von ihnen so schwer,dass sie auf Gondun zurückbleiben mussten und nicht in die anstehende große Schlacht nach Caithas Dun ziehen konnten. Man hatte sie in die Zelte der Heiler gebracht, in denen Erdon und seine Helfer sie versorgten.
Tenan verfolgte das Abschiedsritual mit schwerem Herzen, er brachte es nicht über sich, in die Gesichter all der gefallenen Kameraden zu sehen; manche von ihnen waren nicht älter als er selbst.
Als Amberon die letzten Worte des Rituals gesprochen hatte, gab er der Ehrengarde das Zeichen, die Toten dem ›Feuer der Seele‹ zu übergeben – so nannten die Dan die blauen Flammen, die den Seelen der Toten die Reise in die Anderswelt erleichtern und den Weg dorthin erleuchten sollten. Dieser Brauch stammte aus grauer Vorzeit, als die Grenze zwischen den Sphären noch durchlässig gewesen war.
Gemessen schritten die Männer der Ehrengarde unter Amberons Führung von Bahre zu Bahre und entzündeten die Körper der Toten mit einer Fackel aus purem Gold, an deren Spitze das mysteriöse blaue Feuer loderte. Die Züge des Erzmagiers waren von großem Ernst und von Trauer erfüllt, als er an Tamrils Bahre innehielt. Er verneigte sich tief vor dem Skanden-Wächter und verharrte einige Zeit in Gedanken.
»Lord Tamril hat ehrenvoll und tapfer gekämpft und das Heer zum Sieg geführt«, sagte er leise. »Er hat großen Mut bewiesen, als er sich den Eshgoths entgegenstellte und den anderen Kriegern im Kampf ein Vorbild war. Möge seine Seele in den lichten Bereichen Ruhe finden.«
Ein Soldat der Garde trat an die Bahre und hielt die Fackel daran. Eine blaue Flammenlohe schoss empor und umhüllte den Toten, verzehrte seinen Leib innerhalb kürzester Zeit. Die Hitze war so stark, dass Amberon zurückwich.
Als der Erzmagier mit der Ehrengarde schließlich alle Toten abgeschritten hatte, begab er sich zurück zum Waldrand, von wo aus man die Bucht überblicken konnte. Der Strand loderte in einem gleißenden, bläulichen Licht, und ein kalter Herbstwind wehte die Asche der Toten hinaus aufs Meer, trug ihre Seelen ins Reich des Vergessens.
34
Die Ebene der Leeren Walstatt auf Caithas Dun war übersät von riesigen schwarzen Steinen und bizarr verdrehten Lava-Brocken, die die umliegenden Vulkane dorthin geschleudert hatten. Auf Osyns Befehl hin nutzte Ucek alle Gegebenheiten der Landschaft, um ihn und Lord Iru vor den Blicken der Xaxis und anderer gefährlicher Kreaturen zu verbergen. Anstatt über die links von ihnen gelegene, flache Ebene zu wandern, hatten sie den Umweg durch ein Gebiet gewählt, das von schroffen Erdspalten und langen, natürlich entstandenen Steinwällen durchzogen war und in dem sie nur langsam vorankamen. Während sie geduckt durch das Land wanderten, behielt der Comori den Himmel und die Umgebung fortwährend im Auge. Sobald sie das Wehklagen und Kreischen von Xaxis über sich hörten oder sie das Gefühl beschlich, von anderen feindseligen Kreaturen verfolgt zu werden, verbarg sich die kleine Gruppe im Schutz überhängender Felsvorsprünge. Bis jetzt waren sie unbehelligt geblieben, nur zweimal waren umherstreifende Gredow-Trupps ganz in ihrer Nähe aufgetaucht, jedoch vorübergeeilt, ohne sie zu entdecken.
Allenthalben spien Vulkane feurige Lava und dicke Rauchwolkenin die Luft, welche die Wolkendecke, die über Caithas Dun lag, noch dichter und undurchdringlicher werden ließ und jegliches Tageslicht fernhielt. Weder Osyn noch Iru konnten genau einschätzen, wie lange sie sich schon in der unwegsamen Ödnis aufhielten, seit sie die Schlucht von Urgath verlassen hatten. Und wäre Ucek nicht gewesen – sie hätten vermutlich vollkommen die Orientierung verloren.
»Wann werden wir Nagatha erreichen?«, wandte sich Osyn an Ucek, der ihn mit leerem Blick ansah.
»Nicht mehr als einen Tagesmarsch, dann wird die Festung vor uns auftauchen«, brachte der Gredow gepresst hervor. Das Sprechen schien ihm sichtlich Mühe zu
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