Der Ruf der Finsternis - Algarad 2
bereiten.
»Und was dann?«, fragte Iru den Comori leise. »Was soll mit ihm geschehen?« Er machte mit dem Kopf eine verächtliche Bewegung in Uceks Richtung. »Wir können ihn unmöglich freilassen, ohne Gefahr zu laufen, dass er uns verrät. Wollt Ihr ihn töten?«
Osyn schüttelte ratlos den Kopf. »Ich weiß es nicht«, gestand er freimütig. »Dieselbe Frage stellte sich auch, als wir aus Nagatha flohen, und ich bin froh, dass ich es nicht getan habe. Auch wenn er ein Gredow ist, kann ich ihn nicht einfach dem Tod überantworten.«
»Eine ehrenvolle Haltung, durchaus«, brummte Iru.
»Warten wir ab, was die nächste Zukunft bringen wird«, meinte Osyn. »Die Wege des Schicksals sind unergründlich, und vielleicht ergibt sich ja eine Lösung, die wir jetzt noch nicht vorhersehen können.«
Sie hatten einen schmalen Felsgrat erklommen, der den einzig gangbaren Pfad durch ein Geröllfeld versprach und sich in einer Höhe von etwa dreißig Yards hindurchschlängelte. Zu beiden Seiten fiel er steil in die Ebene ab und war kaum breitgenug, um darauf zu laufen. Sie würden sich besonders vorsichtig vorwärts bewegen müssen, denn allzu leicht konnten sie auf lockeren Steinen ausrutschen und nach unten stürzen, was den Tod oder doch zumindest schwere Verletzungen bedeutete. Ohne Hilfe wieder hinaufzuklettern wäre unmöglich.
Osyn ließ Ucek vorauslaufen, um ihn die Trittfestigkeit des Bodens überprüfen zu lassen; der Gredow war schmale Pfade wie diesen gewöhnt, er kannte die Tücken der unwegsamen Gebiete Caithas Duns. Dicht hinter ihm folgten Iru und der Comori, ängstlich darauf bedacht, keinen Fehltritt zu tun. Der Fürst von Dan hatte Schwierigkeiten, das Gleichgewicht zu bewahren, denn seine Beine waren noch schwach und trugen ihn nur schlecht.
Sie gelangten an eine besonders gefährliche Stelle, die kaum zwei Handbreit maß und von losem Geröll bedeckt war. Osyn beobachtete besorgt, wie vorsichtig Ucek jeden Schritt vor den anderen setzte. Trotz des Bannzaubers schien er seine Sinne noch einsetzen zu können und reagierte angemessen auf das schwierige Gelände, wenngleich er sich dadurch entsprechend langsam fortbewegte.
Iru fiel etwas zurück und raunte Osyn zu: »Das Geröllfeld ist recht weit ausgedehnt, in diesem Tempo werden wir zwei weitere Tage brauchen, bis Nagatha in Sicht kommt. Das wäre an sich kein Problem, wären da nicht die Xaxis, für die wir auf der Ebene eine leichte Beute darstellen.«
Osyn musste ihm zustimmen. »Wir können uns nirgendwo verstecken und in Deckung gehen, wenn die fliegenden Bestien angreifen. Ucek könnte schneller und sicherer laufen, wenn ich den Bannzauber von ihm nehme, aber ich wage es nicht. Ich kann immer noch nicht einschätzen, wie er sich dann verhalten wird. Noch nehme ich zu viel Tücke und Grausamkeitin seinem Geist wahr, der ich uns besser nicht aussetzen möchte.«
Schweigend folgten sie Ucek, der sich nur ein kleines Stück von ihnen entfernt hatte. Er atmete angestrengt und hatte offenbar Mühe, den Pfad, der für seine Stiefel viel zu schmal war, weiter zu beschreiten. Plötzlich knickte sein rechter Fuß auf einem Gesteinsbrocken um, und er strauchelte. Er streckte die Arme aus, um sich abzufangen, aber seine Bewegungen waren zu träge. Hilflos mussten Osyn und Iru mit ansehen, wie sein massiger Leib einem gefällten Baum gleich zur Seite kippte. Trotz seiner Schwerfälligkeit gelang es ihm, die Pranken in einen der Felsen zu krallen, und verhinderte auf diese Weise, dass er den Steilhang vollends hinabrutschte. Der Gredow keuchte, wandte den Kopf und schaute aufstöhnend in die Tiefe.
Iru balancierte zu der Absturzstelle, hinter ihm kam Osyn heran. Kaum konnten sie selbst das Gleichgewicht halten, an eine Hilfe für Ucek war gar nicht zu denken.
»Lang wird er sich nicht halten können!«, rief Iru.
»Der Zauber ... heb den Zauber auf!«, schnaufte der Gredow. Seine Finger lösten sich langsam von dem Felsen, es war nur eine Frage der Zeit, bis er abglitt. »Wenn du den Zauber nicht löst ... habe ich nicht genügend Kraft, um mich hochzuziehen«, presste er zwischen den Zähnen hervor. »Beeil dich, oder ... es ist aus mit mir!«
Der Comori hörte, wie sehr Ucek kämpfte, aber er zögerte. Dies alles konnte ebenso gut eine List des Gredows sein. Das Risiko, von ihm angegriffen zu werden, war groß, und selbst wenn Iru im Besitz des Schwertes war – möglicherweise konnte der Gredow einige Schläge einstecken und ihnen gefährlich
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