Der Ruf der Finsternis - Algarad 2
Männer, noch bevor sie Alarm schlagen konnten. Die Eindringlinge huschten weiter, hinunter in die Straßen und Gassen, über Plätze und Höfe, zwängten sich durch Spalten und Ritzen in die Wohnhäuser. Selbst die schweren Eichentore vor dem Palast des Hochkönigs hielten sie nicht auf. Wie Diebe in der Nacht stahlen sie sich in die Schlafräume der Einwohner Garadins. Niemand bemerkte sie, nicht einmal die Katzen und anderes Getier, das sich in der Nacht auf der Jagd befand. Keiner sah die kleinen Kreaturen nahen, die auf die Bettstätten der Menschen kletterten und auch hier ihr tödliches Gift einsetzten.
Als der Mond nur wenig am Himmel weitergewandert war, waren sämtliche Bewohner der Schwimmenden Festung tot – heimtückisch ermordet von den kleinen Todesboten Achests.
7
Im Morgengrauen war es Osyn mithilfe des trittsicheren Orn-Tieres gelungen, einen schmalen Abstieg hinunter in die Ebene zu finden. Es war eine Herausforderung gewesen, den Gredow im magischen Bann zu halten und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass Lord Iru nicht aus dem Sattel rutschte. Der Fürst von Dan war mehrmals kurz zu Bewusstsein gekommen und hatte ein paar einfache Worte mit Osyn wechseln können, war jedes Mal aber bald wieder in Bewusstlosigkeit versunken. Trotzdem wuchs die Hoffnung des Comori auf eine Verbesserung seines Zustands, je weiter sie sich von der Festung des Todesfürsten entfernten und seinem dunklen Einfluss entflohen.
Osyn atmete erleichtert auf, als er über die Schulter blickte und den Weg betrachtete, den sie zurückgelegt hatten. Die spitzen Türme Nagathas lagen inzwischen einen guten Tagesmarsch hinter ihnen, wie ein Mahnmal der immerwährenden Bedrohung ragten sie in den grauen Himmel von Caithas Dun. Es hieß, die Türme hätten Augen, die weit ins Land hineinsehen und alles überblicken könnten, was dort vor sich ginge. Den einzigen Schutz vor diesen gierigen Augen bildeten die Aschewolken, die über das Land zogen wie schattenhafte Gespinste und jeden Atemzug erschwerten. Sie stammten von den vielen kleineren und größeren Vulkanen, die in unregelmäßigen Abständen feurige Lava in die Luft spien. Soweit man blicken konnte, gab es in Caithas Dun nichts als schwarze Schlackehügel, scharfe Felsengrate und graue Ebenen, in denen man knöcheltief im schwarzen Sand versank. In der endlosen Wüstenei und dem dämmrigen Licht verlor man schnell jegliches Zeitgefühl.
Seufzend zog Osyn am Zügel des Orn-Tieres, damit es sich wieder in Bewegung setzte. Etwa einen Tagesmarsch weiter in östlicher Richtung erkannte der Comori die Umrisse von Bergen, deren Gipfel sich sogar über die Wolkendecke erhoben – soviel er wusste, musste dies das Leggrewon-Gebirge sein, der einzige Gebirgszug der Insel, der nicht vulkanischen Ursprungs war. Dorthin, so beschloss er, wollte er gehen. Vielleicht fand er einen ausreichend sicheren Ort, an dem er sich ausruhen und Irus Wunden pflegen konnte.
Er blickte zu Ucek, der steif und halb betäubt im Sattel hing, während Irus bewusstloser Körper im schweren Schritt des Orn immer wieder gegen den eisernen Panzer des Gredows schlug. Noch immer versuchte Ucek, sich gegen den Zauberbann zur Wehr zu setzen, der ihn gefangen hielt. Seine Augen zuckten wild hin und her, und ab und zu drang ein wütendes Knurren aus seiner Kehle. Osyn war dankbar, dass der Bannzauber weiterhin so gut wirkte.
Viele Stunden wanderten sie durch die trostlose Landschaft, die kaum Schutz bot vor feindlichen Blicken. Das Orn-Tier trabte ausdauernd neben Osyn her und leistete gute Dienste, sodass sie eine beträchtliche Wegstrecke zurücklegen konnten. Trotzdem kam es dem Comori so vor, als wichen die im Licht der Vulkane rot schimmernden Bergrücken des Leggrewon-Gebirges immer wieder vor ihnen zurück, anstatt näher zu kommen.
Obwohl er das schroffe Gelände weithin überblicken konnte, beschlich ihn das Gefühl, dass sich etwas Lebendiges in der Nähe befand. Doch seine scharfen Augen konnten nichts in der Ödnis entdecken, weder Gredows noch Tiere oder andere gefährliche Kreaturen.
»Wie lange ... willst du noch warten, bis ... uns die Xaxisentdecken?«, ließ sich Ucek plötzlich vom Sattel her vernehmen. »Ich kann ... das Sirren ihrer Flügel ... schon seit einiger Zeit hören.« Der Gredow presste die Worte mühsam hervor, er musste all seine Willenskraft aufbringen, um zu sprechen.
Osyn fuhr herum und starrte in die roten Augen des Kriegers. »Was meinst du damit?« Mit einer knappen
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