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Der Ruf der Kiwis

Der Ruf der Kiwis

Titel: Der Ruf der Kiwis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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... er dachte an die starken Hände der Männer, die ihre Speere schleuderten, ihre glänzende, von erdig duftendem Schweiß bedeckte Haut ... zum Glück hatte Florence sich nicht parfümiert. Er konnte seine Fantasien aufrechterhalten, während er ihr nahekam, in sie eindrang ... Sie gab einen schwachen Ton von sich, als er sich in ihr bewegte. Sie sollte feucht sein, aber sie war es nicht. Caleb empfand ein vages Schuldgefühl, weil er ihr wehtat, aber dann vergaß er es ... Er durfte nicht an Florence denken, nicht, wenn er ... Caleb stieß im Rhythmus des 
haka
. Er war der Speer in der Hand seines Lieblingstänzers, er wurde umfasst, gedrückt ... und schließlich freigelassen, um das Ziel zu finden, im Einklang mit Körper und Geist des Kämpfers ... Caleb sank über Florence zusammen, nachdem seine Waffe sich entladen hatte.
    »Es tut mir leid«, sagte er leise.
    Florence schob ihn von sich, stand mühsam auf und ging taumelnd ins Bad.
    »Ich habe mich zu entschuldigen«, bemerkte sie. »Was ich getan habe, war unverzeihlich. Was du getan hast ... nun, nennen wir es unsere Pflicht ...«
     
    Caleb erfüllte seine Pflicht nie wieder, aber Florence vermied es von nun an auf das Peinlichste, ihn erneut zu brüskieren. Sie errötete zutiefst, als sie ihm einige Wochen nach dieser Nacht eröffnete, dass sie schwanger war.
    »Ich weiß natürlich nicht, ob ...«
    Caleb nickte, inzwischen längst ernüchtert und immer noch beschämt. »Du wolltest einen Erben. Ob ich einen habe, ist mir ziemlich gleich.«
    In den ersten Monaten und Jahren waren sich Caleb und Florence natürlich noch unklar über die Abstammung des kleinen Ben. Allerdings behauptete Calebs Mutter schon damals, das Kind sei ihrem Sohn wie aus dem Gesicht geschnitten. Später wurde das offensichtlich. Und nicht nur, was das Äußere betraf, war der Junge Calebs Sohn. Auch sein grüblerischer Charakter brach bald durch und sein forschender Geist. Ben lernte bereits mit vier Jahren lesen und war dann kaum von den Büchern seines Vaters wegzubekommen. Musik und Kunsthandwerk interessierten ihn allerdings weniger als Sprachen. Er vertiefte sich begeistert in Calebs Wörterbücher und saugte die Sätze auf Maori, die sein Vater ihm vorsprach, wie ein Schwamm in sich auf.
    »Wie reden sie denn auf Hawaiki?«, erkundigte er sich, als er sechs war, und fragte einen jungen Mann von den Cook-Inseln, den der Zufall in die Dienste eines Geschäftspartners der Billers verschlagen hatte, nach der Sprache seiner Heimat. Mit sieben langweilte er sich in der Grundschule von Greymouth zu Tode, und Florence stimmte dem Wunsch ihres Mannes zu, Ben nach England zu schicken. Caleb hoffte dabei auf höchstmögliche intellektuelle Förderung seines Sohnes, Florence eher auf Normalisierung. Der stille, sensible Junge, der zwar bereits komplizierte Rechenarten beherrschte, sich aber todsicher von seinen kleinen Brüdern übervorteilen ließ, wenn es um einen Einkauf im Süßwarenladen ging, war ihr nicht geheuer. Sam, ihr Zweitgeborener, der ihr selbst zum Glück weitaus ähnlicher sah als dem jungen Steiger, der ihn gezeugt hatte, schlug wesentlich besser ein. Er prügelte und stritt sich wie ein richtiger Junge, und statt Vergleiche zwischen Maori und anderen polynesischen Sprachen anzustellen, versuchte er, Wetas die Beine auszureißen. Auch der Dritte, Jake, kam eher nach Florence, obwohl sie selbst deutliche Ähnlichkeiten mit seinem Vater, diesmal wieder einem Büroangestellten, erkennen konnte. Allerdings ging sie hier natürlich keine Risiken mehr ein. Sowohl der Steiger als auch der Buchhalter waren entlassen oder zu Zechen in anderen Gegenden weggelobt worden, sobald die Schwangerschaft feststand. Erst dann gestand sie Caleb, dass sie erneut guter Hoffnung war. Er hatte alle Kinder ohne Kommentar anerkannt.
     
    Caleb lächelte beim Gedanken an seinen einzigen leiblichen Sohn. Er konnte ihm die Beziehung zu Lilian Lambert nicht übel nehmen. Im Gegenteil, er hatte sich nie so erleichtert gefühlt. Gut, vielleicht war es das falsche Mädchen, aber es war immerhin ein Mädchen, das Bens Herz gewonnen hatte. Caleb hatte ihm seine unglückselige Veranlagung nicht vererbt. Ben würde nicht gegen ein Verlangen kämpfen müssen, für das die Welt ihn verachtete.
     
    Während ihre Eltern stritten und grübelten, wanderten Lilian und Ben Hand in Hand durch den Farnwald am Fluss. Das war nicht ganz einfach, denn die wenigen Wege begannen meist an der Straße und endeten an

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