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Der Ruf der Pferde

Der Ruf der Pferde

Titel: Der Ruf der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Beyrichen
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mit dir?«
    »Was soll denn mit mir sein?« Immer noch dieser kühle, distanzierte Ton.
    »Du hörst dich so komisch an.«
    Ethan schwieg.
    »Wundert mich, dass dir das überhaupt auffällt«, sagte er dann.
    Patricia fühlte sich, als habe er ihr in den Bauch getreten. Im ersten Moment verschlug es ihr die Sprache. Dann überwog ihr Zorn.
    »Sag mal, spinnst du? Ich hab mir den ganzen Tag total Sorgen gemacht, weil du nicht gekommen bist!« Sie sprach immer lauter und ihr Ärger nahm mit jedem Wort zu. »Dann wollte ich dich anrufen und fragen, ob bei dir alles in Ordnung ist, aber die Leitung war die ganze Zeit besetzt und ich bin hier halb durchgedreht deswegen! Und jetzt bist du beleidigt! Wobei ich keine Ahnung hab, weswegen du überhaupt sauer bist. Ich zumindest kann mich nicht erinnern, dass ich dir irgendwas getan hab! Aber das ist mir jetzt auch egal, ich hab nämlich genug eigene Probleme! Morgen bringen sie Dallis um und ich weiß einfach nicht, was ich dagegen tun soll...« Patricias Stimme brach während des letzten Satzes und die Tränen stürzten unaufhaltsam hervor.
    Sie schluchzte so krampfhaft, dass sie Ethans Antwort zuerst gar nicht hören konnte. Nach einigen Momenten versuchte sie jedoch, sich zusammenzunehmen, und kramte mit zitternder Hand in ihrer Jacke nach einem Taschentuch.
    »Es tut mir leid«, sagte Ethan noch einmal. Sein Ton hatte sich gewandelt, er hörte sich nun wieder so an wie der alte liebenswerte Ethan. »Entschuldige, Patricia, ich hab’s nicht so gemeint. Ich wollte dich nicht anmotzen, es tut mir leid, dass ich so blöd reagiert habe.«
    »Echt?« Patricia schluckte noch einmal und putzte sich dann die Nase.
    »Ich war einfach nur angefressen wegen Damian gestern.« Ethan schien verlegen.
    »Wegen Damian?« Patricia verstand gar nichts mehr.
    »Na ja, du wolltest nicht, dass ich deine Hand halte, das habe ich ja noch verstanden. Aber dann hast du dich von Damian sogar umarmen lassen . . .« Er brach ab.
    Patricia schüttelte den Kopf, als ob er es sehen könnte.
    »Ethan«, flüsterte sie leise. »Ich...estut mir leid. Mir war das überhaupt nicht bewusst. Ich wollte dir nicht wehtun. Und glaub mir eins...«Sie hielt inne und atmete tief durch. »Ich brauche keinen Damian. Damian ist ganz okay, aber das ist es auch schon.« Sie stockte erneut. Doch sie musste es Ethan sagen. »Ethan, der Einzige, den ich wirklich brauche, bist du.«
    Stille am anderen Ende der Leitung.
    Patricia hörte, wie Ethan heftig einatmete.
    »Meinst du das ernst?«, fragte er dann.
    »Ganz ernst.« Ihre Stimme war leise. Und sie wusste, sie sprach die Wahrheit.
    »Patricia!« Ethans Ton war deutlich anzumerken, was ihm dieses Geständnis bedeutete, und auch in Patricia brodelten die Gefühle.
    Doch sie durfte ihren Gefühlen jetzt nicht zu sehr nachgeben. Es war keine Zeit dafür.
    Ethan schien im gleichen Moment daran zu denken.
    »Was ist denn jetzt mit Dallis?«, fragte er. »Immer noch der gleiche Stand der Dinge wie gestern?«
    Patricia schluckte wieder an ihrem Kloß im Hals. »Ja«, erwiderte sie leise. »Wir brauchen ein Wunder, glaube ich.«
    »Ich würde was drum geben, wenn mir irgendwas einfiele«, sagte Ethan mutlos. »Ich habe aber nicht die geringste Idee.«
    Patricia kam plötzlich ein Gedanke. »Und wenn du mal deinen Vater fragst?«
    »Meinen Vater? Weswegen?« Aus Ethans Stimme war deutliche Ablehnung herauszuhören.
    »Na ja, du hast doch gesagt, dein Vater wäre mit diesem Mr Gaillard gut bekannt. Vielleicht kann er ja mal mit ihm reden und versuchen, ihn zu überzeugen . . .«
    »Das hat keinen Sinn«, unterbrach er sie. »Meinen Vater brauchen wir gar nicht erst zu fragen. Der lacht uns höchstens aus.«
    »Aber . . .«
    »Patrica, vergiss es.« Sein Ton ließ keine Widerrede zu.
    »Oder vielleicht könnte deine Mutter . . .?« Patricia wagte nicht mehr, den Satz zu beenden, Ethans Erstarrung schien beinahe durchs Telefon hindurch greifbar.
    Zuerst antwortete er gar nicht. Dann sagte er langsam und mit gepresster Stimme: »Meine Mutter ist vor zehn Jahren abgehauen und ich habe seitdem nie wieder was von ihr gehört. Ihr war also schon damals scheißegal, was ich für Probleme hab, und ich bezweifle, dass es heute anders wäre.«
    Patricia biss sich erschrocken auf die Lippe. Das war ja furchtbar!
    »Das tut mir so leid«, sagte sie leise.
    »Ist schon okay.« Ethan hatte sich wieder gefangen. »Es ist schlimm, dass ich nichts für Dallis tun kann. Wenn ich Geld hätte,

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