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Der Ruf der Pferde

Der Ruf der Pferde

Titel: Der Ruf der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Beyrichen
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könnte ich ja versuchen, sie Silas abzukaufen, aber leider hab ich keins und meinen Vater brauchen wir gar nicht erst zu fragen.«
    »Ich habe meine Eltern schon gefragt«, erzählte Patricia mutlos. »Aber sie weigern sich.«
    Die beiden schwiegen einen Moment lang. »Mit dem nötigen Geld könnten wir Dallis vielleicht retten, aber ohne haben wir keine Chance«, stellte Ethan bitter fest. »Das ist doch krank!«
    »Die ganze Sache ist krank«, gab Patricia zurück. »Weißt du, was mir ganz besonders stinkt? Dass irgendein verlogener Typ über Leben und Tod bestimmen kann.«
    »Tja«, meinte Ethan, »da kann man dann wohl nur sagen, Pech für die Tiere. Sie sind den Menschen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Die Wildtiere haben da wohl mehr Glück, die können zumindest in gewissem Maße selbst über ihr Leben bestimmen . . .«
    »Eben!« Patricia wurde lebhaft. »Wenn Dallis jetzt nicht zufällig als gezähmtes Pony geboren und aufgewachsen wäre, sondern ebenso zufällig unter den wilden Ponys oben in den Highlands, dann wäre sie jetzt nicht in Lebensgefahr. Dann wäre das alles nie passiert!«
    »Wilde Ponys in den Highlands? Davon habe ich noch nie gehört, gibt’s die wirklich? Heutzutage?« Ethan klang skeptisch. »Doch, die gibt’s wirklich«, bekräftigte Patricia. »Silas hatte mir mal von ihnen erzählt.« »Wenn Silas das sagt, wird’s wohl stimmen«, meinte Ethan. Patricia wollte schon antworten, doch dann hielt sie inne. Ein Gedanke begann, in ihr aufzusteigen.

25.
    Seit dem Abend hatte sich der Himmel bezogen, sodass keine Sterne zu sehen waren, und auch der Mond verschwand hinter den Wolken. Man konnte kaum die Hand vor den Augen sehen, doch Patricia kannte die Strecke inzwischen so gut, dass es ihr keine Probleme bereitete, den Weg zu erkennen. Es war kühl, der böige Wind ließ sie anfangs frösteln, doch nach wenigen Minuten hatte sie sich warm gelaufen. Sie vermutete auch, dass sie mehr vor Nervosität als vor Kälte zitterte.
    Der Rucksack auf ihrem Rücken wog schwer und drückte, da sie den Inhalt in der Eile nur einfach hineingestopft und sich nicht die Zeit genommen hatte, alles ordentlich zu stapeln.
    Es hatte sich als unerwartet schwierig erwiesen, den Proviant zu organisieren. Zuerst schien es Stunden zu dauern, bis die verschiedenen Bewohner des Hauses endlich in ihre Zimmer verschwanden. Und auch dann musste Patricia noch lange ausharren, bis sicher war, dass sie alle auch wirklich schliefen. Patricia saß wie auf Kohlen, bis sie es schließlich für einigermaßen sicher erachtete, sich hinunter in die Küche zu schleichen.
    Dort stellte sich für sie das nächste Problem: Mrs Dench schien jeden Morgen frische Lebensmittel für den Tag einzukaufen, was bedeutete, dass das meiste davon dann bis zum Abend verbraucht war. Die Ausbeute, die Patricia vorfand, war deshalb bedenklich mager. Sie wusste nicht, wie lange sie unterwegs sein würde. Für einige Tage wollte sie jedoch in jedem Fall vorsorgen. Mrs Dench verfügte zwar über einen reichhaltigen Vorrat an Eingemachtem und der Blick in die Tiefkühltruhe zeigte, dass auch dort kein Mangel an Vorräten herrschte, aber das nützte Patricia leider wenig. Sie benötigte Dinge, die sich leicht transportieren und ohne weiteren Aufwand verzehren ließen – die Litergläser mit Kompott oder die gefrorene rohe Putenkeule musste Patricia deshalb zu ihrem Bedauern als ungeeignet zurücklassen. In einem der Küchenschränke fand sie zu ihrem Glück noch eine halbe Packung Schnittbrot, im Kühlschrank den Rest eines Stückes Käse und einige Scheiben Schinken. Ihr fiel ein, dass Mrs Dench ihr Obst immer aus dem Keller holte. Also schlich sie leise hinunter und tastete sich durch die Räume, bis sie den Vorratsraum gefunden hatte. Sie wagte nicht, das Licht einzuschalten, und brauchte daher einige Momente, bis sie auf die Steige mit den Äpfeln stieß und sich eine Anzahl davon einsteckte. Beim Rückzug verfehlte Patricia zuerst die Tür und stolperte gegen ein Wandregal, das sie zuvor nicht bemerkt hatte. Das Poltern schien durch das ganze Haus zu dröhnen. Starr vor Schreck stand Patricia minutenlang still, doch nichts rührte sich. Erfreut stellte sie fest, dass das Regal Konservendosen enthielt, und entschloss sich, einige davon mitzunehmen. Nachdem sie die Etiketten in der Dunkelheit nicht zu lesen vermochte, musste sie ihre Wahl allerdings blind treffen.
    Wo die Getränkekästen standen, wusste Patricia glücklicherweise. Sie nahm

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