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Der Ruf der Pferde

Der Ruf der Pferde

Titel: Der Ruf der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Beyrichen
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wirkte plötzlich wie ein alter Mann.
    »Nein, sie ist leider nicht hier. Sie war heute Morgen, als wir aufstanden, verschwunden. Und wir wissen nicht, wo sie ist.« Er sah zur Haustür hinüber. »Wir hätten wahrscheinlich nicht einmal gemerkt, dass sie nicht wie sonst immer zu den Pferden gegangen ist. Sie ist ja in letzter Zeit öfter ohne Frühstück los. Aber heute . . .« Er stockte und Ethan sah, wie er um Fassung rang.
    »Sie hat lauter Essen geklaut«, warf der blonde Junge ein. »Und Mrs Dench hat sich furchtbar aufgeregt. Sie hat so laut geschrien, dass Einbrecher da waren, dass wir alle beinahe aus den Betten gefallen sind.« Er machte ein bedauerndes Gesicht. »Aber dann war’s doch bloß Patricia. Ihre Sachen fehlen nämlich und im Bett war sie heute Nacht auch nicht.«
    Patricias kleiner Bruder, vermutete Ethan. Seiner Miene nach fand er die ganze Sache weniger schockierend als spannend und war lediglich enttäuscht, dass es sich nicht um richtige Einbrecher handelte.
    Ethan schaute Mr Mackintosh an. »Proviant, nehm ich an?«
    Er nickte müde. »Das fürchte ich, ja.« Er sah Ethan prüfend an. »Wissen Sie denn etwas darüber?«
    Ethan hob die Schultern, er fühlte sich unbehaglich.
    »Nichts Konkretes, leider«, sagte er dann. »Ich habe mich nur gewundert, weil sie heute Morgen nicht in den Stall gekommen ist.« Er räusperte sich. Wie viel hatte Patricia ihren Eltern eigentlich erzählt? »Aber nach dem, was hier los ist, bin ich inzwischen überzeugt, dass sie weg ist, um ein Pony zu schützen.«
    Mr Mackintosh rieb sich die Augen. »Ja, sie erzählte gestern irgendwas über ein Pferd, das eingeschläfert werden sollte. Sie wollte, dass wir es kaufen, aber das ist natürlich Unsinn, das haben wir ihr auch gesagt.«
    »Und deswegen hat sie das Pony heute Nacht aus dem Stall entführt und ist mit ihm fort.« Ethan schloss kurz die Augen. Eigentlich hätte er damit rechnen sollen, dass sie irgend so etwas versuchen würde.
    »Aber wo kann sie denn hin sein?« Mr Mackintoshs Stimme klang verzweifelt. »Sie wird doch nicht etwa versuchen, sich mit dem Pferd bis nach Edinburgh durchzuschlagen!«
    »Vielleicht ist sie gar nicht weit.« Ethan überlegte fieberhaft. »Es könnte ja sein, dass sie sich hier irgendwo in der Gegend versteckt hält.«
    »Aber wo? Sie kennen sich doch bestimmt aus, wo könnte sie sich denn verstecken?«
    Ethan schüttelte den Kopf. »Da bin ich überfragt. Bei irgendeinem Bauern in der Scheune oder in einem Waldstück – da gibt es viele Möglichkeiten. Wir sollten mal ein bisschen rumfragen, vielleicht hat sie ja jemand gesehen.«
    Mr Mackintosh blickte düster zum Himmel. »Wenn sie irgendwo draußen ist, dürfte es für sie bald sehr ungemütlich werden.«
    Ethan folgte seinem Blick. Der Wind hatte weiter zugenommen und es würde nicht mehr lange dauern, bis es anfing zu regnen.
    »Hat Patricia denn warme Sachen dabei?«, fragte er.
    »Meine Frau sagt, nicht viel. Eine Windjacke oder so.« Mr Mackintosh blickte sich um, als er Schritte hörte. Eine Frau trat aus dem Haus und kam auf sie zu. Patricias Mutter, nahm Ethan an. In ihrem Gesicht konnte er die gleiche Sorge erkennen wie bei ihrem Mann.
    »Hast du Mrs Dench beruhigen können?«, wandte sich Mr Mackintosh an seine Frau.
    Sie nickte. »Ich hab ihr ein Schlückchen Whisky eingeflößt und sie überredet, sich ein wenig hinzulegen.« Sie sah Ethan fragend an und er stellte sich höflich vor.
    »Ein Freund von Patricia«, fügte Mr Mackintosh erklärend hinzu. »Er sucht sie auch schon und kam her, weil er dachte, sie sei hier.«
    Mrs Mackintoshs Augen füllten sich mit Tränen. Ihre mühsam bewahrte Beherrschung schien zu zerbröckeln. »Ich mach mir solche Vorwürfe«, schluchzte sie auf. »Warum haben wir das bloß nicht ernst genommen, was sie wegen dieses Pferdes sagte!«
    Ihr Mann legte hilflos den Arm um sie und sah ratlos Ethan an. »Wir werden wohl die Polizei informieren müssen«, sagte er. »Sie ist noch nicht mal fünfzehn, man darf gar nicht daran denken, was alles passieren kann.«
    »Hm«, machte Ethan. Er wusste, dass es eine vernünftige Idee war. Dennoch gefiel sie ihm nicht.
    Patricias Bruder machte große Augen. »Cool!«, sagte er. »Veranstalten die dann wegen Patricia eine richtige Großfahndung?«
    »Ivan, es reicht.« Sein Vater sah ihn zornig an. »Die Geschichte ist alles andere als lustig. Deine Schwester ist verschwunden und deine Mutter kommt fast um vor Sorge. Wenn du also nichts

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