Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ruf der Steine

Der Ruf der Steine

Titel: Der Ruf der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Goshgarian
Vom Netzwerk:
Insel?«
    »Niemand.«
    Peter knipste seine Taschenlampe an und leuchtete Connie den Weg. »Eine Menge Leute besitzen ein Boot. Vielleicht hat sich ein neugieriger Mensch hier umgesehen.«
    Sie standen an der Treppe, die zum Strand hinunterführte. Das Haus und die Wiese waren still und friedlich, und feine Rippen kräuselten die mondbeschienene Oberfläche des Wassers. Am Anleger lag nur ihr eigenes Boot. Auch auf den Stufen befand sich keine Menschenseele. Falls jemand sie besucht hatte, so war er gegangen, wie er gekommen war. Alles, aber auch alles – selbst die Sterne – befand sich genau dort, wo es hingehörte. Alles war unverändert.
    Nur eine Kleinigkeit nicht. Oben auf Pulpit’s Point, direkt oberhalb der schimmernden Konturlinie der Klippe, blinkte das Licht einer Laterne.
    Im ersten Moment hielt Peter das Licht für den Mittsommernachtsstern, aber für einen Stern war das Licht einfach zu gelb, außerdem viel zu niedrig. Und es bewegte sich.
    »Irgendjemand ist dort oben«, sagte Connie.
    Das Licht hüpfte hin und her.
    »Vielleicht sind es Camper, die den Tag über gefischt haben und die Nacht lieber hier verbringen, als nach Hause zu fahren.« Das klang sehr beruhigend. Der Gedanke, dass Flanagan oder seine Männer womöglich die Geräte manipulierten, behagte Peter ganz und gar nicht. Oder dass sie die Grabung verwüsteten, um sie endgültig zu vertreiben.
    »Aber was haben Camper in unserem Haus zu suchen?«
    »Normalerweise steht es ja leer. Vielleicht waren sie nur einfach neugierig.«
    »Das wäre möglich.«
    »Jedenfalls hat er mich zu Tode erschreckt«, sagte Connie.
    »Er sich vermutlich genauso, als du plötzlich mit der Axt in der Hand als indianische Hexenbraut erschienen bist.«
    Peter beobachtete, wie das gelbe Licht immer weiter umherwanderte. Eigentlich sollte es ihm egal sein, was sich dort oben tat. Doch wenn sie genau auf seiner Grabung zelteten, konnten sie schon einiges anrichten. Außerdem steckte der Schlüssel am Schaufelbagger. »Ich will lieber nachsehen«, sagte er.
    »Dann nimm sie mit.« Sie gab ihm die Axt.
    »Bist du sicher, dass du sie mir anvertrauen willst?«
    »Ich habe noch eine andere unter meinem Kopfkissen.«
    Er reichte sie ihr zurück. »Wenn er aggressiv wird, werde ich ihn einfach küssen.«
    »Das ist kein Spaß, Peter.«
    Er hob die Taschenlampe hoch. »Vielleicht sind es ja nur ein paar Kinder.«
    »Sei vorsichtig«, mahnte sie.
    »Bitte, fahre nicht nach Hause«, sagte er noch rasch, bevor er sich auf den Weg machte. »Ich kann mir nicht erklären, was passiert ist, aber ich bin wirklich kein Unhold. Ganz sicher nicht.«
    Der schnellste und direkteste Weg zur Klippe führte über den Strand. Peter lief in dem beklemmenden Gefühl über den Sand, das alles schon einmal erlebt zu haben. Der Anblick der Skyline von Boston beruhigte ihn jedoch, ebenso die schweren Baumaschinen. Als er zuletzt hier entlanggelaufen war, hatte er die Exekution seiner Frau im siebzehnten Jahrhundert erleben müssen.
    Ein winziger Verdacht keimte wie ein kleines Pflänzchen in seinem Kopf. Was, wenn dort oben …
    Nein! Das war doch nur ein Traum.
    Es dauerte keine zehn Minuten, und schon näherte er sich der Klippe. Der Lichtschein stammte sicher nicht von einem Lagerfeuer, sondern er kam eindeutig aus einer Laterne. Aber es war kein elektrisches Licht, denn die Flamme flackerte, außerdem bewegte es sich ständig, und er fragte sich wirklich, weshalb ein Camper dort oben so verrückt herumhüpfte.
    Er ließ die Taschenlampe ausgeschaltet und wünschte, dass er die Axt mitgenommen hätte. Inzwischen war die Flut aufgelaufen und das Vorwärtskommen sehr viel schwieriger. Wie Glassplitter knirschten kleine Kiesel unter seinen Sohlen. Kurz vor der Klippe nahm er die Abkürzung über die Dünen. Die flache Ebene dahinter war dunkel, aber schemenhaft konnte er die Umrisse der schweren Geräte erkennen. Die Spur war festgefahren. Er passierte eine größere Betonwanne, die auf Hatchers Karte als Pilgrim’s Pride eingezeichnet war.
    Er hielt inne. Das Licht war hinter der höchsten Erhebung der Klippe abgetaucht. Es war sein Richtpunkt gewesen, und nun war er verschwunden. Auch die Sterne waren hinter den Wolken nicht mehr zu sehen. Nur die Lichter auf der nächstgelegenen Insel leuchteten noch …
    Shepherd’s Island.
    Das Staatsgefängnis, erinnerte er sich. Womöglich waren Ausbrecher dort oben. Bewaffnete, verzweifelte Menschen. Es passte alles zusammen. Sie hatten auf einem

Weitere Kostenlose Bücher