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Der Ruf der Steine

Der Ruf der Steine

Titel: Der Ruf der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Goshgarian
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dunklen Verdacht beiseite zu schieben, dass Andy Unheil drohen könnte – die Halluzination, den Schaufelbagger, die Träume und sogar Flanagans ominöse Warnung. Und mehr noch: Unterschwellig spürte er, dass etwas auf dieser Insel von Andy Besitz ergreifen wollte. Ein fühlendes Wesen, aber dennoch böse.
    Es ist nicht die erste eigenartige Sache …
    Vielleicht ließ sich daraus ja auch eine Erklärung für den gestrigen Abend mit Connie ableiten.
    Er durfte das Licht nicht aus den Augen verlieren. Alles, was ihm im Leben etwas bedeutete, hing davon ab. Er rannte blindlings weiter und wusste nicht einmal, was er tun wollte, falls er das Wesen einholte. Aber die Gestalt bewegte sich mit großer Schnelligkeit – als ob sie ohne Kontakt mit dem Boden dahinglitte.
    Peter überquerte die Fahrspur am Rand der Marschwiesen. Falls das Wesen tatsächlich zum Cottage wollte, dann auf einem anderen Weg. Peter rannte über die aufgefüllte und planierte Fläche und schließlich die leichte Steigung zu dem Wall der dicht stehenden Eichen empor. Nie hatte er sich mehr nach Tageslicht gesehnt als in diesem Augenblick. Die Schwärze der Nacht war bedrückend.
    Als er die erste Baumreihe auf dem höchsten Punkt erreichte, begann es zu regnen. Wind bewegte die Äste. Geschmeidig glitt das flackernde Licht zwischen den Stämmen hindurch und tiefer in das Gehölz hinein.
    Diesen Teil der Insel hatte Peter bisher noch nicht erkundet. Einmal hatte er sich aufgemacht, aber die Maschinen hatten ihm den Weg versperrt. Er hätte gern gewusst, wie weit dieses Wäldchen reichte. Bestimmt nur einige hundert Meter. Er folgte einem Pfad, den er mehr ahnte als sah. Zweige knackten unter seinen Füßen. Die Bäume umstanden ihn wie feindliche Wesen von einem anderen Stern. Das Blätterdach war so dicht, dass kaum Regen hindurchdrang. Kein Hauch regte sich, und die feuchte, stehende Luft roch nach sterbenden Blättern. Rauchgeruch mischte sich dazu, und Millionen von Grillen zirpten erregt.
    Tiefer und tiefer drang Peter in das Dickicht vor und mühte sich, nicht auf herabgefallene Äste zu treten oder das Licht aus den Augen zu verlieren. Immerfort wiederholte er, dass es verrückt war, was er hier tat. Er sollte lieber ins Haus zurückkehren und sich dort mit der Axt auf die Lauer legen. Schließlich konnte sich dieses Wesen auch urplötzlich gegen ihn wenden, und dann war es zu spät. Aber er war schon viel zu weit gegangen und hatte die Windungen des Weges nicht mehr alle im Kopf. Bei dieser Dunkelheit würde er ohne eigenes Licht womöglich stundenlang im Kreis herumirren.
    Urplötzlich ertönte ein kreischend hoher Schrei aus der Finsternis.
    Der nächste war noch lauter, sodass sich unmöglich eine Richtung feststellen ließ. Weit entfernt war es jedenfalls nicht gewesen. Instinktiv riss Peter die Arme hoch, um sein Gesicht zu schützen. Sekunden später flatterte etwas knapp über seinen Kopf hinweg.
    Eine Schreieule, vermutete er, nichts Unheimliches. Drei Pfund Federn auf der Jagd nach einer Maus. Ein kleines nächtliches Drama. Völlig natürlich, sagte er sich.
    Er stolperte weiter.
    Trotz der kühlen Luft stand ihm der Schweiß auf der Stirn. Die Taschenlampe in seiner Hand fühlte sich glitschig an, doch angesichts wachsender Furcht war sie sein einziger Trost. Bis auf das Flackerlicht in der Entfernung umgab ihn absolute Finsternis. Wenn die Laterne verlöschte, war er verloren und hilflos … Prompt musste er an Andys Buch von Lewis Carroll denken.
    Und der Jabberwock kam mit glühenden Augen durch den Tulgey Wood und plapperte, während er näher kam.
    Was, wenn die Gestalt plötzlich die Kerze ausblies? Wenn sie beschloss, dass sie ihn nun weit genug in den Wald gelockt hätte, um ihn zu töten? Das Ganze konnte eine Falle sein. Jede Sekunde konnte sich das gehörnte Etwas kreischend aus dem Dunkel der Nacht auf ihn stürzen. Aber alles blieb ruhig.
    Nur vom entnervenden Zirpen der Grillen begleitet, stolperte er weiter in die schwarze Dunkelheit hinein. Plötzlich nahm er etwas aus dem Augenwinkel wahr. Ein grünliches Schillern überzog den Boden zu seiner Rechten. Ganz deutlich konnte er sehen, dass der Boden glühte. Er sah sich um. Überall quoll der grünliche Nebel wie Lava aus der Erde hervor. Die glimmende Helligkeit hatte den Weg verschluckt. Er war umzingelt. Er stolperte blindlings der Laterne hinterher, aber der Nebel klebte an seinen Füßen und dem unteren Rand seiner Jeans. Wie phosphoreszierende

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