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Der Ruf der Steine

Der Ruf der Steine

Titel: Der Ruf der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Goshgarian
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heruntergebrannt. Gebannt beobachtete Peter, wie ein Falter der Flamme ein wenig zu nahe kam und zu Asche verpuffte. Tiefes Schweigen trennte sie so unpassierbar wie eine Herde vorbeimarschierender Elefanten.
    Schließlich brach Connie den Bann, indem sie ihr Weinglas auf den Tisch stellte. »Was ist los, Peter?«
    Peter nahm einen reifen Pfirsich aus der Schale.
    »Was meinst du damit?«
    »Ich habe das Gefühl, dass du etwas verbirgst.«
    Er wandte den Kopf zur Seite, sodass nur sein halbes Gesicht beleuchtet wurde. »Ach ja?« Faszinierend, wie menschlich sich diese Pfirsichhaut anfühlte. Er rollte die Frucht auf der Handfläche hin und her.
    »Ja. Du sprichst so, als ob du gar nicht anwesend wärst.«
    Er zog das Messer aus dem Futteral an seinem Gürtel. »Vielleicht lenkt mich ja die Grabung ab.«
    »Meinst du? Warum habe ich dann das Gefühl, als ob du ganz woanders wärst und etwas vor uns verbergen wolltest?«
    »Das weiß ich nun wirklich nicht. Diese Frage kannst vermutlich nur du allein beantworten.« Ganz langsam schälte er die Haut vom Fruchtfleisch ab.
    »Ach, hör doch auf, Peter.«
    »Womit, wenn ich fragen darf? Was, zum Teufel, sollte ich denn vor euch verbergen wollen?«
    »Hör einfach mit diesen Spielchen auf. Seit der Begegnung mit Hannah benimmst du dich eigenartig. Andy empfindet das genauso. Heute Abend hat er mich gebeten, ihm eine Geschichte vorzulesen, weil du keine Zeit für ihn hattest.«
    »Ich habe zusammen mit Sparky gekocht!« Die lange Spirale der Pfirsichhaut erinnerte ihn an ein Bild von Dali.
    »Es geht mich ja nichts an, aber mir scheint, dass er ein wenig durcheinander ist. Seit zwei Tagen klagt er ständig über Kopf- oder Bauchschmerzen und jammert vor Heimweh. Er wirkt ängstlich und glaubt, dass du böse auf ihn bist und dass du ihn nicht mehr magst.«
    »Dass du ihn nicht mehr magst.« Die Worte schnitten so heftig in seine Seele, dass er unwillkürlich zusammenzuckte. Aber schon setzte sich sein Unterbewusstsein zur Wehr. Lass dich nicht von ihr beeinflussen. Lass es nicht zu. Du weißt, was wichtig ist. Er legte das Messer auf den Tisch. »Das ist ja lächerlich«, sagte er. »Ich liebe Andy.« Die Haut ringelte sich wie eine Schlange, als er sie sorgfältig zu einem hohlen Pfirsich zusammenfügte. Dann platzierte er die Frucht auf dem Hals seiner leeren Flasche.
    Hello, Dali, you’re looking swell, Dali. It’s nice to have you back where you belong  …
    Der nackte Pfirsich starrte wie ein leeres Gesicht vom Teller zu ihm empor. »Er hat nur Sehnsucht nach seinen Spielkameraden. Und das Fernsehen vermisst er auch. Das ist alles.«
    Connie nickte. »Mag sein«, sagte sie.
    Die Schneide des Messers war klebrig.
    Er spürte, dass sie ihn anstarrte. Offenbar hatte sie noch mehr auf dem Herzen, wusste aber nicht recht, wie sie mit ihm reden sollte. Es wurde immer mühsamer. »Es dauert ja nicht mehr lang«, sagte er. Dann nahm er den geschälten Pfirsich in die Hand und schnitt ein keilförmiges Stück heraus. Die Innenseite schimmerte in einem satten Pink.
    »Aber damals in der Nacht …« Sie zögerte. »Damals in der Nacht, bei unserem Spaziergang, hielt ich dich für einen richtig netten Mann. Aber dann ist etwas geschehen, was ich einfach nicht verstehen kann.«
    »Komplimente höre ich immer gern, Connie.«
    Unbeirrt sah sie ihn an.
    Wieder schnitt Peter in das üppige Pink. »Möchtest du ein Stück Pfirsich?« Grinsend hielt er ihr den Schnitz auf dem Messer hin.
    Sie starrte auf das Messer. »Nein, danke.«
    »Ich will dich wirklich nicht aufhalten.«
    Sie stand auf. »Gute Nacht.«
    »Gute Nacht, Connie.«
    An der Tür drehte sie sich kurz um. »Peter?«
    »Ja.«
    »Und wie geht es jetzt weiter?«
    »Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.«
    Sie fragte nicht, wer mit dem sie gemeint war, und ging wortlos ins Haus.
    Peter warf sich das Stück Pfirsich in den Mund.
    Eine Stunde später saß Peter noch immer auf der Veranda. Die Kerze war längst erloschen, doch es war hell genug, um etwas zu erkennen. Er trank noch ein Bier und hatte plötzlich große Lust auf eine Zigarette. Vor sieben Jahren hatte er das Rauchen aufgegeben, aber so stark hatte ihn das Bedürfnis noch nie heimgesucht.
    Als er sicher war, dass Connie und die Kellehers schliefen, ging er zum Strand hinunter. An Schlafen war jetzt nicht zu denken. Bis zur Klippe waren es fünfzehn Minuten. Dank der Ebbe war das Meer ruhig. Als der Sand unter seinen Sohlen knirschte, hatte

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