Der Ruf Der Trommel
gedämpfte Nachfrage. Ich legte mich auf den Stein zurück, den Rücken durchgedrückt, während die Sterne über mir schwindelerregend zu tanzen begannen.
»Ich habe ›Oh!‹ gesagt«, sagte ich schwach. Und dann sagte ich eine ganze Zeitlang nichts Zusammenhängendes mehr, bis er heftig atmend dalag und sein Kinn ganz leicht auf mein Schambein stützte. Ich langte herunter, um ihm das schweißdurchtränkte Haar aus dem Gesicht zu streichen, und er küßte meine Handfläche.
»Ich komme mir vor wie Eva«, sagte ich leise und sah zu, wie hinter ihm der Mond im dunklen Wald versank. »Genau am Rand des Gartens Eden.«
In meiner Nabelgegend erklang ein kurzes, prustendes Lachen.
»Aye, dann bin ich wohl Adam«, sagte Jamie. »Am Tor zum Paradies.« Er wandte den Kopf und blickte sehnsüchtig über den Fluß auf das unbekannte Land, dann legte er seine Wange auf meinen Bauch. »Ich wünschte nur, ich wüßte, ob ich gerade hineingehe oder herauskomme.«
Ich lachte ebenfalls, und das schreckte ihn auf. Dann packte ich ihn bei beiden Ohren und zog ihn sanft über meine schlüpfrige nackte Haut.
»Hinein«, sagte ich. »Ich sehe jedenfalls keinen Engel mit einem Feuerschwert.«
Er sank auf mich herab, seine Haut ebenfalls fieberheiß, und ich erschauerte unter ihm.
»Nicht?« murmelte er. »Dann siehst du wohl nicht genau genug hin.«
Dann trennte mich das Feuerschwert vom Bewußtsein ab und steckte meinen Körper in Brand. Wir flammten gemeinsam auf, hell wie Sterne in der Sommernacht, dann sanken wir ausgebrannt zurück, und unsere Asche löste sich auf in einem warmen Urmeer aus Salzwasser, in dem sich das erste pulsierende Leben regte.
ZWEITER TEIL
Schatten der Vergangenheit
3
Pastors Katze
Boston, Massachusetts, Juni 1969
»Brianna?«
»Hä?« Sie schoß hoch. Ihr Herz schlug wie wild, und der Klang ihres Namens hallte in ihrem Ohr nach. »Wer - was?«
»Du hast geschlafen. Verdammt, ich wußte doch, daß ich die falsche Zeit erwischt habe! Entschuldigung, soll ich wieder auflegen?«
Es war der gutturale Klang seiner Stimme, der schließlich ihre verwirrten Nervenverbindungen einrasten ließ. Telefon. Das Telefon hatte geklingelt, und sie hatte mitten im Traum automatisch abgehoben.
»Roger!« Der Adrenalinstoß des plötzlichen Erwachens ließ nach, doch ihr Herz raste immer noch. »Nein, leg nicht auf! Es ist in Ordnung, ich bin wach.« Sie rieb sich mit der Hand über das Gesicht und versuchte dann, die Telefonschnur zu entwirren und gleichzeitig das Bettzeug glattzustreichen.
»Aye? Sicher? Wie spät ist es bei dir?«
»Keine Ahnung es ist so dunkel, daß ich die Uhr nicht sehen kann«, sagte sie immer noch schlafverwirrt. Ein zögerndes, leises Lachen antwortete ihr.
»Es tut mir wirklich leid; ich habe versucht, die Zeitdifferenz auszurechnen, aber ich muß es verkehrt herum gemacht haben. Ich wollte dich nicht aufwecken.«
»Schon okay, ich hätte ja sowieso aufwachen müssen, um ans Telefon zu gehen«, versicherte sie ihm und lachte.
»Aye, gut…« Sie konnte das Lächeln in seiner Stimme hören und ließ sich wieder in die Kissen sinken. Sie schob sich die Locken aus den Augen und gewöhnte sich langsam ans Hier und Jetzt. Ihr Traum war ihr immer noch gegenwärtig, wirklicher als die in Dunkelheit gehüllten Umrisse ihres Schlafzimmers.
»Es tut gut, deine Stimme zu hören, Roger«, sagte sie leise. Sie war überrascht, wie gut es tat. Seine Stimme war weit weg und wirkte
doch viel unmittelbarer als das entfernte Sirenengeheul und das Zischen der Reifen draußen auf dem Asphalt.
»Mir tut es auch gut.« Er klang ein bißchen schüchtern. »Hör mal, ich könnte nächsten Monat in Boston an einer Konferenz teilnehmen. Ich habe mir gedacht, ich könnte kommen, wenn - verdammt, ich weiß nicht, wie ich es sagen soll. Willst du mich sehen?«
Ihre Hand umklammerte den Hörer, und ihr Herz tat einen Sprung.
»Tut mir leid«, sagte er sofort, bevor sie antworten konnte. »Ich setze dich unter Druck, stimmt’s? Ich… also… sag mir gleich, wenn es dir nicht recht ist.«
»Doch. Klar ist es mir recht!«
»Ah. Du hast also nichts dagegen? Nur… du hast meinen Brief nicht beantwortet. Ich dachte, ich hätte vielleicht etwas getan -«
»Nein, hast du nicht. Tut mir leid. Es war nur -«
»Schon gut. Ich wollte nicht -«
Ihre Sätze kollidierten, und sie hielten beide inne, gelähmt vor Befangenheit.
»Ich wollte nicht drängen -«
»Ich wollte nicht -«
Da war es schon wieder
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