Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
Eine Explosion aus heißem, schmackhaftem Saft und lockerem Pastetenteig erfüllte ihren Mund, und sie schloß selig die Augen.
    »Das Essen war entweder furchtbar schlecht oder furchtbar gut«, hatte Claire gesagt, als sie ihre Abenteuer in der Vergangenheit beschrieb. »Das liegt daran, daß man nichts frischhalten kann; alles, was man ißt, ist entweder gepökelt oder in Schmalz konserviert, wenn es nicht halb ranzig ist - oder es stammt frisch von der Keule oder aus dem Garten, in welchem Fall es absolut phantastisch sein kann.«
    Die Pastete war absolut phantastisch, entschied Brianna, auch wenn ihr pausenlos Krümel in den Ausschnitt fielen. Sie strich sich möglichst unauffällig über den Busen, doch die Menge hatte ihre Aufmerksamkeit verlagert - jetzt sah ihr niemand mehr zu.
    Oder fast niemand. Ein schmaler, blonder Mann in einem schäbigen Rock war neben ihr aufgetaucht und machte kleine, nervöse Bewegungen, als wollte er sie am Ärmel zupfen, hätte aber nicht ganz den Mut dazu. Unsicher, ob er ein Bettler oder ein weiterer unverfrorener Freier war, sah sie ihn argwöhnisch von oben herab an.
    »Ja?«
    »Ihr - Ihr braucht einen Diener, Ma’am?«

    Sie gab ihre Zurückhaltung auf, denn ihr wurde klar, daß er aus der Menge der Zwangsarbeiter gekommen sein mußte.
    »Oh. Tja, ich würde nicht sagen, daß ich wirklich einen brauche, aber es sieht so aus, als würde ich trotzdem einen bekommen.« Sie blickte zu Jamie herüber, der gerade ein untersetztes Individuum mit Käferbrauen und den Schultern eines Dorfschmiedes befragte. Sie blickte wieder auf den kurzen Mann vor ihr; mit Jamies Maß gemessen machte er nicht viel her, doch mit ihrem…
    »Seid Ihr interessiert?« fragte sie.
    Der Ausdruck abgehärmter Nervosität wich nicht aus seinem Gesicht, doch in seinen Augen erschien ein flüchtiges Hoffnungsleuchten.
    »Es - ich - also - nicht ich, nein. Aber könnt Ihr - vielleicht darüber nachdenken - würdet Ihr meine Tochter nehmen?« sagte er schließlich. »Bitte!«
    »Eure Tochter?« Erschrocken blickte Brianna zu ihm herab und vergaß die halbgegessene Pastete.
    »Ich bitte Euch, Ma’am!« Zu ihrer Überraschung standen Tränen in den Augen des Mannes. »Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie sehr ich Euch anflehe oder wie dankbar ich Euch wäre!«
    »Aber - äh...« Brianna strich sich die Krümel aus dem Mundwinkel und fühlte sich furchtbar verlegen.
    »Sie ist ein kräftiges Mädchen trotz ihrer Erscheinung, und sehr willig! Sie wird mit Freuden jeden Dienst für Euch erledigen, Ma’am, wenn Ihr ihren Vertrag übernehmt!«
    »Aber warum sollte - also, wo ist das Problem?« sagte sie, und Neugier und Mitleid mit seinem offensichtlichen Unbehagen überwanden ihre Verlegenheit. Sie ergriff seinen Arm und zog ihn in den Schutz einer Ecke, wo der Lärm etwas schwächer war.
    »Also, warum seid Ihr so wild darauf, daß ich Eure Tochter einstelle?«
    Sie konnte sehen, wie sich seine Halsmuskeln bewegten, als er krampfhaft schluckte.
    »Es gibt da einen Mann. Er - er will sie. Nicht als Dienstmädchen. Als seine - als seine - Konkubine.« Die Worte kamen als heiseres Flüstern, und ein tiefes Rot verfärbte sein Gesicht.
    »Mmpfm«, sagte Brianna und entdeckte plötzlich, wie praktisch dieser zweideutige Ausdruck war. »Ich verstehe. Aber Ihr müßt Eure Tochter doch nicht zu ihm schicken, oder?«
    »Ich habe keine Wahl.« Seine Qualen waren unübersehbar. »Mr. Ransom - der Makler - hat ihren Vertrag gekauft.« Er fuhr mit dem Kopf zurück und wies auf einen zäh aussehenden Herrn mit einer
Zopfperücke, der sich gerade mit Jamie unterhielt. »Er kann ihn überschreiben, auf wen er will - und er wird sie ohne Zögern diesem… diesem…« Die Verzweiflung überwältigte ihn, und die Worte blieben ihm im Hals stecken.
    »Hier, nehmt das.« Hastig löste sie das große Halstuch von ihrem Mieder und gab es ihm. So sah sie zwar nicht mehr ganz schicklich aus, doch dies schien ein Notfall zu sein.
    Jedenfalls war es für ihn eindeutig einer. Er tupfte sich blindlings über das Gesicht, bevor er das Tuch sinken ließ und ihre freie Hand zwischen die seinen nahm.
    »Er ist ein Viehhändler; er ist zum Viehmarkt gegangen, um seine Tiere zu verkaufen. Wenn er damit fertig ist, kommt er mit dem Geld für ihren Vertrag zurück und nimmt sie in sein Haus in Aberdeen mit. Als ich gehört habe, wie er das zu Ransom sagte, wurde ich furchtbar verzweifelt. Ich habe zum Herrn dringend um ihre Erlösung gebetet. Und

Weitere Kostenlose Bücher