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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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an zu sprechen und hielt dann von Zweifel ergriffen inne. Wie sollte sie ihn nennen? Nicht Papa. Frank Randall war ihr Leben lang Papa für sie gewesen; es wäre Verrat, wenn sie einen anderen Mann so nannte - egal, welchen. Jamie? Nein, das konnte sie unmöglich; so sehr ihn ihr Auftauchen aus der Fassung gebracht hatte, er strahlte eine beachtliche Würde aus, die es ihr verbot, ihn einfach so beim Vornamen zu nennen. »Vater« erschien ihr distanziert und streng - und was Jamie Fraser auch immer sein mochte, das war er nicht; nicht für sie.
    »Du kannst… mich Pa nennen«, sagte er. Seine Stimme war heiser; er hielt inne und räusperte sich.»Wenn - wenn du willst, meine ich«, fügte er scheu hinzu.
    »Pa«, sagte sie, und diesmal spürte sie das Lächeln mit Leichtigkeit aufblühen, von keiner Träne gebremst. »Pa. Ist das Gälisch?«
    Er erwiderte das Lächeln, und sein Mundwinkel zitterte leicht.
    »Nein. Es ist nur… einfach.«
    Und mit einemmal war alles einfach. Er streckte seine Arme aus.
Sie trat auf ihn zu und stellte fest, daß sie unrecht gehabt hatte; er war so groß, wie sie ihn sich vorgestellt hatte - und er umarmte sie mit der ganzen Kraft, auf die sie gehofft hatte.
     
    Danach schien sich alles in einem Zustand der Benommenheit abzuspielen. Von ihren Gefühlen und der Müdigkeit überwältigt, nahm Brianna die Ereignisse eher wie eine Bilderserie wahr, scharf wie Standfotografien, und nicht als lebendige Bewegung.
    Lizzie, die grauen Augen blinzelnd im plötzlichen Licht, winzig und bleich in den Armen eines stämmigen, schwarzen Knechtes, der skurrilerweise einen schottischen Akzent hatte. Ein Wagen, auf dem sich Glas und duftendes Holz türmten. Glänzende Pferdekruppen und das Rucken und Ächzen von Holzrädern. Die Stimme ihres Vaters, tief und warm in ihrem Ohr, während er ein im Bau befindliches Haus beschrieb, hoch auf einem Bergrücken, und ihr erklärte, daß die Fenster eine Überraschung für ihre Mutter waren.
    »Aber nicht so eine Überraschung wie du, Liebes!« Und ein Lachen voll tiefer Freude, das in ihrem Innersten widerzuhallen schien.
    Eine lange Fahrt über staubige Straßen, und sie schlief mit dem Kopf an der Schulter ihres Vaters, der seinen freien Arm beim Fahren um sie legte, atmete den unvertrauten Geruch seiner Haut ein, und sein seltsames, langes Haar streifte ihr Gesicht, wenn er den Kopf drehte.
    Dann der kühle Luxus des großen, luftigen Hauses, das erfüllt war von Bienenwachs- und Blumenduft. Eine hochgewachsene Frau mit weißem Haar und Briannas Gesicht und einem blauäugigen Blick, der sie verunsicherte, weil er durch sie hindurchzusehen schien. Lange, kühle Hände, die ihr Gesicht berührten und mit abwesender Neugier ihr Haar streichelten.
    »Lizzie«, sagte sie, und eine hübsche Frau beugte sich über Lizzie und murmelte »Chinarinde«, ihre schwarzen Hände wunderschön vor dem Hintergrund von Lizzies gelbem Porzellangesicht.
    Hände - so viele Hände. Alles geschah wie von Zauberhand unter sanftem Murmeln, während sie von Hand zu Hand gereicht wurde. Sie wurde ausgezogen und gebadet, bevor sie etwas dagegen einwenden konnte, mit duftendem Wasser übergossen, feste, sanfte Finger massierten ihr die Kopfhaut, während man ihr Lavendelseife aus dem Haar spülte. Leinenhandtücher und ein kleines, schwarzes Mädchen, das ihr die Füße abtrocknete und sie mit Reispuder einstäubte.
    Ein frisches Baumwollkleid, dann barfuß über blankgewichste Fußböden schweben, und dann die Augen ihres Vaters, die bei ihrem
Anblick aufleuchteten. Essen - Kuchen und Obstspeisen und Gelees und Teegebäck - und heißer, süßer Tee, der ihr das Blut in den Adern zu ersetzen schien.
    Ein hübsches, blondes Mädchen mit einem Stirnrunzeln, das ihr seltsam bekannt vorkam; ihr Vater nannte sie Marsali. Lizzie, gewaschen und in eine Decke gehüllt, die zerbrechlichen Hände um einen Becher mit einer stark riechenden Flüssigkeit geschlossen. Sie sah aus wie eine Blume, die frisches Wasser bekommen hatte, nachdem jemand auf sie getreten war.
    Gespräche und Neuankömmlinge und noch mehr Gespräche, von denen nur gelegentlich eine Phrase den zunehmenden Nebel in ihrem Kopf durchdrang.
    »…Farquard Campbell ist nicht so dumm…«
    »Fergus, Pa, hast du ihn gesehen? Geht’s ihm gut?«
    Pa? dachte sie, halb verwundert und vage verärgert, daß ihn jemand anders so nannte, weil… weil…
    Die Stimme ihrer Tante, die aus weiter Ferne kam und sagte: »Das arme Kind schläft im

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