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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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oben gegangen, wie sie mir gesagt hatte, und ich habe im Bett gelegen, Sir, und aus Leibeskräften gebetet!«

    »Oh, ja, das war bestimmt sehr hilfreich!«
    »Onkel Jamie…« Ians Stimme war leise, aber nicht im mindesten zurückhaltend, und seine braunen Augen ruhten fest auf Jamie. »Sie ist doch nur ein kleines Mädchen, Onkel Jamie; sie hat ihr Bestes getan.«
    Jamie rieb sich fest mit der Hand über die Kopfhaut.
    »Aye«, sagte er. »Aye, tut mir leid, Kleine; ich hatte nicht vor, dir den Kopf abzureißen. Aber kannst du nicht auf den Punkt kommen?«
    Ein heißer, roter Fleck hatte auf jeder ihrer Wangen zu brennen begonnen.
    »Sie - sie ist erst kurz vor der Dämmerung zurückgekommen. Und - und…«
    Jamie war mit seiner Geduld fast am Ende, und zweifellos konnte man seinem Gesicht das ansehen.
    »Ich konnte ihn an ihr riechen«, flüsterte sie und senkte die Stimme so weit, daß sie fast unhörbar wurde. »Seinen… Samen.«
    Die Wut überrannte ihn unvorbereitet, wie ein weißglühender Blitz, der ihm durch Brust und Bauch fuhr. Sie erstickte ihn fast, doch er unterdrückte sie fest und hielt sie unter Kontrolle wie die Kohlen in einer Feuerstelle.
    »Also hat er sie in sein Bett geholt; bist du dir sicher?«
    Durch und durch verlegen über seine Direktheit, konnte die kleine Magd nur nicken.
    Lizzie vergrub ihre Hände im Stoff ihres Kleides; ihr Rock war völlig zerbeult und zerknittert. Ihre Blässe war tiefem Erröten gewichen; sie sah aus wie eine von Claires Tomaten. Sie konnte ihm nicht ins Gesicht sehen, sondern ließ den Kopf hängen und starrte zu Boden.
    »Oh, Sir. Sie bekommt ein Kind, könnt Ihr das nicht sehen? Es muß von ihm sein - sie war eine Jungfrau, als er sie genommen hat. Er ist ihr gefolgt - und sie hat Angst vor ihm.«
    Ganz plötzlich konnte er es sehen und spürte, wie ihm die Haare auf den Armen und Schultern zu Berge standen. Der Herbstwind blies ihm eisig durchs Hemd, und seine Wut verwandelte sich in Übelkeit. All die kleinen Dinge, die er halb gesehen und halb gedacht hatte, ohne ihnen zu erlauben, an die Oberfläche seines Bewußtseins zu steigen, ergaben auf einmal ein logisches Muster.
    Ihr Aussehen und die Art, wie sie sich verhielt; im einen Augenblick lebendig und im nächsten in sorgenvollen Gedanken verloren. Und das Leuchten in ihrem Gesicht, auch wenn die Sonne nicht schien. Er wußte genau, wie eine Frau in anderen Umständen aussah; wenn er sie vorher schon gekannt hätte, hätte er die Veränderung gesehen; aber so…
    Claire. Claire wußte es. Der Gedanke überkam ihn mit kalter Gewißheit.
Sie kannte ihre Tochter, und sie war Ärztin. Sie mußte es wissen - und hatte es ihm nicht gesagt.
    »Bist du dir da sicher?« Die Kälte ließ seine Wut gefrieren. Er konnte spüren, wie sie in seiner Brust steckte - ein gefährliches, gezacktes Objekt, das in alle Richtungen zu zeigen schien.
    Lizzie nickte wortlos, und errötete noch stärker, sofern das überhaupt noch möglich war.
    »Ich bin ihr Dienstmädchen, Sir«, flüsterte sie, die Augen zu Boden gerichtet.
    »Sie meint, Brianna hat seit zwei Monaten ihre Regel nicht mehr gehabt«, sprang Ian nüchtern ein. Er war das jüngste Kind in einer Familie mit mehreren Schwestern, und ihn hemmte kein Feingefühl, wie es Lizzie hatte. »Sie ist sich sicher.«
    »Ich - ich hätte nie etwas gesagt, Sir«, fuhr das Mädchen am Boden zerstört fort. »Nur, als ich den Mann gesehen habe…«
    »Meinst du, er ist gekommen, um Anspruch auf Brianna zu erheben, Onkel Jamie?« unterbrach Ian. »Wir müssen ihn aufhalten, aye?« Der Junge sah jetzt deutlich wütend und aufgeregt aus, und seine Wangen wurden davon rot.
    Jamie holte tief Luft und merkte jetzt erst, daß er sie angehalten hatte.
    »Ich weiß es nicht«, sagte er, überrascht über die Ruhe in seinem Tonfall. Er hatte kaum Zeit gehabt, um die Neuigkeit zu verdauen, geschweige denn, irgendwelche Schlüsse daraus zu ziehen, doch der Junge hatte recht, es war eine Gefahr, um die man sich kümmern mußte.
    Wenn dieser MacKenzie es wollte, dann konnte er nach gültigem Gesetz Anspruch darauf erheben, Brianna zur Frau zu nehmen. Ein Gerichtshof würde eine Frau nicht notwendigerweise dazu zwingen, einen Vergewaltiger zu heiraten, doch jeder Magistrat würde das Recht eines Mannes auf seine Frau und sein Kind schützen - egal, was die Frau darüber dachte.
    Seine eigenen Eltern hatten so geheiratet: sie waren geflohen und hatten sich so lange in den Hügeln der Highlands

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