Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ruf Der Walkueren

Der Ruf Der Walkueren

Titel: Der Ruf Der Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Kunz
Vom Netzwerk:
zu. »Was kann ich für Euch tun, Andvari?«
    Der Angesprochene wartete, bis Sigfrid sich an ihm vorbeigedrückt hatte, und trat dann ins Licht. Er reichte Mime kaum bis an die Brust, und das trotz seiner obskuren Kopfbedeckung, einer erdfarbenen Mütze, die ihn größer machte, als er wirklich war. Doch ungeachtet ihrer geringen Körpergröße waren Schwarzalben gefährlich, wenn man sie reizte. Andvari trug einen abgewetzten laubfarbenen Mantel aus undefinierbarem Material, der von einem riesigen Gürtel gehalten wurde, an dem eine ebenso riesige Gürteltasche befestigt war, die vermutlich Werkzeuge, Gold und Wodan allein mochte wissen was noch beinhaltete. Seine Haut war wettergegerbt und voller Falten. Niemand konnte das Alter eines Alben schätzen, dieser mochte ebenso gut fünfzig wie fünfhundert Jahre alt sein. Bezeichnend waren die großen, verhornten Füße. Mime hatte noch nie einen Schwarzalben mit Schuhen gesehen. Entweder war ihnen die Herstellung von Fußbekleidung unbekannt, oder sie machten sich nichts daraus. Da sie die überwiegende Zeit ihres Lebens im Inneren der Erde zubrachten, waren ihre Augen lichtempfindlich. Sie schützten sie, indem sie die Lider zu schmalen Schlitzen zusammenkniffen.
    Andvaris bartloser Begleiter war von zarter Gestalt, noch auffälliger allerdings waren seine zierlichen Hände. Er hielt sich im Schatten und schien es nicht zu mögen, in Augenschein genommen zu werden. Andvari nannte ihn Dólgthrasir, ein Name, der für Mime ohne Bedeutung war. Er konnte Schwarzalben ohnehin nicht gut auseinanderhalten. Welcher Mensch konnte das schon? Letzten Endes sahen sie doch alle gleich aus.
    Die beiden Besucher kreuzten ihre Arme vor dem geneigten Kopf, die Handflächen offen nach außen gerichtet, der rituelle Gruß des Stillen Volkes. Die gekreuzten Arme standen für gebō , die Rune der Gastfreundschaft. Der Schmied erwiderte die Geste mit einem gleichgültigen Nicken.
    »Wir haben einen Auftrag für Euch«, sagte Andvari mit der für sein Volk so charakteristischen kratzenden Stimme. Seine Sippe, berichtigte sich Mime im Stillen. Schwarzalben bezeichneten sich selbst als Sippe, als Abkömmlinge eines einzigen Urahnen. Bei ihrer Lebensdauer war das vermutlich sogar wahr. Man sagte, ihr Geschlecht sei so alt wie das Urgestein.
    Mime tat desinteressiert. »Ich habe bereits mehr Aufträge, als ich bewältigen kann.« Er tauchte das frisch geschmiedete Schwert in einen Eimer Wasser, um es zu härten. Es zischte, Rauch erfüllte die Hütte. Die ganze Aufmerksamkeit des Schmiedes galt in diesem Moment seiner Arbeit, er ignorierte seine Besucher einfach. Es schien sie nicht zu stören. Dies war eine ihrer ärgerlichsten Eigenschaften: Sie waren kaum aus der Ruhe zu bringen. Bedauerlich, denn wütende Leute ließen sich leichter zu Dummheiten verleiten. Das Doppelte zu zahlen, beispielsweise.
    »Ihr werdet Eure anderen Arbeiten verschieben.«
    »Und warum sollte ich das tun?«
    Wortlos legte Andvari einen funkelnden Stein auf den Tisch. Gierig griff der Schmied danach und konnte nicht verhindern, dass seine Hände zitterten. Er lugte zu seinen Besuchern hinüber, hütete sich allerdings, einem von ihnen in die Augen zu sehen, um nicht ihrem verderblichen Blick zu begegnen. Man musste schon oft mit ihresgleichen zu tun gehabt haben, um die Andeutung des Lächelns in ihren Mienen zu bemerken. Mime hielt den Edelstein ins Licht. »Ein Drachenauge«, sagte er fassungslos.
    Der Rubin war von perfekter Symmetrie. Kundige Hände hatten den Stein geschliffen und jede Unebenheit beseitigt. Seine Basis war senkrecht zur optischen Hauptachse gelegt worden, um den Farbwechsel bei einer Lichtänderung am besten zur Wirkung zu bringen. Es gehörte große Kunst dazu, einen solchen Stein zu schneiden.
    »Dies ist nur ein Teil dessen, was Ihr erhalten sollt. Wenn Ihr den Auftrag zu unserer Zufriedenheit erfüllt, werdet Ihr einen ganzen Beutel bekommen.«
    »Und was verlangt Ihr dafür von mir?«
    »Ein Schwert.«
    »Für einen Beutel dieser Steine könnt Ihr tausend Schwerter bekommen.«
    »Es muss das härteste und schärfste Schwert sein, das Ihr je gemacht habt, dabei aber so leicht, dass es wie eine Feder in der Hand liegt.«
    »Wofür braucht Ihr ein solches Schwert?«
    »Das geht Euch nichts an. Ihr sollt es nur schmieden.«
    Überhebliches Pack! Nein, Mime mochte die Alben wirklich nicht. Doch ihre Bezahlung, die mochte er. Und natürlich erfüllte es ihn mit Stolz, dass die Schwarzalben, selbst

Weitere Kostenlose Bücher