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Der Ruf Der Walkueren

Der Ruf Der Walkueren

Titel: Der Ruf Der Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Kunz
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innerhalb des umfriedeten Ringes auf dem Boden Platz. Alle trugen ihre Waffen, das Zeichen des freien Mannes. Neidisch sah Sigfrid auf die blitzenden Schwerter. Er selbst besaß nur einen Dolch. Die abschätzenden Blicke, die herauszufinden suchten, ob Sigmunds Sohn den Mut und die Kraft besaß, um ein Mann genannt zu werden und Waffen tragen zu dürfen, verunsicherten ihn.
    Ein Hahn wurde geschlachtet, sein Blut auf dem Boden vergossen. König Sigmund, der auch das Amt des harugaris , des Hüters des Heiligtums, innehatte, warf die Runenstäbchen. Das Ergebnis der Lose schien ihn zu befriedigen. Er stellte sich auf einen erhöhten Felsen, damit ihn alle gut sehen konnten, und erhob seine Stimme. »Ist es des Thinges Zeit und Ort?«, fragte er nach alter Sitte.
    Die Männer schlugen zustimmend ihre Waffen zusammen.
    »Ist das Thing gehörig besetzt und gehegt?«
    Wieder antwortete Eisen auf Eisen.
    »Soll dem Thing Friede gewirkt werden?«
    Ein drittes Mal klirrende Zustimmung.
    »So verkünde ich den Thingfrieden. Tiwaz gebe dieser geweihten Stätte seinen Schutz.« Nachdem er Lust geboten und Unlust verboten hatte, die Aufforderung an die Männer zuzuhören, trug Sigmund den Anwesenden die Abstammung seines Sohnes vor. Es war eine lange, eindrucksvolle Reihe klingender Namen, und die Krieger nickten wissend. Ja, sie kannten die Männer, von denen da die Rede war, mit manchen hatten sie Seite an Seite gekämpft, andere waren ihnen aus den Liedern der Skopen ein Begriff. Es war ein starkes Geschlecht, dem Sigfrid entstammte, ein Geschlecht tapferer Krieger und heilhafter Könige. Wahrheitsgemäß berichtete Sigmund von der Ausbildung seines Sohnes im Umgang mit Waffen, ehe er endlich die Frage stellte, von der Sigfrid allmählich befürchtete, dass er sie nie in seinem Leben hören würde. »Erkennt die Versammlung Sigfrid, Sigmunds Sohn, als freien Mann und mündigen Krieger an?«
    Der Junge wagte nicht, in die Gesichter der Männer zu schauen. Er fürchtete sich vor dem dumpfen Gemurmel, das ihre Ablehnung zeigen würde. Als er stattdessen den Klang von Schwert auf Schild vernahm, glaubte er, vor Erleichterung ohnmächtig zu werden. Sie erkannten ihn an! Sie nahmen ihn in ihrer Mitte auf! Er sah den Stolz in den Augen seines Vaters, als der ihm ein Schwert umgürtete und einen Schild überreichte, Waffen, die Sigmund einst von seinem Vater auf dem Thing erhalten hatte. Die vereinigte Kraft ihrer Ahnen floss durch dieses Schwert.
    Zur Überraschung aller hob der König erneut die Stimme. »Vor langer Zeit gab Wodan mir dieses Amulett als Zeichen seiner Gunst.« Stille breitete sich aus. Keiner war hier, der nicht von jener schicksalhaften Schlacht wusste. »So, wie der Wüter mir das Heil der Asen schenkte, so möge er es in Zukunft meinem Sohn schenken.« Mit diesen Worten hängte er Sigfrid, der vor Freude kaum an sich halten konnte, das Amulett um den Hals.
    Und jetzt wollte der ohrenbetäubende Lärm der Schwerter kein Ende nehmen.
5
    Der Lärm wollte kein Ende nehmen. Das Geschrei der hungrigen Gänse trug nicht dazu bei, dass Sigfrids Laune sich besserte. Der Traum der letzten Nacht, die Erinnerung an seine Aufnahme in den Kreis waffenfähiger Männer, war zweifellos ein Zeichen gewesen. Er war ein Krieger, geschaffen für Heldentaten, nicht um Blasebälge zu treten. Andererseits wollte er nicht fort, ehe Mime ihm nicht ein Meisterschwert schmiedete. Seit dem Vorfall gestern hatte sein Meister kein Wort zu ihm gesprochen. Offenbar war er immer noch verärgert.
    Das Schnattern und Kreischen ging dem Jungen auf die Nerven. Was wollte ein Schmied überhaupt mit Gänsen? Anscheinend hatte er nicht mal die Zeit, sie regelmäßig zu füttern. Wenn er sie wenigstens ins Freie lassen würde, damit sie sich selbst Gräser und Halme rupfen konnten! Aber vielleicht bestand hier eine Möglichkeit, Mimes Laune zu bessern. Wenn er die Vögel versorgte, würde der Schmied wohl wieder gnädiger gestimmt sein.
    Sigfrid besorgte sich einen Sack, stopfte ihn mit frischem Gras voll und näherte sich damit dem Verschlag. Die Gänse zischten erregt, drängten sich am Tor zusammen und schlugen mit den Flügeln.
    Eben wollte er den Riegel fortschieben, als Mime auf ihn zustürzte und ihm den Sack aus der Hand schlug. »Wer hat dir befohlen, die Gänse zu füttern, du Nichtsnutz? Genügt es nicht, dass du in der Schmiede zu nichts zu gebrauchen bist? Musst du mir auch hier draußen noch Scherereien machen?«
    Zunächst war Sigfrid zu

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