Der Ruf Der Walkueren
Meister der Schmiedekunst, zu ihm kamen, wenn sie etwas Besonderes brauchten. »Ein solches Schwert erfordert einen Runenzauber, der sein Feuer im Zaum hält.«
»Um die Magie kümmern wir uns. Schmiedet nur das Schwert.«
»Gut, ich werde es tun.« Mehr noch als der Rubin – obwohl der natürlich ein gewichtiges Argument war – reizte ihn der Gedanke, seine Kunst zu einer Meisterschaft zu führen, die alles bisher Dagewesene in den Schatten stellte. Dieses Schwert war eine Herausforderung. Und mit der fürstlichen Bezahlung konnte er es sich leisten zu experimentieren. Es gab da etwas, das ihm schon seit langem im Kopf herumging …
3
Schwitzend und fluchend zerrte Sigfrid den gefällten Baum auf freies Gelände und fing an, ihn zum Brennen von Holzkohle in mannsgroße Scheite zu zerhacken. Seit mehr als drei Wochen verrichtete er nun niedrige Dienste wie diesen. Er hätte nie gedacht, dass das Schmiedehandwerk so … unheroisch sein konnte. Es lag wahrhaftig nichts Abenteuerliches darin.
Mime stand an einer in den Erdboden eingelassenen Schmelzgrube, in der das Eisenerz verhüttet wurde. Mit einer Zange holte er einen Eisenklumpen aus der Glut, betrachtete ihn fachmännisch und nickte zufrieden. Ein großer Teil der Schlacke war abgeflossen, die restlichen Beimischungen würde er aus dem Metall heraushämmern müssen, so lange es noch rot glühte. Er trug die Eisenluppe zum Schmiedefeuer in die Hütte, um das schlafende Metall zu wecken.
Als Sigfrid das Holz des Baumes zerkleinert und zum Trocknen an der Luft gestapelt hatte, fühlte er sich wie zerschlagen. Mimes Tatendrang hingegen schien ungebrochen. »Es ist noch genug Zeit, um eine Axt zu schmieden«, sagte er und erhitzte ein paar vorbereitete Metallklumpen.
»Eine Meisteraxt?«
»Nur ganz gewöhnliches Schmieden.«
»Dann lass mich es versuchen!«
»Du bist noch nicht reif dazu.«
»Ich habe dir genau zugesehen!«, begehrte Sigfrid auf.
»Zusehen ist nicht das gleiche wie Machen. Du hast noch nicht das nötige Gefühl. Vor allem fehlt dir die Geduld.«
Sigfrid setzte zu einer Erwiderung an, doch er wusste, dass es zwecklos war. Wenn Mime nicht wollte, dann wollte er nicht. Wütend sah er zu, wie der Schmied unterschiedlich aufgekohlte Eisenerze zu Barren hämmerte und diese wiederum zu Streifen. Vom länger erhitzten Eisenerz, das daher härter war, brauchte er drei Teile, von dem schwächer aufgekohlten nur zwei. Diese Teile legte er abwechselnd übereinander, das weichere Eisen zwischen das härtere. »Dadurch wird die Axt geschmeidig und widerstandsfähig«, erklärte er. Sigfrid gab keine Antwort, er war immer noch wütend. Nun erhitzte Mime den Stapel und hämmerte ihn anschließend zu einem flachen Paket. Dann formte er daraus mit seinem Schmiedehammer einen Halbkeil, dessen linke Hälfte gerade und flach blieb. Diesen Teil hämmerte er um eine Eisenstange herum; später würde die Stange wieder entfernt und ein Holzstiel in das Loch eingepasst werden.
Mime unterbrach seine Arbeit und dehnte die Muskeln. Der Tag war anstrengend gewesen, das Rheuma machte ihm zu schaffen. Schon am Morgen hatte er die Verspanntheit in seinen Gliedern bemerkt und gehofft, es würde im Laufe des Tages besser werden. Aber die Schmerzen hielten an. Ein Tee aus Schafgarbe und Weidenrinde würde helfen. »Sorg dafür, dass sie nicht kalt wird!« Mime deutete auf die Axtklinge, die er auf dem Amboss abgelegt hatte, und ging zu den Säckchen mit getrockneten Pflanzen.
Sigfrid hielt die Axt ins Feuer. Er wusste genau, was als nächstes kam: Durch wiederholtes Erhitzen und Ausschmieden wurde die Klinge verjüngt. Bislang hatte er kaum etwas anderes tun dürfen als den Blasebalg bedienen oder ein Stück Eisen mit der Zange halten. Er langweilte sich. Mime hatte behauptet, er müsse ihm zunächst die richtige Art zuzuschlagen beibringen. Sigfrid schnaubte. Er war doch nicht blöd! Er hatte ihm bei der Arbeit zugesehen und wusste, worauf es ankam. Hatte der Schmied nicht selbst gesagt, dass das Bild im Kopf entscheidend war? Er sah es, er spürte es! Er konnte die Vorstellung in sich wachrufen, wie er die Axtklinge vollendete. In seinem Herzen hatte er sogar eine Vision, wie er sein eigenes Schwert schmiedete, ein Meisterschwert! Warum vertraute ihm sein Meister nicht? Sigfrid sah sich um. Mime war hinausgegangen, um frisches Wasser für den Tee zu holen. Wenn er jetzt die Axtklinge vollendete, könnte er beweisen, dass er ein ebenso guter Schmied war.
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