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Der Ruf Der Walkueren

Der Ruf Der Walkueren

Titel: Der Ruf Der Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Kunz
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verblüfft, um etwas zu entgegnen. Wollte Mime die Gänse etwa verhungern lassen? Eine Zornesader schwoll auf seiner Stirn. »Niemand hat es mir befohlen«, gab er hitzig zurück, »weil niemand Sigfrid, König Sigmunds Sohn, vorschreibt, was er zu tun hat!«
    »Ach, der unbekannte Krieger erinnert sich plötzlich an seinen Namen? Nun, dazu ist es zu spät. Im Augenblick bist du nichts weiter als ein dummer, ungeschickter Lehrling, der seine Nase in Dinge steckt, die ihn nichts angehen.«
    Blindwütig griff Sigfrid nach seinem Schwert. »Ich fordere dich zum Zweikampf!«, schrie er, und seine Stimme wechselte mitten im Satz um eine Oktave.
    »Ich kämpfe nicht mit Knaben«, erwiderte Mime verächtlich und schlug dem Jungen die Klinge aus der Hand.
    Jähzorn fegte jeden Rest Vernunft beiseite. Mit einem Aufschrei stürzte sich Sigfrid auf den Schmied und schlug ihm die geballte Faust ins Gesicht.
    Mime wankte und schüttelte sich überrascht. Der Angriff war so schnell gekommen, dass er keine Zeit gehabt hatte, zu reagieren. Ein gefährliches Glitzern funkelte in seinen Augen. »Ein Lehrling sollte seine Grenzen kennen. Vor allem sollte er wissen, mit wem er sich anlegt.«
    Erneut griff Sigfrid an, doch diesmal war der Schmied vorbereitet. Er blockte den Angriff ab und landete einen gemeinen Hieb in Sigfrids Magengrube, sodass der Junge zusammenklappte und nach Luft rang. »Lektion Eins: Lass dich niemals von deiner Wut beherrschen. In den Schlag musst du deinen ganzen Hass legen. Aber wann und wohin du schlägst, sollte dir ein kühler Kopf diktieren.«
    Sigfrid ignorierte den Schmerz und erhob sich keuchend. Wieder griff er an, besinnungslos vor Wut. Mime schlug ihn mit einem einzigen Schwinger nieder. »Lektion Zwei: Fordere deinen Gegner nicht auf einem Gebiet heraus, auf dem er dir überlegen ist. Du kannst einen Schmied nicht im Faustkampf besiegen, Knabe !« Er sprach das Wort absichtlich verletzend aus, wissend, dass er den Jungen damit zu weiteren unüberlegten Handlungen herausforderte.
    Er hatte sich nicht getäuscht. Trotz unerträglicher Schmerzen stürmte Sigfrid wie ein verwundeter Eber auf ihn los. Mühelos wich Mime ihm aus und versetzte ihm einen brutalen Schlag in den Nacken, der den Jungen abermals zu Boden warf. Der Schmied setzte nach, riss den auf der Erde Liegenden bei den Haaren hoch und versetzte ihm drei, vier gezielte Schläge gegen den Kopf. »Lektion Drei: Kämpfe niemals ehrenhaft. Ein ehrenhafter Kampf ist etwas für Dummköpfe. Entweder, du kämpfst, um zu gewinnen, oder du wirfst deine Waffen weg und bestellst Felder.«
    Es dauerte lange, bis Sigfrid auf die Beine kam. Er schwankte, Hass lag in seinen Augen. Mimes Blick dagegen war kalt. »Lektion Vier: Hör auf, wenn der Spaß vorbei ist.« Jetzt griff er selbst an, deckte den Jungen mit einer raschen Folge von Schlägen ein und fällte ihn schließlich mit einem letzten Kinnhaken.
    Diesmal war es Sigfrid nicht möglich, sich zu erheben. Mit zusammengebissenen Zähnen versuchte er, sich aufzustützen, doch seine Arme versagten ihm den Dienst. Verächtlich gab der Schmied ihm einen Fußtritt. »Das nächste Mal überlegst du dir zweimal, wie du mit mir sprichst.« Er spuckte aus und ging in seine Hütte zurück.
    Sigfrid röchelte. Jeder Fingerbreit seines Leibes schmerzte, aber das war nichts im Vergleich zu der Demütigung, so leicht von einem Mann besiegt worden zu sein, der nicht einmal für den Kampf ausgebildet war. Ihm wurde übel. Er wälzte sich herum und erbrach sich auf die Wiese.
    Endlich fand er die Kraft aufzustehen. Scham brannte auf seinen Wangen. Aber Mime machte einen Fehler, wenn er glaubte, nur weil er ein Junge war, könne er ihn ungestraft demütigen! Sein Stolz wollte ihn dazu bringen, dem Schmied in die Hütte zu folgen und ihn erneut zu fordern, aber Sigfrid schluckte ihn hinunter. Er hatte seine Lektion gelernt. Von nun an würde er jeden Tag heimlich im Wald üben, bis er im Faustkampf ebenso gut war wie der Schmied. Und dann, erst dann würde er die Schmach rächen.
     
    Mime sah Sigfrid in den Wald gehen und brummte. Er hatte erwartet, dass der Junge ihm in die Hütte folgen würde. Doch offensichtlich war ihm ein Rest Verstand geblieben. Die magere Gestalt verschwand zwischen den Bäumen. Gut. Denn für das, was er vorhatte, konnte Mime keine Zeugen gebrauchen. Nur schade, dass niemand da war, der das Bahnbrechende seiner Idee begriff. Er hatte schon lange daran gedacht, etwas in dieser Art zu machen,

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