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Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition)

Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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ausging, als ob es lebendig wäre. Niemals in seinem Leben hatte er etwas so Schönes, so Faszinierendes gesehen.
    Er hielt es hoch, betrachtete durch die Kette Tates glückliches Gesicht, dann legte er sie ihr um den Hals. Sie lachte, küsste ihn und nahm den Anhänger in die Hand.
    Doch plötzlich schnellte daraus eine Flamme hervor, und ein Vulkan aus violetter Hitze und Licht schleuderte ihn zurück. Entsetzt beobachtete er, wie das Feuer sich ausbreitete und intensiver wurde und Tate von Flammen umgeben war. Alles, was er noch sehen konnte, waren ihre verängstigten, verzweifelten Augen.
    Er konnte sie nicht erreichen. Obwohl er dagegen ankämpfte und sich bemühte, hatte sich das Wasser, das vorher so ruhig und friedlich gewesen war, plötzlich in einen Wirbel aus Bewegungen und Geräuschen verwandelt. Eine Sandfontäne schoss in die Höhe und blendete ihn. Er hörte das Splittern des Mastes, das gewaltige Röhren eines Seebebens, das durch das Sandbett brach und den Schiffskörper wie ein Kanonenfeuer zerriss.
    Dann hörte er Schreie – ihre, seine eigenen.
    Und auf einmal war alles verschwunden, die lodernden Flammen, die See, das Wrack, das Amulett. Tate. Über sich sah er den Himmel, die Mondsichel und die Sterne.
    Die See war so ruhig und dunkel wie Tinte und schlug sanft gegen den Schiffskörper.
    Er befand sich an Bord der Sea Devil, lag schweißgebadet in seiner Hängematte und schnappte nach Luft.

Viertes Kapitel
    T ate machte gut zwei Dutzend Aufnahmen vom Ballast und den Kanonen, während sie und Matthew die Fundstelle noch einmal genau inspizierten. Gutmütig ließ er es über sich ergehen, dass sie ihn vor der Mündung einer verrosteten Kanone Stellung beziehen ließ, und übernahm die Kamera sogar selbst, um Bilder von ihr zusammen mit den Steinen oder geduldig posierenden Fischen zu machen. Gemeinsam befestigten sie eine verrostete Kanonenkugel an einer Schwimmvorrichtung und ließen sie aufsteigen.
    Dann zogen sie an der Leine, und der ernsthafte Teil ihrer Arbeit begann.
    Es erforderte Erfahrung, Geduld und ein eingespieltes Team, um den Sauger geschickt zu manövrieren. Das Gerät an sich war simpel und bestand aus kaum mehr als einem Schlauch von etwa acht Zentimeter Durchmesser und drei Meter Länge sowie einer Luftleitung. In den Schlauch wurde Druckluft geleitet, die durch den entstehenden Sog Wasser, Sand und Festkörper aufsaugte. Für einen Schatzsucher war diese Maschine so wichtig wie der Hammer für einen Zimmermann. Wenn er zu schnell oder mit zu viel Kraft eingesetzt wurde, konnte er leicht jahrhundertealte Preziosen zerstören. Ging man zu wenig sorgfältig vor, setzte sich die Öffnung mit Steinklumpen, Muscheln und Korallen zu.
    Während Matthew mit dem Sauger arbeitete, sammelte und untersuchte Tate die Ausbeute, die oben aus dem Schlauch gesprudelt kam. Für beide war es eine harte und mühsame Arbeit. Sand und leichter Schutt wirbelten durchs Wasser, die Sicht auf den Meeresboden war durch Schlamm- und
Sandwolken getrübt. Tate zwang sich, ständig aufmerksam zu bleiben, und legte eine schier unendliche Geduld an den Tag, mit der sie den Ausstoß siebte und Partikel, Brocken und Gesteinsklumpen in Eimer füllte, um sie an die Oberfläche zu befördern.
    Matthew arbeitete in einem gleichmäßigen Rhythmus. In den sprudelnden Luftblasen aalte sich ein Stachelrochen – offenbar genoss er es, sich von Sand und Steinchen massieren zu lassen. Tate erlaubte sich hin und wieder, zu träumen, und stellte sich haufenweise glänzendes Gold vor, das sich wie der Jackpot bei einem Spielautomaten aus dem Schlauch ergoss.
    Dann schob sie solche Gedanken entschlossen beiseite und sammelte rostige Nägel, Stücke von Steinklumpen und die Scherben zerbrochener Keramikgegenstände auf. Für sie waren diese Funde mindestens ebenso faszinierend wie Goldbarren, und während ihres Studiums im letzten Jahr war ihre Begeisterung für die Vergangenheit und die Fragmente alter Kulturen, die in der sich ständig verändernden See verborgen lagen, nur noch gewachsen.
    Ihre Wünsche und Ziele waren seit Jahren klar definiert. Sie würde studieren, ihren Abschluss machen und alle Informationen in sich aufnehmen, deren sie aus Büchern, in Vorlesungen und vor allem durch praktische Erfahrung habhaft werden konnte. Und eines Tages würde sie endlich zu jenen Wissenschaftlern gehören, die über die Ozeane segelten und Tiefen ausloteten, um die Überreste versunkener Schiffe zu entdecken und zu

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