Der Ruf der Wellen: Roman (German Edition)
Zehenspitzen und küsste ihn auf die Wange. »Und nun setz dich in die Sonne und koste den Augenblick deines Triumphs voll aus.«
Sechstes Kapitel
B ereits nach wenigen Tagen war der Meeresgrund mit Löchern übersät, und die Santa Marguerite gab ihre Schätze großzügig frei. Mit dem Sauger, einfachen Werkzeugen wie einer Kohlenschaufel und den bloßen Händen grub das Team sowohl spektakuläre als auch alltägliche Funde aus. Eine wurmzerfressene Schüssel, eine glänzende Goldkette, Pfeifenköpfe und Löffel, ein kostbares, perlenbesetztes Kreuz wurden aus dem Sand in der Goldkammer geborgen, wo sie jahrhundertelang gelegen hatten, und in Eimern nach oben transportiert.
Hin und wieder schipperte ein Ausflugsboot vorbei und grüßte die Adventure . Wenn Tate an Bord war, beugte sie sich über die Reling und versuchte, die Insassen durch harmlose Plaudereien abzulenken. Die dunklen Wolken, die vom Sauger aus an die Wasseroberfläche stiegen, ließen sich allerdings kaum verbergen, und so machte die Neuigkeit von ihrem Fund schnell die Runde. Natürlich gaben sich alle Beteiligten große Mühe, ihre Fortschritte herunterzuspielen, aber mit jedem Tag arbeiteten sie härter und schneller, weil die Gefahr, dass rivalisierende Wracktaucher auftauchen konnten, ständig zunahm.
»Ein rechtmäßiger Anspruch bedeutet einigen dieser Piraten absolut nichts«, erklärte Buck Tate. Er zog den Reißverschluss seines Neoprenanzugs über seinem stämmigen Körper zu. »Man muss immer wachsam bleiben, und knallhart.« Er zwinkerte ihr zu und vertraute ihr seine Brille an. »Und vor allem gerissen. Wir werden die Goldkammer freilegen, Tate, und wir werden den ganzen Schatz nach oben bringen.«
»Ich weiß.« Sie reichte ihm seine Maske. »Schon jetzt haben wir mehr gefunden, als ich je erwartet hätte.«
»Dann solltest du deine Erwartung ruhig etwas höher schrauben.« Er grinste und spuckte in seine Maske. »Es ist gut, junge Leute wie Matthew und dich an Bord zu haben. Wenn es sein muss, könntest du locker zwanzig Stunden am Tag arbeiten. Du bist eine gute Taucherin, Mädchen. Und eine gute Jägerin.«
»Danke, Buck.«
»Ich kenne nicht viele Frauen, die dieses Tempo durchhalten würden.«
Sie zog eine Augenbraue hoch. »Ach was?«
»Jetzt komm mir nicht mit Gleichberechtigung, es ist einfach eine Tatsache. Viele Mädchen tauchen gern, aber sobald sie bei einer richtigen Bergung ihren Mann stehen sollen, kneifen sie. Da bist du ganz anders.«
Tate dachte nach, dann lächelte sie ihn an. »Das nehme ich als Kompliment.«
»Solltest du auch. Das hier ist verdammt noch mal das beste Team, mit dem ich je gearbeitet habe.« Er setzte sich in Position und schlug Ray auf die Schulter. »Seit meinem alten Herrn und meinem Bruder. Sobald wir alles nach oben gebracht haben, wird mir wohl nichts anderes übrig bleiben, als den Boss umzulegen.« Buck grinste und brachte seine Maske in Position. »Mit seinen eigenen Flossen werde ich ihn erschlagen.«
»Ich habe dich längst durchschaut, Buck.« Ray glitt ins Wasser. »Ich hatte mir bereits überlegt, dich mit einem Luftkissen zu ersticken. Der Schatz gehört mir.« Er stieß ein irres Kichern aus. »Mir, hörst du? Mir ganz allein.« Er rollte wild mit den Augen, biss auf sein Mundstück und verschwand unter Wasser.
»Ich kriege dich, Boss. Mit der Kohlenschaufel werde ich dich totschlagen«, versprach Buck und landete platschend im Wasser.
»Sie sind verrückt«, stellte Tate fest. »Wie eine Horde kleiner Jungs beim Schuleschwänzen.« Sie drehte sich um und grinste Matthew an. »Ich habe noch nie erlebt, dass Dad sich so gut amüsiert hat.«
»Und Buck ist sonst nur so locker, wenn er einen Liter Whiskey intus hat.«
»Es liegt nicht nur an der Marguerite.« Sie streckte eine Hand aus und zog ihn zu sich an die Reling.
»Nein, vermutlich nicht.« Matthew betrachtete das Wasser und schloss seine Finger um ihre Hand. »Aber sie ist nicht ganz unschuldig daran.«
Tate lehnte ihren Kopf an seine Schulter und kicherte. »Geschadet hat sie jedenfalls nicht. Aber die beiden hätten sich in jedem Fall verstanden. Genau wie wir.« Sie drehte den Kopf, so dass ihre Lippen sein Kinn streiften. »Wir haben einander gefunden, Matthew, und das war vorausbestimmt.«
»Genau wie es uns vorausbestimmt war, die Marguerite zu finden.«
»Nein.« Sie drängte sich in seine Arme. »Anders.«
Ihre Lippen waren warm und weich, unwiderstehlich. Er spürte, wie er in ihren Mund
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